„Ich hatte viel Mut und Risikobereitschaft, aber auch ganz viel Glück im Leben.“
Karl Wieser zählt seit über 50 Jahren zu den größten Arbeitgebern im Tauferer Ahrntal. Seine Baggerfirma hatte über 120 Beschäftigte. Heute hat sich der 82-Jährige etwas vom Tagesgeschäft zurückgezogen, ganz lassen mag er es aber nicht. Arbeit bedeutet für ihn eine interessante Herausforderung.
Erzählen Sie uns von Ihrem Werdegang…
Mein Vater besaß ein mit Wasserkraft betriebenes Sägewerk bei der Mühlener Wiere. Ich wollte den Betrieb verlagern und vergrößern und kaufte zu diesem Zweck einen Grund, wo heute noch die Halle meiner Baggerfirma steht. 1960 begann der Bau der Staumauer in Lappach und ich vermietete der italienischen Baufirma kurzfristig den Grund als Basislager. So entwickelte sich die Zusammenarbeit mit der Firma, der ich auch Bretter und Kantholz verkaufte und es ergab sich der Auftrag, Transporte zu übernehmen, weshalb ich mir ein Lastauto anschaffte. Im Zuge der Bauarbeiten passierte der Baufirma ein Missgeschick an der Rohrleitung in Zösen in einem schwer zugänglichen Gelände, wo nur händisch mit Schaufel und Pickel gearbeitet werden konnte, es führte keine Straße zum Unglücksort. Ich bot mich an, die Arbeiten mit einem Bagger zu verrichten und kaufte meinen ersten Bagger, eine 10-Tonnen-Laderaupe. Den Bagger zum Einsatzort zu bringen, brauchten wir eine Woche, aber die Reparaturarbeit selbst konnte dann schnell und problemlos verrichtet werden. Das machte mir Mut und so erweiterte ich kontinuierlich meinen Fuhrpark mit Löffelbaggern, LKWs usw. Die Auftragslage war gut, aber es gab Probleme mit der Finanzierung des Fuhrparks, damals galt es, über 20 Prozent Bankzinsen zu zahlen. Heute verfügen wir über rund 60 Baumaschinen, voriges Jahr kauften wir den hundertsten Bagger.
War es früher unvergleichlich schwieriger als heute…
Das möchte ich nicht sagen. Ich hatte viel Mut und Risikobereitschaft, denn nicht immer war für alles eine Genehmigung da. Manchmal arbeitete ich auf Teufel-komm-raus, nur um etwas schnell erledigen zu können. Heute ist die Konkurrenz unvergleichlich größer und vor allem der ganze bürokratische Aufwand. Trotzdem: Wenn ich heute jung wäre, würde ich wieder diesen Beruf wählen. Ganz viel zu verdanken hab ich meiner Frau Anni. Sie machte sämtliche Schreibereien und hielt mir den Rücken frei. Unser Einsatzgebiet zieht sich mittlerweile über den Alpenbogen von Ligurien bis Tarvis vor allem im Bau von Skipisten, Liftanlagen und für schwere Transporte. Die Firma Liebherr hat für uns sogar Spezialbagger angefertigt, damit wir schwierige Arbeiten ausführen konnten. Wir sind bekannt dafür, spezielle und heikle Arbeiten zu machen. Manchmal waren es so komplizierte Sachen, die mir keine Versicherung abdeckte, ich ging volles Risiko ein und hatte eigentlich immer Glück. Viel verdanke ich auch den guten Mitarbeitern. Etwa 50 Arbeiter haben seit ihrem Eintritt in den Beruf bis zu ihrer Pensionierung bei uns in der Firma gearbeitet.
Sie haben das Mühlbacher Badl zu neuem Leben erweckt…
Als wir noch die Säge hatten, kaufte ich in Mühlbach 80 Hektar guten Wald. Im weiteren Verlauf ergab es sich, auch das Badl zu kaufen. Gereizt haben mich natürlich die Quelle und das Wasser für den Bau eines E-Werks. Dieses produziert heute 200 Kilowatt und ist meine Altersvorsorge, zumal ich nie Rentenbeiträge einzahlte und deshalb keine Rente erhalte. Ich wollte mit dem Geld lieber in meine Firma investieren, als für mich selbst Rente einzahlen.
Man bezeichnet Sie als Macher…
Ich bin zielorientiert und besitze Durchsetzungsvermögen, habe aber auch Fehler gemacht, in den sauren Apfel beißen und gehörige Schlappen einstecken müssen. Rückschläge entmutigten mich aber nie und ich versuchte immer, schnell eine Lösung zu finden. Ich ging auch hie und da mit dem Kopf durch die Wand.
Hinter Ihrer harten Schale verbirgt sich aber ein weicher Kern…
Ich unterstützte oft Menschen, die von schweren Schicksalsschlägen getroffen wurden, hab es aber nicht an die große Glocke gehängt. Für die Allgemeinheit eingesetzt habe ich mich auch beim Neubau des Altersheims, wo ich den Abbruch des alten Gebäudes gratis durchführte, oder beim großen Waldbrand in der Pursteinwand, wo ich meine Arbeiter gratis als Helfer zur Verfügung stellte.
Was wollten Sie als Kind werden?
Wäre ich in anderen Verhältnissen bzw. Zeiten aufgewachsen, wäre ich sicher Violinist geworden. Mein Vater war ein tüchtiger Zimmermeister, und da meine beiden Brüder nicht vom Krieg zurückgekommen sind, war es für mich Verpflichtung, sein Erbe fortzuführen. Abgesehen davon verletzte ich mich als Neunjähriger an der linken Hand, als ich mit vom Krieg liegengebliebener Munition hantierte, was mir bis heute eine eingeschränkte Beweglichkeit bereitet und ein Geigenspiel unmöglich machen würde. Das musikalische Talent hab ich von meinem Vater, er spielte in der Stadtkapelle Wilten. Mein erster Einsatz war am Palmsonntag 1947 mit der Musikkapelle Sand, wo ich bis heute Flügelhorn spiele. Musik ist für mich wie Kamillentee bei Magenschmerzen: Wenn ich mal Probleme hab, gehe ich in mein Musikzimmer, übe und vergesse dabei den ganzen Schmarrn. Die Musik hat mich ein Leben lang begleitet, es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht spiele.
Sind Sie stolz auf ihr Lebenswerk?
Stolz ist ein Ausdruck, den ich nicht kenne. Ich bin zufrieden, aber stolz, nein, das bin ich nicht. Genugtuung verspüre ich über all das, was ich in meinem Leben schaffen und verwirklichen konnte. Und ich freue mich, dass mein Lebenswerk nun von meinem Sohn Franz weitergeführt wird und ich hoffe ebenso, von meinen Enkeln. (IB)
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