Über fünf Jahrhunderte lang war das Kupferbergwerk am Rötbach in Prettau der bei weitem größte und wichtigste Bergbau des eigens dafür geschaffenen Berggerichtes Taufers.
Die Blüte dieses Werkes hat dazu geführt, dass man schon sehr früh anfing, das Ahrn- und das Tauferer Tal nach weiteren Erzvorkommen abzusuchen, die man dann nützen wollte. So kam es zu zahlreichen Bergbauversuchen, die allerdings alle eher kurzlebig waren. Die Archive enthalten dazu viele Informationen, sodass es möglich ist festzustellen, wo wer mit welchem Erfolg Bergbau betrieben hat. Eine besonders montanverdächtige Gegend scheint ab dem 16. Jahrhundert Weißenbach gewesen zu sein, wo besonders viele Bergbaukonzessionen vergeben wurden. Die folgende Zusammenfassung ist alles eher als vollständig. Sie bestätigt aber, dass die Behauptung, der Boden Tirols sei am Beginn der Neuzeit auf der Suche nach Erz an zahlreichen Stellen regelrecht durchlöchert worden, ebenso stimmt, wie der Satz, Tirol sei reich an armen Lagerstätten gewesen.
Tirol – das europäische Bergbauzentrum
Es gab eine Zeit, in der Tirol nicht nur in Österreich im Bergbau führend war, sondern sogar in Europa. Das war so an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Damals wurden zahlreiche Bergwerke betrieben und jährlich viele Tonnen von Metallen gewonnen. Im Kupferbergwerk von Prettau förderten an die 400 Bergleute jährlich etwa 1500 Wiener Zentner (= 86 Tonnen) Kupfer. Schwaz im Unterinntal war zu der Zeit mit 20.000 Einwohnern nach Wien der bevölkerungsreichste Ort Österreichs. Man gewann dort im Jahre 1523 auf dem Höhepunkt des Tiroler Bergbaus mehr als 31.000 Kilogramm Silber und fast 1700 Tonnen Kupfer. Wenn Bergbauexperten die damalige Lage charakterisieren, dann sprechen sie meist davon, dass es über die frühe Bergbauzeit nur wenige Nachrichten gibt. Im Ahrntal ist die Lage diesbezüglich etwas besser, was mit der seinerzeitigen Eigentümer- und Verwaltungsstruktur des Bergwerkes von Prettau zu tun hat. So gibt es etwa aus dem 15. Jahrhundert dieses Bergwerk betreffend nur wenige Nachrichten. Sie reichen aus, um den Betrieb des Werkes seit dem Beginn dieses Jahrhunderts zu bestätigen, zu recht viel mehr reichen sie nicht. Ab dem Jahr 1511 wird das dann anders, denn in dieses Jahr fallen die Eintragungen in das älteste erhaltene Berggerichtsbuch des Tauferer Bergrichters Hans Glögkl.
Das Berggerichtsbuch von 1511
Das Buch trägt den Titel „Perckgerichtsbuech zu Taufers“ und auf dem Titelblatt die Nummer 3, was wohl heißt, dass es vor ihm noch zwei weitere derartige Bücher gegeben haben dürfte, die aber nicht mehr erhalten sind. Das Buch enthält vor allem Nachrichten über Verleihungen von Schürfrechten. Die Gesuche um die Verleihungen dieser Rechte waren an den Bergrichter zu richten, der die Schürfgenehmigungen gegen eine Gebühr ausstellte. Dieses Berggerichtsbuch teilt mit anderen Archivalien ein für Südtirol typisches Schicksal. Es gehörte einst zum Berggerichtsarchiv in Ahrn, das nach der Auflassung der alten Berggerichte unter Josef II. im Jahre 1781 nach Klausen verlegt wurde, wo ein für das südliche Tirol zuständiges Berg- und Hüttenamt eingerichtet war, das dem Provinzberggericht von Hall unterstand. In den Jahren 1943 bis 45 gelangte nicht nur das berühmte Tolomei-Archiv nach Nordtirol, sondern auch die Bestände des Klausner Bergbauarchives, darunter auch solche, die Prettau betreffen. Diese sind jetzt im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck wieder zugänglich. Im Berggerichtsbuch sind Bergwerksverleihungen aus der Zeit von 1511 bis 1527 verzeichnet, darunter auffallend viele, die Weißenbach betreffen. Es beginnt mit einem alten „verlegenen“ Bau, den Oswald Pewngarter am Paulstag 1511 verliehen bekam. Dann folgt Petir Puner, dem im gleichen Jahr ein Neuschurf genehmigt wurde. Etwas genauer sind die Angaben, die einen Gewerken (= Bergbauunternehmer) aus Mühlen betreffen. Er, Blasy Luckner mit Namen, empfing im Jahre 1520 die Zeche St. Kathrein unter der Fundgrube auf dem Wasserfall. An einen gewissen Schoffel ging die nächste Zeche unter der Vierzehn-Nothelferin, immer in Weißenbach. Einem Sigmund Schriepfer wurde eine Zeche verliehen, die vorher Ulrich Nich dort inne gehabt hatte. Diese Grube war bis auf St. Martin gefreit, was bedeutete, dass sie bis zu diesem Datum nicht bearbeitet werden musste. Im gleichen Jahr 1520 wurde die nächste Zeche ob St. Bartlmä auf dem Wasserfall an Michl Klammer übergeben. An ihn ging auch die Hauptzeche auf St. Barbara, die ebenfalls auf Ulrich Nich ausgestellt gewesen war. An Manmeld Wies wurde ein Neuschurf vergeben, der auch von Ulrich Nich kam. Auch zwei Gewerken mit Mühlwalder Namen waren damals in Weißenbach bergbaumäßig aktiv, und zwar ein Mair am Dinkhoff und ein Mair under die Egcken, die beide Gruben übernahmen, die vorher der schon mehrmals genannte Ulrich Nich bearbeitet hatte. Dazu kamen Orthan Mel und Andre Kersthau mit je einem Neuschurf in Weißenbach.
Schürfversuche in den 20er Jahren des 16. jh
Außer in Weißenbach wurden in den 20er-Jahren des 16. Jh. in Prettau weitere Schürfgenehmigungen erteilt, dann eine am Griesberg in Uttenheim und eine an Hans Voglhintner in St. Peter sowie weitere in Mühlwald und in Michlreis. Außerdem bestätigte der Bergrichter den Abschluss eines Vertrages zwischen Hanns Bräbst von Kematen und „dem ehrbaren weisen Paulsen Luckner zu Mühlen“, bei dem es um 4 Neuntel-Anteile am St.-Kathrein-Stollen in Weißenbach ging. Der Preis dieser Anteile betrug 29 Gulden. Als Zeugen scheinen auf: Wolfgang Stocker, Hans Schneider, Georg Krannz und Georg der Erzknappe, der in Taufers wohnte. Laut der Abschrift des bergrichterlichen Verleihbuches, die sich im Steinhauser Archiv der Grafen Enzenberg befindet, gab es in den 20er-Jahren weit mehr Bergwerksverleihungen, als im Berggerichtsbuch von 1511 enthalten sind. So wurden allein in Weißenbach in den Jahren 1524 bis 1536 insgesamt 19 Schürfgenehmigungen ausgestellt. Meist ist als Ortsangabe nur Weißenbach genannt, einige Male die Klamme hinter dem Feichterhof, zweimal der Tristenbach und einmal der Rinderlaner. Die mit dem Schürfen betrauten Gewerken sind mit Namen genannt. Meist arbeiteten nur ein oder zwei Arbeiter pro Grube, eine aber, die Fundgrube St. Jakob, zählte 31 an der Bergwerkskonzession Beteiligte. Die Bezeichnung Fundgrube liefert wohl auch den Hinweis darauf, warum so viele sich auf diese Grube konzentrierten.
Schürfgenehmigungen 1539 bis 1542
Im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck finden sich einige Handschriften, die ehemals Teile von Berggerichtsbüchern waren, so die Handschriften Nr. 3245 und Nr. 952. Da sind zunächst einmal vier Gruben im Kärrach genannt (am Talende unter der Laner Alm gelegen, heute als Kehrer Alm bezeichnet) und zwar:
die Fundgrube zur Hl. Dreifaltigkeit im Kärrach an der Mitterbergseite, 16 Personen hatten Anteile an dieser Grube, darunter ist auch der als Gewerke am Rettenbach bekannte Urban Walcher, der dort ein Neuntel des Bergwerkes von Prettau besaß. Drei Arbeiter förderten im Jahre 1539 23 ½ Kübel Erz.
Grube St. Peter im Kärrach an der Mitterbergseite, 7 Personen hatten Anteile, darunter einige, die auch an der Grube zur Hl. Dreifaltigkeit beteiligt waren;
Grube zur Finderin und zu St. Peter im Kärrach, 5 Personen hatten Anteile, keine Erzgewinnung.
Grube zu St. Sebastian im Gewink im Kärrach, 9 Personen haben Anteile, keine Erzgewinnung.
Weißenbach ist in diesen Handschriften mit zwei Gruben vertreten, und zwar mit der Grube zu Unser Frau ob dem Feichter in Weißenbach, an der 28 Personen Anteile hatten, darunter sind der Gerichtsherr von Taufers Friedrich Fieger, der Prettauer Gewerke Karl von Welsperg, der Bergverweser Christian Neuhauser, der Brunecker Kaufmann Gabriel Mor, der Bergrichter Michael Stangl, zwei Arbeiter, keine Erzgewinnung; diese Grube war auch 1567 noch in Betrieb. Grube zur Helferin ob dem Feichter in Weißenbach: die Anteile waren im Besitz der gleichen Personen, die auch die Grube zu Unser Frau inne hatten, wo nur ein Arbeiter aufscheint, der im Jahre 1540 sechs Kübel Erz gewann.
Außerdem ist zu dieser Zeit eine Grube im Pranterbach genannt, an der 12 Personen Anteile hatten, dann eine weitere zu Unser Frau am Wasserfall in Mühlwald, die zur Gänze – also zu 9 Neunteln – dem Mühlener Wundarzt Heinrich Praun gehörte und ebendort auch die Fundgrube St. Gertraud, aus der der Alleingewerke Hans Fieger Kupfervitriol zu gewinnen hoffte. Bei zwei Gruben in Luttach sind die Ortsangaben recht genau. Es handelt sich um die Grube St. Katharina in Luttach in der Hoferweide und die Fundgrube St. Sebastian im Küetal in Luttach in des Stockmairs Felde mit Jörg Kleinarzbacher als Alleingewerken und einem Arbeiter. In Prettau sind in den Jahren 1590-96 nur zwei neu eröffnete Gruben genannt, und zwar der Neuschurf „beim Gottberath“ in der Lemperaue, der ganz in der Nähe des Rötbaches lag und eine Grube zwischen Windtal und Folgsteinbach „auf der Schattenseite hinab bis zum Bach, so die Achen oder Pirl genanndt“. Diese Grube wurde vom Bergrichter Ulrich Stuppaun an Christoph von Wolkenstein-Rodenegg verliehen.
Schürfgenehmigungen 1630 bis 1720
Was die Schürfgenehmigungen angeht, ist die Quellenlage das Ahrntal betreffend von 1630 bis 1720 wieder relativ gut, weil die von den Bergrichtern Jeremias und Christoph Ramblmayr geführten Bücher, welche die Verleihungen und Freiungen enthalten, noch vorhanden sind (Tiroler Landesarchiv, Handschrift Nr. 3245). Hier werden aber außer den auf Weißenbach entfallenden Schürfgenehmigungen nur einige Beispiele zitiert. In der Grube zu Unser Frau in der Feichter Klamme in Weißenbach suchte man nach Margesit oder Marcasit. Die Antwort auf die Frage, was darunter zu verstehen ist, gibt der „Tiroler Landreim“. Demnach war Margesit ein unklarer, vielbegrifflicher Ausdruck, der sowohl für Wismut als auch für Schwefelkies gebraucht wurde. Die Grube zu Unser Frau war 1630 an die Freiherrn von Wolkenstein-Rodenegg verliehen worden. Die Grube St. Johannes ober dem Feichter in Weißenbach, in der Margesit gewonnen wurde, wurde 1630 an Michael Gleischer verliehen, der im Namen Johann Friedrich Eggers, eines Gewerken und Schmelzherrn in Kundl, darum angesucht hatte. Außerdem ist u. a. von folgenden Gruben die Rede:
Grube zu Unser Frau ob St. Peter auf dem Weg über das Hundskehljoch: es bestanden 24 Scherm- und Seigergebäude, man hoffte Gold und Silber zu finden.
Ein alter Bau oberhalb des Hollechn in St. Peter mit zwei Neuschürfen im Wisplbachl in St. Jakob, wo man nach Eisenstein suchte.
Ein Neuschurf außerhalb des Außerbichlers in Prettau, nicht weit entfernt von der Kohlstatt des Bergschmieds Rieser.
Georg Miller, der Berg- und Schmelzwerksfaktor, bekam 1652 einen alten Stollen im Bärental am großen Erzlahnerkragen verliehen und gleich daneben einen Neuschurf, wo Silber vermutet wurde.
Ludwig Perkhofer, dem Gewerken am Rettenbach, wurde vom Bergrichter ein Neuschurf zwischen dem Griesberger Feld und der Landstraße in Uttenheim verliehen.
Am 12. April 1654 bekamen Paul Prugger der Ältere und Paul Prugger der Jüngere einen Neuschurf im Pirntal hinter Heilig Geist verliehen. Einer der beiden Prugger war „Perwerckhssuecher“ des Prettauer Gewerken Fortunat Graf Wolkenstein. Ihm waren schon 1642 zwei alte Stollenfahrten in des Wasserers und des Pruchers Gründen „am Ende des Pachs und Eisenstegs an der Sonnenseite liegend“ vergeben worden.
Um 1650 suchte der Dr. beider Rechte Jakob Hueber, Rat des Erzherzogs Ferdinand Carl und Regimentsadvokat, um mehrere verlassene Stollen und auch um einige Neuschürfe in der Gegend von St. Jakob an, wo man Eisenstein und Arsen vermutete.
Im Jahre 1659 wurde in Schwarzenbach ein Neuschurf an drei sonnenburgische Untertanen aus Pflaurenz vergeben, und zwar an Hans Kröll, Mathes Baterer und Stefan Parggerer, und an den Prettauer Gewerken Ludwig Perkhofer eine Grube auf der linken Seite dieses Baches. An ihn ging auch ein Stollen, drei Büchsenschuss weit hinterm Klammljoch in Rein gelegen, auf dem Wege zur Jagdhausalm und ein Jahr später dann alle Schürfe am Klammljoch, im Jagdhaus und im Affental.
Der Bergwerksfaktor Georg Miller bekam einen Neuschurf in Lanebach oberhalb von Uttenheim verliehen und Thoman Streicher, ein Brunecker Maler, suchte 1672 für sich selbst und seine Konsorten um einen Schurf auf gold- und silberhaltiges Erz auf der sogenannten Senniger Alm an. Einige Erzfunde betreffen in der 2. Hälfte des 17. Jh. das Gadertal, vor allem Enneberg, Untermoi und Wengen, aber keiner war von Dauer. Dasselbe gilt für Gsies, Prags und Niederdorf. (RT)
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