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In den Bergen Daheim

Zehn neue Kandidaten für Berg- und Skiführerausbildung

IN DEN BERGEN DAHEIM
Mitte Juni hat für neun Männer und eine Frau die zweijährige Ausbildung zum Berg- und Skiführer des Verbandes der Südtiroler Berg- und Skiführer begonnen. Im Juli haben die Anwärter die Ausbildung im Felsklettern hinter sich gebracht und jetzt bereiten sie sich auf die Prüfung Mitte September vor. Der „Puschtra“ hat mit dem Ausbildungsleiter Erwin Steiner und vier Bergführer-Anwärtern über die Herausforderungen der Ausbildung gesprochen.

AlPINE KOMPETENZ IST MARKENZEICHEN
„Die Anforderungen für die Ausbildung zum Berg- und Skiführer in Südtirol sind hoch, das ist mir bewusst. Wenn jemand aber im bergsteigerischen Bereich tätig ist, ist so eine Ausbildung einfach notwendig. Diese alpine Kompetenz ist die Basis für den Sicherheitsaspekt und dieses Level muss hoch sein“, sagt der Ausbildungsleiter Erwin Steiner. Erwin Steiner ist auch Technischer Leiter der Kommission und er sieht diese umfassende Ausbildung nicht als Nachteil, sondern als Markenzeichen für Südtirol. „Wir haben auch Bergführer-Anwärter aus der Schweiz und aus Österreich. Unter den zehn aktuellen Auszubildenden sind ein Mann und eine Frau aus Österreich mit dabei.“

DER BERG UND DAS RISIKO
Es sei ein Trugschluss zu behaupten, dass es am Berg die absolute Sicherheit gäbe, eine gewisse Gefahr sei aufgrund der Unvorhersehbarkeit immer vorhanden und mit einer guten Ausbildung versuche man dieses Risiko zu minimieren. „Deshalb können und wollen wir bei der alpinistischen Kompetenz der Kandidaten keine Kompromisse eingehen“, sagt Erwin Steiner. Verglichen mit dem Bundesland Tirol, das aktuell an die 700 Bergführer habe, seien es in Südtirol, samt den zehn neuen Anwärtern, an die 200 Bergführer, was eigentlich als wenig erscheinen könnte, erörtert Steiner. „In Südtirol sind allerdings von diesen 200 ca. ein Drittel als hauptberufliche Bergführer unterwegs.“

AUFNAHMEKRITERIEN ERFÜLLT
Die Anwärter für die Ski- und Bergführerausbildung müssten ihr bergsteigerisches Können unter Beweis stellen. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei die Erfahrung der Kandidaten, die anhand eines vorzulegenden Tourenberichtes und praktischer Tests in den drei Disziplinen Ski, Eis und Fels festgestellt werde, so der Ausbildungsleiter. „Dieser Tourenbericht, der hinterlegt, geprüft und als positiv bewertet werden muss, ist ein offizielles Dokument, das von der Kommission in einem Gespräch mit dem Kandidaten auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft wird“, führt Erwin Steiner weiter aus. Der Tourenbericht müsse Routen in allen drei Disziplinen, also Ski-, Hochtouren und alpines Felsklettern aufweisen, die eine gewisse Schwierigkeit und Länge haben. Einige Beispiele dafür seien die Nordwand der großen Zinne, die Südwand der Marmolada, die Westwand der Civetta oder Routen um den Heiligkreuzkofel“, erklärt der Ausbildungsleiter. So legen die Ausbilder bei den alpinen Hochtouren darauf Wert, dass die Anwärter Viertausender in verschiedenen Schwierigkeitsgraden bestiegen haben. In der Ausbildungsdisziplin Ski habe man in den letzten sechs Jahren die Anforderungen gehoben. „Es sind jetzt 30 Skitouren, von denen mindestens zehn einen Höhenunterschied von 1.800 Höhenmetern und vergletschertes Gelände aufweisen müssen. Diese Disziplin ist für Erwin Steiner der schwierigste Bereich in der Ausbildung zum Berg- und Skiführer, weil die Erfahrung sehr wichtig sei: „Lawinenkunde und Orientierung sind absolut primäre Themen, in denen jeder Bergführer sattelfest sein muss. Da darf es keine Lücken geben.“

AM BERG FÜHREN
Primäres Ziel der Ausbildung ist laut Erwin Steiner, den Kandidaten die technischen Voraussetzungen zum Führen am Berg in allen Facetten zu vermitteln. Die 110-Tage-Ausbilung umfasse auch Theoriestunden in den Fächern Orientierung, Kartenkunde, Erste Hilfe, Geologie, Geografie, Alpin-Geschichte, Kommunikation und Gruppendynamik. „Auch die Kommunikation und soziale Kompetenz sowie die Allgemeinbildung kennzeichnen einen Bergführer“, sagt der Ausbildungsleiter. Bis zum Spätherbst 2019 hätten die Kandidaten alle Kurse hinter sich und würden eine 18 monatige Berufserfahrungszeit beginnen, wo sie für eine Alpinschule, den Alpenverein oder selbstständig als Ski- und Bergführer mit Einschränkung tätig sind. „Nach dieser Zeit folgt noch ein zehntägiger Kurs, dann sind die Kandidaten vollwertige, auch international anerkannte Berg- und Skiführer“, sagt der Ausbildungsleiter.
Was macht eigentlich einen guten Bergführer aus? „Wer eine solide Basis in den drei Disziplinen Felsklettern, Ski- und Hochtouren hat und eine natürliche Motivation und Begeisterung neue Gebiete und Routen kennenzulernen. Zudem gern mit Menschen unterwegs ist und eine gute Allgemeinbildung hat, um sich, abseits vom technischen Können, mit Kunden unterhalten zu können, ist für mich ein guter Bergführer“, erklärt Erwin Steiner.

ALPINE WELT HEUTE
Der Beruf des Bergführers sei heute noch gefragter, als vor Jahren, betont Erwin Steiner. Geändert habe sich einerseits das Führen, da der gesamte Outdoor-Bereich viel umfassender, als noch vor Jahren ist. „Der Bergsport geht in die Breite: Zu den klassischen Führungen kommen heute auch Trekking-Touren, leichtere Wanderungen und Klettern in Hochseilgärten dazu“, betont Steiner. Andererseits sei vor allem der Kunde heute ein anderer: „Wir haben Kunden, die in einer von Sicherheit geprägten, urbanen Welt aufgewachsen sind und sich am Berg nicht alleine zurechtfinden. Da ist ein Bergführer absolut notwendig.“ Dann wären da noch zwei andere Gruppen, meint Steiner: „Es gibt auch sehr viele Sportbegeisterte, die technisch sehr gute Voraussetzungen mitbringen, aber zu wenig Kompetenzen und Erfahrungen am Berg haben, um alleine zu gehen und deshalb einen Bergführer brauchen. Dazu kommen da noch erfahrene Bergsteiger, die an großen Touren, vor allem auch im Ausland, interessiert sind.“ Kritisch sieht Erwin Steiner es, wenn Bergbegeisterte die Gefahren am Berg und das eigene Können nicht richtig einschätzen können. Dazu gäbe es leider auch tragische Beispiele, bedauert Erwin Steiner.

DIE NEUEN
Die zehn Auszubildenden kommen aus dem Pustertal, dem Gadertal, aus Dorf Tirol, aus Gröden, aus dem Passeiertal und aus Österreich. „Darunter auch eine Frau“, erklärt der Ausbildungsleiter. Leider sei wieder niemand aus dem Vinschgau mit dabei, bedauert Erwin Steiner, weil der Bedarf an Bergführern in der westlichen Landeshälfte da sei. Mit Florian Huber aus Pfunders, Florian Leitner aus Mühlbach, Tobias Engl aus Terenten und Matthias Declara aus Badia haben wir uns unterhalten.

Florian Huber aus Pfunders:
Florian Huber erzählt, dass er schon als Mittelschüler mit dem Skitourengehen angefangen hat und in diesen Jahren vor allem in den Pfunderer- und Terner-Bergen unterwegs gewesen sei, später dann auch in den Westalpen. Dass er die Bergführerausbildung machen wollte, sei mehr „eine spontane Entscheidung“ gewesen. „Einige meiner Kollegen, die auch die Ausbildung besucht haben, haben mir davon erzählt, dann wollte ich es auch versuchen“. Bergsteigen sei für ihn vor allem „Freude, weil ich einfach gerne in die Berge gehe!“ Ob er nach erfolgreich bestandener Prüfung hauptberuflich als Bergführer arbeiten möchte, weiß Florian noch nicht genau, „ich schließe es aber nicht aus“, meint er dazu. Wie geht er mit dem Risiko am Berg um? „Ein Restrisiko wird es am Berg immer geben, das ist so! Als Bergführer ist man zudem für andere verantwortlich, dazu ist die Ausbildung da, um das Risiko zu minimieren“, sagt Florian.

Florian Leitner aus Mühlbach:
Florian Leitner war schon mit drei Jahren mit seinen Eltern auf den Bergen unterwegs. Für den  Meteorologie und Geografie Studenten sind das Wetter und eine gute Tourenplanung unabdingbar, wenn er heute auf die Berge hinaufsteigt. Zudem legt er Wert darauf, bei einer schwierigen Tour seinen Partner gut zu kennen: „ich will mich auf meinen Partner verlassen können.“ Die Anforderungen beim Klettern seien für ihn bei der Aufnahmeprüfung eine Herausforderung gewesen, sagt Florian, betont aber: „die Ausbildung ist aber richtig so“, weil ein Bergführer eine große Verantwortung hat. Zur Frage, ob Florian später auch hauptberuflich Bergführer sein möchte beantwortet er mit: „Ja, auf jeden Fall!“

Matthias Declara aus Badia:
„Mir gefällt es vor allem mit Menschen zu arbeiten“, erzählt Matthias Declara, der im Winter als Skilehrer arbeitet. Angefangen habe er mit dem Klettern, später sei er dann fünf Jahre lang viel auf  seinen Tourenskiern unterwegs gewesen. „Als Bergführer hat man die Möglichkeit die Welt, die man selbst so gern mag, den anderen zu zeigen“, sagt Matthias, das sei sein Ansporn sich als Bergführer ausbilden zu lassen. „Für mich ist es sozusagen die Krönung diese Ausbildung zu machen.“ Die Sicherheit habe für ihn Priorität am Berg. Ausschlaggeben sei für ihn deshalb dieses Gespür für die eigene und die Sicherheit anderer noch weiter zu verfeinern. Die hohen Anforderungen an die Kandidaten seien „genau richtig so! Als Bergführer habe man eine große Verantwortung, „das ist kein Spiel mehr“, betont Matthias.

Tobias Engl aus Terenten:
Auch bei Tobias Engl war das Thema Berg ein Teil seiner Kindheit. Im Mittelschulalter sei er dann auch alleine losgezogen, erzählt der gebürtige Terner. Mit dem Gedanken Bergführer zu werden, spiele er schon lange, entschieden habe er sich dann erst vor ein paar Jahren. Ihm geht es vor allem um die Ausbildung an sich „es ist einfach interessant“. Wenn es gelingt, möchte er später aber als Bergführer arbeiten: „Es würde mir gefallen, man muss aber erst sehen.“ Was Tobias immer ganz genau unter die Lupe nimmt, wenn er eine Tour plant verrät er ebenfalls: „das Wetter und die Zeit“. Bei der Aufnahmeprüfung sei er „nervös“ gewesen, gibt er zu. Die Aufnahmeprüfung hat er geschafft! Welche Aufgabe war für dich eine Herausforderung? „Im Endeffekt war alles eine Herausforderung, weil ich nicht genau wusste, was die Ausbilder genau wollen und ich war es nicht gewöhnt, kontrolliert zu werden“, verrät Tobias. (TL)

 

Ausbildungsleiter Erwin Steiner und vier Bergführer Anwärter: Florian Huber, Tobias Engl, Florian Leitner und Matthias Declara (v.l.).

 

Bergführer-Anwärter Florian Leitner hat Patrizia begleitet.

 

Florian Huber aus Pfunders: „Bergsteigen ist für mich vor allem Freude“.