Die 1662 Brücken auf den Südtiroler Staats- und Landesstraßen werden durch ständige Kontrollen geprüft. Jährlich investiert das Land rund sieben Millionen Euro.
Um Mängel frühzeitig zu erkennen, werden die 1.662 Brücken auf den Staats- und Landesstraßen regelmäßig von den Mitarbeitern des Brückendienstes in der Landesabteilung Tiefbau und des Straßendienstes sowie von Experten genauer unter die Lupe genommen. Diese periodische Überprüfung der Brücken funktioniert im Normalfall so gut, dass größere Mängel rechtzeitig erkannt und behoben werden. In den vergangenen Jahren wurde die Tragfähigkeit der Brücken in Südtirol laufend erhöht. Die Landesregierung hat sich am 4. September vor dem Hintergrund des Brückeneinsturzes in Genua Mitte August ein umfassendes Bild von der Sicherheit der Brücken in Südtirol gemacht.
Beginn der Brückentests bereits in den 90-ern
Für die Brücken auf den Landesstraßen in Südtirol ist das Landesamt für Sondertransporte bereits in den beginnenden 90-er Jahren darangegangen, ein Verzeichnis und darauf aufbauend eine Prioritätenliste für Eingriffe zu erstellen. Das Archiv der Brücken auf den Landesstraßen umfasste 1998 rund 950 Brücken. Dabei sammelten die Straßenwärter alle wichtigen Informationen über die Brücken indem sie Materialproben nahmen, fehlende Elemente erhoben, Belastungsproben durchführten und Tests zur Befahrbarkeit auch für die ältesten Brücken machten. Schließlich gab es für jede Brücke eine Dokumentation, eine Abnahme durch einen zugelassenen Ingenieur und eine Zertifizierung über die maximale Belastbarkeit. Bis 1998, also dem Übergang der Staatsstraßen ans Land, lagen über die einzelnen Brücken auf den Staatsstraßen in Südtirol nur wenige Daten vor. Allenfalls waren es Gewichtsbegrenzungen, die den tatsächlichen Zustand der Brücke nicht wirklich beschrieben. Für die rund 750 staatlichen Brücken galt es darum Informationen über deren Zustand zu beschaffen. Dazu wurde das Brückenarchiv dem Straßendienst des Landes übergeben, welcher in enger Zusammenarbeit mit der Landesabteilung Tiefbau und nach und nach alle Brücken einem Check-up bezüglich ihrer Stabilität unterzogen hat. Alle Brücken, die dringend sanierungsbedürftig oder sogar neu zu bauen waren, wurden in ein Eingriffsprogramm aufgenommen wurden. Gerade auch von Seiten der Wirtschaft wurden tragfähige Brücken gefordert.
Südtirol hat eigene Bestimmungen für sichere Brücken
2009 wurde vom eigens eingerichteten Brückendienst ein umfangreiches Kontroll- und Überwachungsnetz für die Brücken geschaffen und fortan die Arbeiten über Prioritätenlisten abgewickelt.
In Anlehnung an Normen in Deutschland und Österreich hat das Land 2011 eigene technische Bestimmungen über die Abnahme und die statische sowie periodische Kontrolle von Straßenbrücken erstellt. Diese Bestimmungen platzieren Südtirol nun unter den Ländern in Europa, die in punkto Brückenüberwachung ganz vorne liegen. Oft werden die Bestimmungen auch von anderen Provinzen in Italien übernommen, da es keine entsprechenden Vorgaben des Staates gibt. Zudem sind sie auch Referenzpunkt für die Gemeinden. Die Mitarbeiter des Brückendienstes haben sich im Laufe der Jahre umfassende Erfahrung nicht nur bei der Kontrolle, sondern auch bei der Instandhaltung und beim Bau der Brücken angeeignet, die nun in die aktuellen Arbeiten einfließen. Dauerhafte und stabile Brücke sparen letztendlich Geld.
So kontrolliert das Land die Brücken:
Alle Brücken werden ständig von den Mitarbeitern der Straßenmeisterei beim täglichen Arbeitsdienst kontrolliert. Außerdem findet vierteljährlich eine eigene Kontrolle statt ebenso wie nach einem Ereignis (wie Hochwasser usw.) oder nach einer Meldung von Anomalien. Zudem werden alle Brücken alle zwei Jahre von den Straßenmeistern und den Zonendirektoren inspiziert. Auch dazu gibt es jeweils ein Protokoll.
Die 389 sechs bis zehn Meter langen Brücken werden alle zehn Jahre durch Ingenieure und Experten unter die Lupe genommen. Auch dazu wird jeweils ein Protokoll angefertigt.
Alle sechs Jahre werden hingegen die 318 zwischen zehn und 20 Meter langen Brücken einer Inspektion durch Ingenieure und Experten unterzogen, wobei auch diese Kontrollen protokolliert werden. Alle 18 Jahre wird auf diesen 318 Brücken zudem eine Belastungsprobe mit Schwerfahrzeugen für die statische Abnahme gemacht.
Die 161 längsten Brücken in Südtirol, also jene mit einer Länge von über 20 Metern, werden alle drei Jahre von Ingenieuren und Experten kontrolliert, wobei die Kontrolle protokolliert wird. Alle neun Jahre wird auf diesen 161 Brücken zudem eine Belastungsprobe mit Schwerfahrzeugen für die statische Abnahme gemacht.
Die Tests: Wie viel tragen die Brücken?
Im Durchschnitt werden pro Jahr an 40 Brücken Belastungsproben für die Abnahme durchgeführt. Die Landesabteilungen Straßendienst und Tiefbau haben in den vergangenen Jahren eine besondere Methode gefunden, die Belastbarkeit der Brücken zu checken. In einem ersten Schritt wird der Zustand der Brücke auf Bildern festgehalten. Jedes Detail wird fotografiert. Damit Vergleiche möglich sind, werden alle Defekte nach einem eigenen Schema festgehalten. Mit präzisen technischen Instrumenten und natürlich mit Fahrzeugen (mit Sand beladene LKWs) messen die Mitarbeiter der Landesabteilungen Tiefbau und Straßendienst die Elastizität der Brücke, die Auskunft darüber gibt, wie belastbar das Bauwerk noch ist. Durch diese Untersuchungen kann sofort bestimmt werden, ob die Brücke künftig von schwereren Fahrzeugen passiert werden kann oder ob eine noch strengere Gewichtsbeschränkung notwendig ist. Das Land investiert pro Jahr und 200.000 Euro in diese Proben.
Mitte September werden heuer die Tests an den Brücken im Bezirk Pustertal beginnen. Dabei werden 49 Brücken genauer untersucht.
Die Ergebnisse:
Wie die von der Landesregierung angeforderten Daten zeigen, wurden seit 1998 insgesamt 70 Brücken saniert. 79 Brücken wurden neu gebaut. Somit wurden 149 Brücken den aktuellen Standards angepasst. Das Land hat dafür rund 110 Millionen Euro investiert. Pro Jahr gab es zudem 20 bis 25 kleinere Instandhaltungsarbeiten an den Brücken wie etwa Arbeiten an den Abdichtungen und Brückenfugen, die die Lebensdauer der Brücken wesentlich verlängern. In den vergangenen Jahren wurden jeweils rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr in die Sanierung der Brücken gesteckt.
Vorrangige Eingriffe:
Auf den Prioritätenlisten sind die vorrangigen Arbeiten für die Sicherheit auf den Brücken gereiht. In den vergangenen Jahren waren die dringendsten Eingriffe jene an der Brücke bei Brennerbad auf der Brennerstaatsstraße, an der Brücke in Rabenstein auf der Landesstraße ins Passiertal und an der Brücke in Atzwang auf der Brennerstaatsstraße.
Die nächsten wichtigen Eingriffe werden an der Brücke in Gossensass auf der Brennerstaatsstraße, an der Brücke Eschenlohe auf der Landesstraße ins Ultental, an der Brücke in Aldein auf der Landesstraße nach Petersberg, an der Brücke in Aicha auf der Pustertaler Staatsstraße und an der Brücke in Franzensfeste auf der Brennerstaatsstraße durchgeführt.
Für die Abwicklung der Arbeiten laut Prioritätenliste werden bis zu sieben Millionen Euro benötigt. (SAN)
Video: Pressekonferenz zur Landesregierungssitzung
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