Teil III – Die Hauptschule und die Nachrichten von der Unterrealschule
Dass es sich bei der in Bruneck vorhandenen Schule um eine Trivialschule im Sinne der Maria-Theresianischen Reform handelte, die aus zwei Klassen bestand, geht auch daraus hervor, dass sich die Stadt um 1830 herum bemühte, die zweiklassige Trivialschule in eine dreiklassige Hauptschule umzuwandeln. Weil diese Schule mehr kostete, hatte man sich von Seiten der Stadtgemeinde auch schon ein Finanzierungskonzept zurechtgelegt. Man gedachte das Kempterische Benefizium zu einem Schulbenefizium zu Lasten der hier zu errichtenden Hauptschule zu machen. Dieses Vorhaben scheiterte, weil das Benefizium seinerzeit (1611) mit einem ganz anderen Zwecke gegründet worden war. Es war zu offensichtlich, dass sich die Stadt nur die Bezahlung eines Lehrers ersparen wollte, indem sie den Benefiziaten zum Lehrer der 3. Klasse Hauptschule machte. So wurde die Errichtung einer Hauptschule zunächst abgelehnt. Die Kreishauptschule sollte nicht in Bruneck, sondern in Brixen errichtet werden, und zwar aus Gründen der Schülerzahl und wegen Fehlens von Schulräumen. Aber im Zusammenspiel von Bischof und k. k. Kreisamt Bruneck gelang es doch, die zweiklassige Brunecker Trivialschule in eine dreiklassige Hauptschule umzuwandeln. Da Bruneck damals 1578 Seelen, einen Pfarrer mit zwei Kaplänen und sieben Ordensgeistliche hatte und Sitz des Kreisamtes, des Landgerichtes und des Rentamtes war, stellte man sich höheren Ortes dem Brunecker Wollen nach einer Hauptschule nicht mehr entgegen und bewilligte deren Errichtung ab dem Schuljahr 1830/31, vorderhand aber nur provisorisch. Zunächst führte der Weg ins Defizit. Gut 573 Gulden waren im Schulfond enthalten, es wurden aber 991 Gulden ausgegeben. Da man an das Kempterische Benefizium endgültig nicht herankam, versuchte man die Sache in den Griff zu bekommen, indem man den Lehrern die Gehälter kürzte. Sie verdienten 281 Gulden 57 ¼ Kreuzer (Lehrer der 1. Klasse) und je 300 Gulden (Lehrer der 2. und 3. Klasse) und wurden auf 150 Gulden (1. Klasse), 200 Gulden (2. Klasse) und 250 Gulden (3. Klasse) zurückgestutzt. Wie sie darauf reagierten, ist nicht überliefert. In diesem Zusammenhang ist auch vom Italienischunterricht die Rede. Weil man in Geldnot war, sah man sich gezwungen, den Musik-, Italienisch- und Zeichenunterricht zu streichen, wobei betont wurde, dass der Zeichen- und der Italienischunterricht ohnehin nur Privatsache sei. Die dreiklassige Hauptschule bestand dann gut 40 Jahre lang. Im Jahre 1872 wurde sie vierklassig, was die Anstellung eines vierten Lehrers zur Folge hatte.
Wenig Klarheit gewinnt man aus den Akten des Stadtarchivs über die 1872 genehmigte Unterrealschule. „Der Landsmann“ berichtete 1928, sie habe seinerzeit aufgelassen werden müssen, weil sie sich nicht rentiert habe und zum Schluss mehr Bänke als Schüler in den Klassen gewesen wären. Zum Zeitpunkt ihrer Genehmigung legte man allerdings in Bruneck auf diese Schule großes Gewicht. Während der Bauphase des neuen Schulgebäudes am Graben, das dann die Knabenschule beherbergte, war immer vom Neubau der k. k. Unterrealschule die Rede.
DIE SCHULGELDFRAGE
Von Seiten des Staates stand von Anfang an fest, dass die 1774 eingeführte Pflichtschule für die Nutzer nicht gratis sein würde. Als die Kinder dann vor allem wegen des den Eltern abverlangten Schulgeldes dem Unterricht fernblieben, reagierte der gestrenge Kaiser Josef II. mit der Verdoppelung des Schulgeldes, ohne zu überlegen, dass jemand, der nicht kommt, weil er zahlen muss, dann erst recht nicht kommt, wenn er doppelt zahlen muss. Schließlich ließ er sich zu einer eher problematischen Bevorzugung der männlichen Schüler herbei, indem er den Knaben das Schulgeld erließ, es aber von den Mädchen weiterhin kassieren wollte. Die Gemeinden waren in der Zwickmühle. Einerseits brauchten sie das Schulgeld zur Finanzierung der Schule, andererseits dämmerte es nicht nur Menschenfreunden, dass der Staat das große Gut Bildung an seine Untertanen nicht verkaufen konnte, schon gar nicht, wenn er möglichst alle damit beglücken wollte. Und so gab es Gemeinden, die Schulgeld kassierten, und andere, die es nicht taten. In Tirol ließ man den Gemeinden schon ab ca. 1800 freie Hand, das Ergebnis war, dass ca. 50 Prozent der Gemeinden kein Schulgeld einhoben.
1850 wurde das Schulgeld in den Haupt- und Mädchenschulen von Staats wegen eingeführt. In Tirol sträubte man sich gegen die Schulgeldpflicht. So schlug die Innsbrucker Kreisbehörde vor, das Schulgeld durch eine Schulsteuer zu ersetzen, was sie deswegen für gerechter hielt, weil dann alle zahlten und nicht nur die Schülereltern. Es sieht so aus, als sei in Bruneck in der Trivialschule von Anfang an Schulgeld kassiert worden. Wahrscheinlich empfanden das damals mehr oder weniger alle als gerechtfertigt, weil ja auch die Vorgängerschulen, die Lateinschule und die deutsche Schule, von den Eltern Schulgeld verlangt hatten. Wenn allerdings zu Ende des 19. Jahrhunderts drei Gulden pro Schuljahr und Kind verlangt wurden, dann war das schon sehr viel.
DIE SCHÜLERZAHL AN DER KNABENSCHULE
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts sind Schülerlisten der Brunecker Knabenschule erhalten. Im Schuljahr 1851/52 wurden die drei Klassen von 93 Schülern besucht. Infolge der Erhöhung der Schulpflicht von sechs auf acht Jahre durch das Reichsvolksschulgesetz von 1869 stieg die Schülerzahl auf über 100 an. Über das Schuljahr 1885/86 gibt es ein gedrucktes Schülerverzeichnis der Knaben- und der Mädchenschule (der Ursulinen). Damals waren 162 Knaben und 154 Mädchen eingeschrieben. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg besuchten ca. 160 Schüler die Knabenschule. Sie waren auf fünf Klassen aufgeteilt.
DIE LEHRER AN DER KNABENSCHULE
Die Lehrer der Knabenschule wurden vom Gemeindeausschuss der Stadt ernannt und aus dem Ortsschulfond bezahlt. Es traf einen Lehrer pro Klasse, was bedeutete, dass bis 1830, solange die Knabenschule als Trivialschule geführt wurde, jeweils zwei Lehrer angestellt waren. In der Hauptschule waren es dann drei Lehrer für drei Klassen und ab 1872 vier. Freie Lehrerstellen wurden ausgeschrieben. In den ersten Jahrzehnten nach der Maria-Theresianischen Reform fehlten ausgebildete Lehrer, sodass es auf dem Lande genügen musste, wenn der Lehrer das konnte, was er vermitteln sollte, nämlich lesen und schreiben und ein bisschen rechnen. Zunächst behalf man sich in der Lehrerausbildung mit Notmaßnahmen und berief die beim Inkrafttreten der Maria-Theresianischen Schulordnung in Dienst befindlichen Lehrer zu Schulungskursen ein, wo ihnen Theorie und Praxis vermittelt werden sollten. Allmählich übernahmen die in Innsbruck und (für das Trentino) in Rovereto errichteten Normalschulen die Aufgabe, Lehrer heranzubilden.
An sich war an der Brunecker Knabenschule eine einheitliche Bezahlung der Lehrer nicht unbedingt zwingend vorgesehen. Die Höhe des Lohnes wurde bei der Aufnahme festgelegt. Es gab diesbezüglich deutliche Unterschiede zwischen den Lehrern, die in der ersten Klasse unterrichteten und jenen der anderen Klassen. Die ersten Klassen wurden meist sogenannten „Schulgehilfen“ anvertraut, die entweder auf keine anerkannte Ausbildung verweisen konnten oder diese eben erst beendet hatten und deswegen auch weniger verdienten. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts lag an der Brunecker Knabenschule der Jahreslohn eines Schulgehilfen bei 150 Gulden, während die etablierten Lehrer 300 Gulden im Jahr bekamen. Eine merkliche Gehaltserhöhung brachte das Jahr 1892 für die Lehrer mit sich. Damals ging der über zwanzigjährige Streit zwischen dem Tiroler Landtag und der Wiener Zentralregierung zu Ende, der seine Ursache im Beharren der Kirche auf ihrem Einfluss in Schulangelegenheiten hatte. Den vier Lehrern der Brunecker Knabenschule wurden damals vom Gemeindeausschuss folgende Löhne bewilligt: Anton Zangerl 550 Gulden Gehalt und freies Quartier, Johann Stricker 580 Gulden, Karl Mariacher 580 Gulden, Peter Peintner 378 Gulden und 50 Gulden Quartiergeld. Im Jahressalär eines Lehrers war aber nicht der gesamte Verdienst enthalten. Einmal war ein Lehrer meistens gleichzeitig Chorregent und/oder Organist und wurde dafür zusätzlich bezahlt. Manchmal wurden der Zeichen- und der Gesangsunterricht eigens vergeben und bezahlt. Dasselbe galt auch für den Italienischunterricht.
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