Mann (29): Eigentlich geht es mir gut im Leben. Ich habe studiert, anschließend gleich eine Arbeit gefunden, vor zwei Jahren geheiratet. Und doch plagen mich bei jeder kleinen Veränderung im Leben Selbstzweifel und Gedanken wie: Du bist ein Versager. Das wirst du nicht schaffen. Du kannst nichts. So passiert es mir auch gerade eben, da ich Arbeit gewechselt habe und unser erstes Kind unterwegs ist. Ich schäme mich vor meiner Frau und fühle mich wie ein kleines hilfloses Kind.“
Dr. Angelika Pezzi: Für eine genaue Diagnose würde man natürlich noch mehr Informationen benötigen, doch kann man allgemein sagen, dass vor allem Menschen mit einem geringen Selbstwert in Stresssituationen oder bei neuen Herausforderungen oft mit Ängsten und auch Depressionen reagieren. Sie beginnen an sich zu zweifeln, vergleichen sich mit anderen – natürlich erfolgreicheren, stärkeren und selbstbewussteren Menschen. Sehen in diesen Momenten im eigenen Leben nur noch Fehlschläge, haben das Gefühl, Anforderungen zu 100% erfüllen zu müssen oder sonst komplett zu versagen und plagen sich ständig mit der Frage, welche schlimmsten Erlebnisse eintreten könnten. Angst vor Versagen und ihr innerer Kritiker werden ihr ständiger Begleiter. Menschen mit einem geringen Selbstwert sind oft abhängig von der Anerkennung anderer für ihre Leistung. Lob und Bestätigung von Mitmenschen geben ihnen das Gefühl, auf dem richtigen Weg und ein geschätzter Mensch zu sein. Durch diese Abhängigkeit entsteht die extreme Angst als Mensch nichts mehr wert zu sein, wenn etwas nicht gelingen sollte. Doch Niederlagen gehören zum Leben dazu und für viele Lebensaufgaben gibt es keine 100prozentigen Lösungen, man darf und muss einfach seinen eigenen Weg finden. Ziel für diese Menschen wird sein, den eigenen Selbstwert unabhängig zu machen vom äußeren Erfolg und von Meinungen anderer Menschen. Sich mit all seinen Eigenheiten zu akzeptieren, zu lernen, selbstbewusst Entscheidungen zu treffen, bewusste JA und auch bewusste NEIN im Leben setzen zu können und den eigenen Fokus immer wieder auf eigene Stärken und kleine, machbare und überschaubare Ziele und Schritte zu setzen anstatt sich in perfektionistischen Fernzielen zu verlieren.
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