Karl Wieser aus Mühlen in Taufers.
26. Juli 2018
Weltspitze
26. Juli 2018
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Handball-Hochburg Taufers

Sand in Taufers − Dauerbrenner und Gästemagnet: der Handball-Cup in Sand in Taufers sorgt seit 33 Jahren für jede Menge Sport, Spaß und internationales Flair am Tauferer Boden. Teams aus 13 verschiedenen Ländern waren im Laufe der Jahre dabei, für die Talgemeinschaft Tauferer-Ahrntal ist der Cup ein alljährliches Großereignis.

Sie mögen packenden Sport? Gut. Sie lieben es, Menschen aus exotischen Ländern zu treffen? Sehr gut. Sie haben ihre Freude daran, mit tausenden Jugendlichen drei Tage lang ein Fest zu feiern? Bestens, dann sind Sie beim Handball-Cup in Sand in Taufers genau richtig. Die Mischung aus Sport, internationalem Austausch und jugendlichem Elan begründet zu einem guten Teil den Erfolg des sommerlichen Handball-Festivals, das seit mehr als drei Jahrzehnten schon immer Anfang Juli stattfindet. 1985 feierte das Turnier seine Premiere. Was sich seitdem verändert hat, was in all den Jahren gleich geblieben ist und welche Höhepunkte der Cup bis heute erlebt hat, erzählt einer der Denker und Lenker des Organisationsteams, Harry Leimgruber, dem Puschtra im Interview.

Puschtra: Sand in Taufers, Mitte der 1980er Jahre. Im Tal fährt man Ski und spielt Fußball. Wer hatte die überaus mutige Idee, ein internationales Handballturnier in diesem entlegenen Winkel der Alpen zu veranstalten?
Harry Leimgruber: Der erste Impuls dazu kam von Peter Sulzenbacher. Sulzenbacher war damals  Turnlehrer an der Mittelschule von Sand in Taufers und hatte eine einfache, tolle Idee: Er wollte junge Leute zusammen bringen, ihnen die Möglichkeiten bieten, gemeinsam Handball zu spielen, ein Fest zu feiern und ein paar schöne Sommertage zu verbringen.

2018 ist der Handball-Cup eine riesige Veranstaltung, in seiner Anfangszeit war das Turnier jedoch ein zartes Pflänzchen. Wie sahen die ersten Gehversuche des Cups aus?
Die erste Ausgabe hatte lediglich acht Mannschaften im Starterfeld. Damals reichte der kleine Asphaltplatz im Dorfzentrum von Sand in Taufers noch aus, um das Turnier ohne Probleme auf einem einzigen Spielfeld durchzuführen. Sulzenbachers Idee und deren ansprechende Umsetzung fand rasch Zuspruch und so dauerte es nicht lange, bis die Veranstaltung größer und größer wurde. Bald schon wurde ein zweites Spielfeld installiert, am Parkplatz vor dem ‚Pik Club‘. Das war nötig, denn in der Zwischenzeit kamen jährlich an die 40 Teams nach Taufers.

Damit war der Höhepunkt an Teilnehmern aber noch lange nicht erreicht….
Allerdings, denn Mitte der 1990er Jahre erlebte das Turnier einen richtigen Boom. Ein drittes Spielfeld wurde angelegt und immer mehr Teams kamen im Juli nach Sand. Doch als vor circa 15 Jahren der Dorfplatz samt Pavillon umgebaut wurde, war der Platz im Dorfzentrum endgültig zu klein. Also beschloss man, auf den Kunstrasenplatz in Mühlen in Taufers auszuweichen. Dieser Umzug erwies sich als echter Glücksgriff. Der Kunstrasen eignet sich hervorragend fürs Handballspielen, ein Umstand, der vor allem Mannschaften aus Deutschland dazu bewog, immer wieder zu uns zu kommen. Mittlerweile sind wir dort richtig heimisch geworden und können dort ein Turnier über die Bühne bringen, das in Spitzenjahren 140 Handball-Teams mit circa 1.700 Sportlerinnen und Sportlern  beherbergt.

Wie schafft man es, ein Turnier mehr als dreißig Jahre lang attraktiv zu halten?
Der Handball-Cup ist ein Evergreen, weil er sehr tief in der Bevölkerung des Tauferer Ahrntals verwurzelt ist. Jedes Jahr packen an die 160 freiwillige Helferinnen und Helfer mit an. Von St. Johann im Ahrntal bis nach Gais hinaus stellt man uns Turnhallen, Vereinssäle und Feuerwehrhallen als Unterkünfte für die Sportlerinnen zur Verfügung. Egal, bei wem und mit welchem Anliegen wir als Organisationsteam auch anklopfen: wir stoßen auf offene Ohren und helfende Hände. Die ganze Talschaft unterstützt uns bei diesem Projekt. Als Beispiel möchte ich Frau Zenzl Porcile nennen: Die gute Seele unseres Turniers steht seit 33 Jahren hinterm Grill und versorgt die hungrigen Jugendlichen mit bestem Essen. Oder Veronika Treffer, die seit gut 20 Jahren den Jugendlichen in den Unterkünften zur Seite steht. Diese Frauen stehen stellvertretend für die vielen freiwilligen Helfer, die den Handball-Cup überhaupt erst möglich machen.

Wer so lange als Veranstalter aktiv ist, hat wahrscheinlich vieles erlebt, im Guten wie im Schlechten. Welche Eindrücke aus 33 Jahren Turniergeschichte sind bis heute unvergessen?
Die ‚alten Zeiten‘ im Dorfzentrum von Sand in Taufers sind für mich persönlich eine sehr schöne, bleibenden Erinnerung, auch weil ich damals noch selbst als Jugendspieler aktiv war. Der Cup war damals noch relativ klein, das Spielfeld asphaltiert, das Teilnehmerfeld noch weniger international. Ich selbst kann mich zwar nicht mehr daran erinnern, aber Peter Sulzenbacher erzählt manchmal von jener Ausgabe, als ein gewaltiges Gewitter das Turnier heimgesucht hat. Alles wurde überschwemmt und das Militär musste anrücken, um  Zelte als Notunterkünfte aufzustellen. Was auch in Erinnerung bleibt, ist das Turnier vor fünf Jahren. Damals erlebten wir einen nicht für möglich gehaltenen Absturz der Teilnehmerzahlen. Nur 56 Teams wollten 2013 dabei sein. Diese Enttäuschung hat uns angespornt, noch härter und besser zu arbeiten, unsere Kommunikation und Marketing zu verbessern. Die Änderungen haben Erfolg gebracht: 2018 waren 138 Teams aus sechs Nationen mit am Start, unter anderem eine Mannschaft aus Tallin in Estland.

Die Esten mussten über 2.185 Kilometer anreisen, um bei euch dabei zu sein. Mit welchen Argumenten schafft ihr es eigentlich, die halbe Welt nach Taufers zu locken?
Ich glaube, dass die hohe Qualität den Reiz unseres Turniers ausmacht. Qualität in Sachen Gastfreundschaft und Organisation, Qualität aber auch in sportlicher Hinsicht. Wir betreiben zwar eine gezielte Kommunikation mit Unterstützung der Speikboden AG, aber das Marketing und die Bewerbung unserer Veranstaltung bleibt im überschaubaren Rahmen. Nur ein Beispiel: Vor ein paar Jahren hatten wir ein Team aus dem fernöstlichen Taiwan bei unserem Turnier. Darauf angesprochen, wie sie auf uns gekommen sind, haben die Taiwanesen erzählt, dass man ihnen in Kroatien bei einem Gespräch unter Handballern von unserem hochklassigen Turnier erzählt hat. Diese Mundwerbung macht den Handball-Cup so populär und sorgt dafür, dass wir im Laufe der Jahre Teams aus Estland, Taiwan, Indien, Frankreich oder der Slowakei bei uns dabei hatten.

Die Eckdaten des Turniers sind beeindruckend, der organisatorische Aufwand wohl enorm. Wann beginnt die Vorarbeit zur nächsten Ausgabe im Jahr 2019?
Nun, ich habe die ersten Reservierungen für 2019 schon vor wenigen Tagen angenommen. So gesehen ist die Organisation des Handball-Cups eine Ganzjahres-Angelegenheit. Spätestens im Dezember geht die intensive Phase los, mit vielen Anmeldungen und konkreten organisatorischen Schritten. Ab April sind wir als Kernteam vom SSV Taufers mit 20 Leuten laufend am Arbeiten, um bis Ende Juni den enormen Aufwand zu bewältigen. Kurz bevor’s Anfang Juli dann ernst wird, läuft die Maschine Organisationskommittee auf Hochtouren und mit riesiger Vorfreude auf das Turnier.

Das Turnier in Taufers zeigt einen guten Querschnitt des internationalen Handballsports im  Jugendsektor. Welche Schlüsse kann der SSV Taufers daraus für seine eigene Handballsektion ziehen?
Was mich bei der diesjährigen Ausgabe besonders beeindruckt hat, ist die Professionalität, mit der das Team HC Tallas aus Estland gearbeitet hat. Die Mannschaft aus dem Baltikum hat klare Strukturen und einen offensichtlichen Fokus: die besten Trainer müssen sich mit den jüngsten Spielern beschäftigen. In Estland setzt man also darauf, die Grundlagenarbeit mit größtmöglicher Qualität durchzuführen. Auf diesem Fundament können die Kinder dann in Jugendjahren und als erwachsene Handballer ihre sportliche Entwicklung aufbauen. (RAFE)

 

Ein jährliches Stelldichein der europäischen Handballjugend

 

Handball ist sein zweiter Vorname: Harry Leimgruber.