„Wer zufrieden ist, hat aufgehört zu skaten“

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„Wer zufrieden ist, hat aufgehört zu skaten“

Die Freiluft-Saison für Skateboarder ist eröffnet. Überall im Pustertal rollen wieder die Bretter. Weil’s so schön ist, hat der ‚Puschtra‘ mit Martin Winding gesprochen, einem Dauerbrenner auf dem Skate, der seit nunmehr 14 Jahren mit dabei ist.

Puschtra: Du hast 2003 mit dem Skateboarden angefangen. Was war der entscheidende Impuls, der dich zu diesem Sport gebracht hat?
Martin Winding: Also zu aller erst hat sich mein großer Bruder ein Skateboard gekauft. Ich habe ihm und seinen Freunden oft  zugeschaut und war sofort fasziniert und wollte es selber probieren. Soweit ich mich noch erinnern kann, wollte mir aber niemand sein Skateboard leihen, weshalb ich insgeheim das Skateboard meines Bruders genommen habe. Das hat ihm nicht gepasst und er hat sich höllisch aufgeregt. Deswegen habe ich mein erstes eigenes Board bekommen.

Aller Anfang ist schwer, sagt man. War es ein langer Weg für dich, bis du die wichtigsten Standard-Tricks tadellos beherrscht hast?
Oh ja. Der wichtigste, der erste Trick den man lernt ist der so genannte ‚Ollie‘, das kontrollierte Abheben des Skateboards vom Fahrbelag mit beiden Achsen. Fürs gute Erlernen des ‚Ollies‘ habe ich sicher ein ganzes Jahr gebraucht. Bei diesem Trick dauert es sehr lange bis man das richtige Timing und die verschiedenen Bewegungen beider Füße erlernt hat. Weniger Zeit habe ich dann für meinen ersten ‚Kickflip‘ gebraucht, das ist ein ‚Ollie‘ bei dem das Board in der Luft eine volle Drehung um die Längsachse vollzieht. Allerdings kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wie viel Zeit ich für den ‚Kickflip‘ investiert habe.

Übung macht den Meister – das gilt beim Skateboarden noch mehr als sonst. Wie motivierst du dich immer wieder zum Skateboard zu greifen, auch wenn’s mit einem neuen Trick partout nicht klappen will?
Manchmal ist es echt schwierig sich immer wieder neu zu motivieren. Ich mach‘ es meistens so, dass ich zunächst jene Tricks ausführe, die ich bereits beherrsche. Wenn diese auf Anhieb klappen, ist man sofort wieder motiviert und wagt sich ans Probieren von neuen Tricks.

Das Repertoire beim Skateboarden ist beinahe grenzenlos. Gibt’s einen Trick, den du im Laufe der nächsten Monate unbedingt beherrschen möchtest oder bist du mit deinem derzeitigen ‚Arsenal‘ völlig zufrieden?
Ja, da gibt es deren zwei. Zum einen der ‚Switch Heelflip Manual‘ und zum anderen den ‚Switch Kickflip Manual‘. Es ist ehrlich gesagt zu schwierig, diese Bewegungsabläufe in einer einfachen, nicht fachspezifischen Sprache zu erklären. Nur so viel: es handelt sich bei beiden um recht komplexe, schwierige Manöver. Prinzipiell gilt, dass man mit seinem Arsenal nie ganz zufrieden sein kann, denn wer damit zufrieden ist, hat aufgehört zu skaten.

Apropos, würdest du mit dem Skaten aufhören, wenn du merken würdest, dass du es nicht mehr als Hobby, sondern mit Verbissenheit betreibst?
Ich glaube nicht, dass ich aufhören würde. Bei mir besteht die Gefahr des Verbissen-Seins aber grundsätzlich nicht, ganz einfach weil ich zu viele Sportarten betreibe und mich nie für nur eine davon entscheiden könnte.

Rauf aufs Skateboard – abschalten vom Alltag. Was geht in dir vor, sobald du das Brett zum Rollen bringst?
Eigentlich nichts besonderes, aber bei einer so komplexen und hoch koordinativen Sportart wie Skateboarden bleibt einem gar keine Zeit über andere Sachen nachzudenken. Wer’s trotzdem macht wird schnell unkonzentriert und das führt in den meisten Fällen zu Stürzen.

Skateboarding hinterlässt Spuren und Wunden wie kaum ein anderer Sport. Zweifelst du manchmal an dem was du da machst?
Ach, diese Wunden haben mich eigentlich nie wirklich gestört, dafür gefällt mir Skateboarden zu gut. Manchmal kommt es zwar vor, dass man sich nach einer Verletzung schwört damit aufzuhören, aber dann, nach zwei, drei Tagen und drei gestandenen Kickflips ist alles wieder vergessen.

2020 wird Skateboarding olympisch, dieser bis dato so ungezwungene Sport wird der breiten Öffentlichkeit damit in einem Wettkampf-Korsett präsentiert. Ist dieser Leistungssport-Charakter gut oder läuft das Ganze in die falsche Richtung?
Einige finden es gut und andere schlecht. Für die eher kleineren Marken im Geschäft ist es schlecht, da die größeren Konzerne diese Events mit ihrem Kapital unterstützen können und dadurch für viel mehr Werbung sorgen. Ich persönlich finde es gut, da ich schon seit jeher wollte, dass auch die Normalverbraucher verstehen wie viel Schweiß und Training nötig ist um diese spektakulären Sprünge mit einer derartigen Perfektion auszuführen.

Du bist Lehrer von Beruf. Da passiert es wahrscheinlich hin und wieder, dass du gleichzeitig mit Schülern im Skatepark unterwegs bist. Spornt es dich an, besser, sprich trickreicher zu sein als die Schüler?
Ja, in der Tat, das passiert eigentlich jedes Mal. Ich bin aber eher der Typ, der den jungen Menschen weiterhilft und ihnen Tipps gibt, wie sie Tricks schneller lernen können. Die Menschen, die mich anspornen trickreicher zu fahren, sind meine Kollegen. Da kann es schon auch manchmal vorkommen, dass ein kleiner Wettkampf entsteht wer zuerst einen bestimmten Trick zu Stande bringt.

Ist Skateboarding tatsächlich mehr als ein Sport, also quasi ein  Lebensgefühl?
Skateboarding ist äußerst vielfältig und kann dir so vieles geben. Für mich persönlich bedeutet Skateboarden Spass mit Freunden zu haben, es ist eine Tätigkeit die mir ständig neue Herausforderungen gibt und mich dazu bringt, mit Freunden Skate-Städtereisen zu unternehmen. Außerdem steigert es das individuelle Durchhaltevermögen und fördert den Ehrgeiz, ganz zu schweigen von den koordinativen Fähigkeiten, die dabei laufend verbessert werden. (RAFE)

Martin Winding

Infobox:
Name: Martin Winding
Jahrgang: 1989
Aus: Reischach
..verbringt wöchentlich an die zehn bis 12 Stunden auf dem Skateboard.