„Bergsteigen und musizieren gehören zu meinem Leben.“
Seinen blumenreichen Garten zieren Steinmännchen und alte Wegschilder: Hier wohnt jemand mit Sinn für Natur und Kreativität. Und in der Tat: Berg und Musik bedeuten Dieter Lehmann sehr viel. Die Menschen, die ihn dabei begleiten sind das Wesentliche, wofür er gerne den Großteil seiner Freizeit im Ehrenamt widmet.
Berg oder Musik, was wiegt für Sie mehr?
Das ist schwer zu sagen. Schon meine Eltern mochten beides und haben mich und meine Schwestern Ulrike und Evi darin gefördert. Als Geschwister Lehmann haben wir 1978 zum ersten Mal beim Tiroler Volksmusikwettbewerb in Innsbruck mitgemacht. Heute spiele ich das Osttiroler Hackbrett, aber auch Gitarre und Bassgeige und bin bei mehreren Gruppen, wie „Die Nepomuckla“, den „Puschtra Vielsaitigen“ und der „Thalmann-Geignmusig“. Mittlerweile bin ich seit zehn Jahren Obmann des Bezirkes Pustertal des Südtiroler Volksmusikkreises und seit 14 Jahren im Ausschuss der Alpenvereinssektion Bruneck als Wegereferent tätig, seit ein paar Jahren auch im Wegereferat der Alpenvereins-Landesleitung.
Wie bringen Sie das zeitlich alles unter?
Manchmal wird es schon viel. Dann besinne ich mich, dass man eigentlich viel mehr zurückbekommt als man investiert, und zwar an Lebenserfahrung und menschlichem Miteinander. Zeit für das Wichtigste, meine Familie, versuche ich immer zu „reservieren“ und wenn noch was übrig bleibt, beschäftige ich mich handwerklich im Haus und Garten.
Hat der Südtiroler Volksmusikkreis Nachwuchssorgen?
Das ist ein bisschen wie überall. Man möchte für alle Generationen da sein. Im Pustertal haben wir mehr als 40 aktive Sing- und Spielgruppen die traditionelle Volksmusik spielen und singen. Bei einigen Gruppen spielen ältere und jüngere miteinander, bei einigen sind alles junge Leute und es bilden sich auch immer wieder neue. Die Jugend trägt gerne wieder Dirndl, Lederhosen oder Tracht, das war nicht immer so.
Was war der Grund?
Einerseits hat bei uns die ganze Tradition, was Volksmusik oder Volkstanz betrifft, durch politische Verbote ab dem 1. Weltkrieg einen markanten Bruch erfahren. Man merkt, dass dies in Österreich oder Bayern nicht so war und dass dort die Tradition durch alle Generationen weitergetragen werden konnte. Andererseits erhalten die jungen Leute in den Musikschulen heute eine sehr gute Ausbildung und beherrschen die Instrumente besser als es früher bei den „alten“ Musikanten war. Somit eröffnen sich auch neue Möglichkeiten. Zudem organisiert der Volksmusikverein auch viele Seminare, wo die traditionelle Volksmusik übermittelt bekommen. Auch gibt es Musikgruppen die neue Wege einschlagen, wie Hubert von Goisern, Herbert Pixner, Titlá, Opas Diandl , Die Vogaiga oder Alma, wo die Jugend in Berührung mit der Musik kommt und Freude daran findet. Es ist mir aber schon wichtig, die „urigen“ Stückln auch original zu spielen, da steckt so viel drinnen. Es kann aber aus einer alten Melodie auch was Neues entstehen und das kann dann auch mal grooven. Volksmusik ist nicht verstaubt, das spüren auch die jungen Musikanten, sobald sie sich dran wagen.
Was bedeuten Ihnen die Berge?
Beim Bergsteigen erlebe ich sehr viele schöne Augenblicke. Für das Klettern, Eisklettern und Skitourengehen habe ich eine zeitlang sogar mein geliebtes Instrument beiseite gelegt und mich nur mehr auf die Berge konzentriert. Auf die Besteigung der Ortler- und Hochgall Nordwand im Winter oder der Nordwände von Piz Rosegg und Hochferner erinnere ich mich gern. Skitouren sind immer noch meine große Leidenschaft, es geht mir am Berg aber nicht unbedingt um die Schwierigkeit, sondern um das Unterwegssein. Das kann gemeinsam mit Freunden sein oder bei einer AVS-Vereinstour. Zwischendurch bin ich auch mal gern ganz allein unterwegs und genieße es, mit mir selbst zu sein.
Was wünschen Sie sich für Südtirol?
In Sachen Volksmusik wäre es schön, wenn wir die Kultur des Wirtshausspielens wieder aufleben lassen könnten, so wie es früher stattgefunden hat, wo sich Musikanten trafen und ganz spontan und in lockerer Runde miteinander gespielt und gesungen haben. Ohne Anmeldung ist das praktisch nicht erlaubt und so wird vieles durch die rigorose Bürokratie schon im Keim erstickt. Ich denke, hier könnte sich die Politik wirklich einsetzen und versuchen, eine Regelung zu finden, damit dieses alte Brauchtum wieder aufleben kann. Wo Musik spielt, kann auch getanzt werden, und tanzen bringt bekanntlich die Leute zusammen. Die traditionellen Volkstänze könnten in lockerer Runde gepflegt werden und vielleicht auch so manchen Jugendlichen mitreißen. Ansonsten fühle ich mich hier in unserem Land sehr wohl, es geht uns wirklich gut. Ich würde mich freuen, wenn ich dieses Gefühl mit vielen teilen könnte. (IB)
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