„Freude an Sport und Bewegung habe ich seit meiner Kindheit, sie hilft mir bis heute über schwierige Phasen im Leben hinweg.“
Ein Raum seines Hauses ist wie ein kleines alpines Museum ausgestattet: gesammelte Bergausrüstung aus verschiedenen Jahrzehnten, Seile, Helme, Pickel deuten auf die Zeit vor 30 Jahren, als Albert Ploner noch in den Bergen unterwegs war. Auf Stellagen reihen sich Pokale und Medaillen von Marathonläufen im Langlauf. Daneben Schränke voller Mappen, sie weisen auf seine Zeit als Chronist. Seit 1986 ist der heute 84-Jährige im Rollstuhl.
Wie kam es dazu?
Beruflich arbeitete ich als Monteur bei einer Firma für Stalleinrichtungen in Bozen und war dort 28 Jahre bis zu meinem Unfall angestellt. Der Unfall ereignete sich in Oristano in Sardinien, als ich zur Montage eines Kabels auf das Dach eines Bauernhofes stieg, ausglitt und abstürzte. Man lud mich in einen Fiat 500er und fuhr mich nach Cagliari ins Krankenhaus. Die Diagnose: Querschnittlähmung ab dem 5. Brustwirbel. Es folgten acht Monate Krankenhausaufenthalt und Rehabilitation. Das große Glück war meine Frau, die auf Familie und Haus geschaut und die neue Situation mit mir gemeistert hat.
Was half Ihnen in der Anfangsphase?
Die Sportgeräte im Therapieraum. Ich wusste, es nützt nichts, mit dem Schicksal zu hadern, sondern ich habe gleich versucht, mich mit den Sportgeräten fit zu halten. Vor dem Unfall hab ich viel Sport betrieben und nahm an Skirennen und Marathonläufen im Langlauf teil. Sportlich betätige ich mich bis zum heutigen Tag: im Winter mit Langlaufschlitten, im Sommer mit dem Hand-Bike, wo ich an die 40 Kilometer am Stück mache. Der Sport gibt mir sehr viel an Lebenskraft und tut zur Stärkung von Kreislauf und Muskeln. Früher hatte ich auch einen Renn-Rollstuhl und nahm an 25 Km-Langlauf-Rennen oder an Italienmeisterschaften teil. In meiner Kategorie war ich immer unter den Besten. Bei einem Rennrollstuhl-Rennen fuhr ich sogar mal auf der Formel-1-Rennstrecke in Monza.
Woraus schöpfen Sie die Lebenskraft?
Neben dem Sport waren es die Berge und Natur, die mir viel im Leben gaben. Die Klassiker wie Großglockner, Großvenediger, Ortler hab ich alle gemacht und bin bis zum 5. Grad im Vorstieg geklettert. Die Ausrüstung war aber eine ganz andere wie heute. Auf die Kleine Zinne gingen wir beispielsweise ohne Seil, wir waren sehr unbekümmert unterwegs. In schwierigen Situationen, dachte ich mir schon manchmal, das ist meine letzte Tour gewesen, aber als ich wieder daheim war und die müden Füße in ein Schaff mit Wasser stellte, war alles vergessen und ich hielt schon wieder nach neuen Touren Ausschau. Im Jahr 1962 aber verlor ich meinen guten Kletterfreund Fritz Obersteiner, wir waren gemeinsam an der Punta Frida in den Zinnen, als er tödlich abstürzte. Danach nahm ich vom Klettern Abstand. Ich war auch viel ehrenamtlich mit dem Alpenverein unterwegs. Dort war ich 1957 Mitbegründer der Sektion Hochpustertal, war Ortstellenleiter von Niederdorf/Prags, Jugendführer, habe Wege markiert und half 1983 das Bergheim in Landro aufzubauen und war dann über 20 Jahre Hüttenwart. Seit 2004 bin ich Ehrenmitglied des Alpenvereins Südtirol und erhielt auch die Verdienstmedaille des Landes Tirol für meine Verdienste im Alpenverein und in der Bergrettung. Die Kameradschaft im AVS hat mir viel Kraft gegeben, meine körperliche Situation zu tragen.
Was hat Sie noch beschäftigt?
Ein großes Hobby war die Fotografie, ich besitze 28.000 Dias. Heute mache ich immer noch Ausstellungen oder Vorträge, im Altersheim in Niederdorf habe ich beispielsweise schon über 115 Diaschauen gezeigt. Von 1980-1994 betätigte ich mich auch als Dorfchronist, was eine sehr zeitintensive Beschäftigung war.
Wie geht es Ihnen heute?
Meine Frau ist seit einem Jahr im Altersheim. Man muss die Situation annehmen, wenn man ständig damit hadert, wird es nur schlimmer. Mein Glück ist, dass ich von Beginn an mein Schicksal akzeptiert habe. Mein großes Glück sind auch meine Kinder. Sportlich bin ich heute noch täglich in meinem Trainingsraum und mache Krafttraining. Wenn es mir mal nicht gut geht, schaue ich die Bilder von früher an und bald geht es mir wieder gut. Dass ich so viel Schönes erleben durfte, tröstet mich über Vieles hinweg.
Wie sehen Sie die heutige Zeit?
Ich finde, es hat sich in kurzer Zeit sehr viel verändert, sei es am Klima, am Wetter wie auch in der Gesellschaft und deren Ansichten. Auch im Sport läuft heute läuft vieles auf Rekorde und Schnelligkeit aus, das ist der Spiegel unserer schnelllebigen Zeit. Es wäre schön, wenn wieder mehr Wert auf Geselligkeit sowie auf das Füreinander und das soziale Miteinander gelegt würde. (IB)
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