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FABIAN AICHNER – AUFSTIEG ZUM PROFI WRESTLER

„Ich lebe meinen Traum, jeden Tag!“, sagt der Pfalzner Fabian Aichner über sein Leben. Faszination für eine Sache, ein klares Ziel, hartes Training und den unbeirrbaren Glauben an sich selbst und daran, es zu schaffen, nennt der heute 27-Jährige die Voraussetzungen, um den eigenen Lebenstraum zu realisieren. Für ihn ist sein Traum jetzt Wirklichkeit: Er lebt in Florida und ist Wrestler bei der WWE (World Wrestling Entertainment), der besten Wrestling-Liga der Welt. Italienweit ist das bisher erst einem gelungen, und das war in den 60-er Jahren. Das ist möglich, wenn, wie Fabian auf guit Pustrarisch sagt: „A win an Tamisch brauchts, noa get olls!“

Puschtra: Du warst gerade mal 13 Jahre alt, als du per Zufall im Fernsehen deinen ersten Wrestling-Kampf gesehen hast und sofort süchtig danach wurdest. Was hat dich am Wrestling so unwahrscheinlich fasziniert?
Fabian Aichner: Zufällig sah ich mit 13 Jahren „smackdown“ auf Italia Uno. Sofort süchtig danach war ich, weil mich wirklich alles daran fasziniert hat: Die Wrestler selber, die athletischen Sachen, die ganzen Leute um den Ring oder die riesen Bühne, einfach alles! Ich dachte nur: Wow, das ist das Coolste, was ich jemals gesehen habe!

Hier bei uns im Pustertal ist das Wrestling noch heute vielfach eine weitgehend unbekannte Sportart. Mit wem hast du dich über Wrestling ausgetauscht?
Ich habe in meiner Oberschulzeit zwei coole Jungs kennengelernt, wir sind noch heute gut befreundet, die, zwar nicht so krass wie ich, aber auch sehr am Wrestling interessiert waren. Wir haben regelmäßig bei mir zu Hause Wrestling im Fernsehen geschaut und endlos diskutiert. Das erscheint mir heute alles so surreal, wenn ich daran zurückdenke. Jetzt, wo ich gerade vom WWE Performance Center nach Hause gekommen bin und eben noch mit dem meiner Meinung nach besten Wrestler aller Zeiten und meinem persönlichen Helden im Wrestlingbusiness, Shawn Michaels, über das Wrestling diskutiert habe.

Wie war der Moment, als für dich klar war, dass du ein Profi-Wrestler werden willst?
Ich beschloss, Wrestler zu werden, in dem Moment, als ich im Fernsehen ein TV Special über den Wrestler Rey Mysterio, in dem auch gezeigt wurde, wie er in Mexico mit dem Wrestling angefangen hat, gesehen habe. Genau da dachte ich, dass es cool wäre, das selber zu machen, denn bis zu diesem Zeitpunkt war ich einfach nur süchtig danach, Wrestling im TV zu sehen, aber es erschien mir so „larger than life“, also quasi für mich im Leben nicht zu erreichen. An dem Tag aber, da habe ich die Entscheidung gefasst, selber Wrestler zu werden. Ich hatte keine Ahnung wie, aber ich wusste, ich werde einen Weg finden, und das habe ich!

Pfalzen, deine Heimatgemeinde, entspricht einer Landidylle, ruhig und beschaulich. In der Regel spielen die Buben Fußball, Eishockey und fahren Ski. Aber Wrestling? Wie reagierten deine Familie und dein Umfeld auf deine Entscheidung, als Wrestler durchzustarten?
Einer meiner großen Helden im Leben ist Arnold Schwarzenegger. Ich habe mir viele Interviews von ihm angehört und er hat immer davon erzählt, wie Leute gesagt haben, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank habe, wenn er sagt, er werde der beste Bodybuilderfilmstar in Amerika. Bei mir war es genauso. Jeder hat gesagt: „Du spinnst doch Wrestler zu werden! Das klappt doch nie!“ Aber jeder hat nur ein Leben, und ich wollte in meinem Leben immer etwas Besonderes machen. Und heute bin ich nach Bruno Sammartino im Jahr 1960 der zweite in Italien geborene Wrestler, der es jemals in die WWE geschafft hat. Ich glaube fest daran, dass sich harte Arbeit auszahlt. Das hat es sich bis jetzt immer, deswegen werde ich auch genau so weiter machen, wie bisher.

Du hast 2010 an der HOB Bruneck maturiert. Wie und mit wem hast du während deiner Oberschulzeit trainiert? Woher kam deine Motivation? Hattest du ein Idol?Ich habe immer alleine trainiert. Ich wollte immer mein eignes Ding durchziehen und ich habe immer trainiert, wie ein Tier, bis zum absoluten Maximum, das hat mir immer gefallen. Das war hart, hat sich aber immer gut angefühlt, und das tut es auch heute noch. Motivation kam ganz klar vom Wrestling und den Wrestlern selber und mein Idol war, wie gesagt, Arnold Schwarzenegger.

Wie begann schließlich dein Eintritt in die Wrestling-Welt?
Ich wollte immer alles über Wrestling wissen und habe immer auf Internetseiten die News darüber gelesen. Eines Tages habe ich auf der Seite Wrestling-Infos.de eine Werbung zur Wrestlingschule von Alex Wright gesehen, die ist in Nürnberg. Da wusste ich, da will ich hin! Das habe ich gemacht und der Rest ist Geschichte.

War für dich von Anfang an klar, dass du in die Königsklasse des Wrestlings nach Amerika zur WWE willst?
Ja absolut. Ich habe nie daran gezweifelt. Ich war noch nie so motiviert in meinem Leben etwas zu machen wie Wrestling, und ich habe mir immer gesagt: Egal was passiert, ich lasse nicht locker, bis ich nicht da bin, wo ich hinwill. Oder af Puschtrarisch: A win an Tamisch brauchts, noa get olls.

Schwer, als Nicht-Amerikaner beim Wrestling ernst genommen zu werden?
Es war schon sehr schwer, sich einen Namen aufzubauen, weil es heutzutage so viele Wrestler und Promotions gibt. Aber hier half wieder meine Einstellung, dass sich hartes Arbeiten auszahlt. Ich wollte immer das beste Match des Abends haben und die richtigen Leute sind deshalb auf mich aufmerksam geworden.

Welche waren deine größten Herausforderungen, auf deinem Weg hin zur Realisierung deines Traums, als Wrestler bei WWE unter Vertrag zu stehen?
Die Tatsache, dass ich um zum Training nach Nürnberg zu kommen jedes Mal vier Stunden Autofahrt hin und vier Stunden zurück bewältigen musste, war hart. Auch dass ich ohne freien Tag auskommen musste, denn die Woche über habe ich gearbeitet und trainiert und an den Wochenenden war ich zum Training in Nürnberg. Motiviert hat mich auch die Tatsache, dass es seit fast 60 Jahren kein Italiener in die WWE geschafft hat und dass es vor mir noch nie einen Profi-Wrestler aus Südtirol gegeben hat. Man kann alles erreichen, wenn man im Kopf entschlossen genug dazu ist.

Seit dem 5. Juni 2017 hat dich der größte Wrestling-Vermarkter WWE unter Vertrag. Konntest du deinen Erfolg kaum glauben oder hattest du nie Zweifel an der Verwirklichung des von dir angestrebten Ziels?
Es zur WWE zu schaffen, war mein Lebensziel. Ich wollte nie etwas „Normales“ machen. Ich habe sieben Jahre wirklich sehr, sehr, sehr hart dafür gearbeitet. Als ich die E-Mail bekommen habe, in der stand, dass mich WWE unter Vertrag nehmen will, bin ich in jener Nacht sicher zehn Mal aufgewacht und habe nachgeschaut, ob diese E-Mail wirklich real ist.

Wie sieht ein Arbeitstag eines Profi-Wrestlers aus?
Meine momentane Arbeitswoche sieht so aus: Von Montag bis Freitag wird im Performance Center trainiert. Von 9.45 bis 11 Uhr mit Gewichten und von 11.15 bis 13.15 Uhr im Ring. Montags haben wir um 16 Uhr Promoklasse, da wird das Sprechen vor der Kamera geübt. Donnerstag, Freitag und Samstag sind Shows irgendwo in Florida. Wenn diese in anderen Staaten sind, fliege ich am Donnerstag hin und komme am Montag zurück, weil dann auch am Sonntag eine Show stattfindet. Es ist anstrengend ja, aber ich lebe meinen Traum und mache alles mit einem Lächeln im Gesicht.

Wrestling sagt man nach, es lebe von Show und Spektakel. Auf was kommt es beim Wrestling wirklich an? Kann man sich beim Kampf auch ernsthaft verletzten?
Wrestling ist „Sports Entertainment“, d.h. Leute werden mit diesem Sport unterhalten. Der Sport selber ist sehr riskant und man braucht Jahre bis man halbwegs gut darin wird. Aber das ist nicht alles, denn im Gegensatz zu dem, was die meisten Leute glauben, ist der Boden im Ring keine gefederte Matratze. Das sind mit einer dünnen Matte überzogene Bretter auf einem Stahlgerüst und jeder, der das erste Mal im Ring hinfällt, hat sofort Respekt davor. Die Seile sind entweder aus Draht oder Hanf und so gespannt, dass man sich locker die Rippen brechen kann, wenn man die Seile nicht richtig trifft, auch das wissen viele nicht. Also muss man lernen, mit Schmerzen umzugehen. Nach meinem ersten Training hatte ich ca. eine Woche Kopfschmerzen und eine weitere Woche habe ich gebraucht, bis ich vollständig erholt war. Ehrenwort! Natürlich kann man sich beim Wrestling auch verletzten. Ich habe mich selber schon öfter verletzt als ich zählen kann, darunter ein gebrochenes Schienbein, eine gebrochene Nase, ein rausgehauener Zahn, etliche Male musste ich genäht werden. Auch ein Bänderriss und ein gesplitterter Knöchel waren dabei.

Expertenmeinungen zufolge hast du das Potential für ganz oben. Wie schätzt du selbst deine Chancen ein?
Also mein Ziel ist es, der Beste zu werden, denn ich arbeite und trainiere nicht so hart, für den Zweitbesten. Es ist sehr schwer in diesem Business, von allen als der Beste angesehen zu werden, weil sehr viel auf Meinungen basiert, aber wenn es einfach wäre, würde es jeder machen, also gefällt es mir umso besser!

Deinen ersten Auftritt als Profi-Wrestler unter Vertrag hattest du heuer im August beim WWE NXT, der WWE-Entwicklungsliga, jener Show, aus der jährlich die vielversprechendsten Talente hervorgehen. Wie verlief dein Debüt? Welches ist dein nächstes Ziel?
Ja, ich habe einen sehr guten Eindruck hinterlassen und war sehr zufrieden mit meinem Debüt. Meine Social Media Konten sind explodiert nachdem das Match ausgestrahlt wurde, das war sehr positiv. Mein nächstes Ziel ist es, bei den „Takeover shows“ dabei zu sein. Dass sind die Shows von NXT, die vor 20.000 Leuten stattfinden.

Am 21. Juli hast du deinen 27. Geburtstag gefeiert. Wie sieht es altersmäßig beim Wrestling aus? Wie viele Jahr(zehnt)e kann eine Wrestler-Karriere andauern?
Das ist schwer zu sagen, hat viel mit Glück zu tun und auch damit, wie riskant der Kampfstil von einem ist. Altersmäßig bin ich eigentlich optimal unterwegs, muss ich sagen. Ich hoffe für mich persönlich, dass ich noch 20 Jahre in der WWE wrestlen kann.

Du lebst nun in den USA. Auch das ein lang gehegter Wunsch?
Ich lebe seit Mai in Orlando, Florida. Hier ist es so, als ob man in einem Film lebte. Seit ich fünf Jahre alt war will ich in die USA ziehen. Damals sah ich Arnold Schwarzenegger zum ersten Mal im Fernsehen. Mein Vater hat mir erklärt, wo Schwarzenegger aufgewachsen ist und dass er es in die USA geschafft hat, da hab ich mir gedacht, das will ich auch machen!

Wie oft im Jahr kommst du noch nach Pfalzen? Vermisst du etwas in deiner neuen Heimat?
Es kommt darauf an, wie die Europatouren von WWE ablaufen und ob ich da dabei bin, aber ich persönlich komme vielleicht ein Mal im Jahr zu Weihnachten nach Hause. Soweit vermisse ich eigentlich nicht viel, weil ich, wie gesagt, immer schon hierher ziehen wollte, aber es wäre nett, meine Familie und die Kollegen etwas öfter zu sehen. Selten zu Hause zu sein, bin ich inzwischen schon aus den vorherigen Jahren gewöhnt, also alles halb so schlimm. Außerdem ist das Leben hier sehr cool und ich habe viele neue Freunde gefunden, mit denen ich unendlich viel Spaß habe.

Du hast es inzwischen geschafft. Dein Traum vom Profi-Wrestler bei der WWE hat sich erfüllt. Welchen Rat hast du für junge Pusterer Buben und auch Mädchen, die einen Traum hegen, dessen Verwirklichung zunächst völlig unrealistisch erscheint?
Lasst euch von NIEMANDEM sagen, dass ihr etwas nicht schaffen könnt! Wenn ihr einen Traum habt, arbeitet härter als ihr jemals gearbeitet habt, seit konsequent und es wird klappen. Wenn es dann endlich klappt, ist es das beste Gefühl, das man sich vorstellen kann!

Danke für das Gespräch. (SP)