Das Dolomiten UNESCO Welterbe feiert 2019 sein 10-Jahre-Jubiläum.Von den insgesamt 140 Veranstaltungen gibt es allein in Südtirol über 40 Festlichkeiten, darunter drei Hauptveranstaltungen. Bei all der Feierlaune soll aber auch ein Nachdenken über die zukünftige Entwicklung des Welterbes angestoßen werden.
Genau am 26. Juni vor zehn Jahren wurden die Dolomiten zum UNESCO-Welterbe ernannt. Die 142.000 Hektar des UNESCO-Welterbes sind keine zusammenhängende Gebirgsformation, sondern erstrecken sich über neun Teilgebiete der Dolomiten. Durchstreift werden verschiedenen Provinzen und Regionen: Autonome Provinzen Bozen und Trient, Belluno (Region Veneto) sowie Pordenone und Udine (Region Friuli Venezia Giulia). In Südtirol sind die Naturparks Drei Zinnen, Fanes-Sennes-Prags, Puez-Geisler, Schlern-Rosengarten, der Gebirgsstock Latemar und das Naturdenkmal Bletterbach Teil des Welterbes.
10 Jahre – 140 Gründe zum Feiern!
Nach der ersten Dolomiten UNESCO Welterbeterrasse 2015 am Strudelkopf in Toblach, wurde am 16. Juni die zweite ihrer Art für Südtirol auf der Mastlé-Alm in St. Christina/Gröden eingeweiht. „Neben diesen beiden in Südtirol gibt es im Trentino zwei bereits fertig gestellte Welterbeterrassen“, erklärte Marcella Morandini, Direktorin der Stiftung Dolomiten UNESCO anlässlich der Einweihung. So wie es sich beim Dolomiten UNESCO Welterbe um ein serielles Erbe handle, so sei es auch Ziel der Welterbeterrassen, die jeweiligen Besonderheiten der Teilgebiete sicht- und erlebbar zu machen, so Marcella Morandini weiter. Das Gesamtkonzept sehe mehrere Terrassen an ausgewählten Aussichtspunkten in allen fünf Provinzen des Welterbegebiets vor. „Wir, alle Provinzen, verfolgen das gleiche Ziel, haben denselben Weg eingeschlagen, damit rücken wir auch näher zusammen. Die daraus wachsende Stärke ist eine gute Basis für unser Welterbe, um es fortan weiterzutragen. Diese Welterbeterrasse ist nicht nur ein einmaliger Aussichtspunkt im Naturpark Puez-Geisler. Sie lädt Einheimische und Gäste dazu ein, inne zu halten und sich bewusst zu werden, in welcher einzigartigen Gebirgslandschaft sie sich gerade befinden oder gar leben dürfen“, sagte Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer.
Institutionelle Feier in Cortina
Am 26. Juni feierte Cortina d‘Ampezzo das 10-Jahres-Jubiläum mit dem “Dolomiti Day“, einem großartigen Event mit Ansprachen, Musik und gute Küche.
Das Zentrum mit der Piazza Dibona war der Mittelpunkt der Feierlichkeiten. Den zahlreichen Besuchern und Gästen sowie politischen Vertretern und den Vertretern der Institutionen des Umweltministeriums wurden die 140 Veranstaltungen präsentiert. Musikkapellen aus den Dolomitengebieten umrahmten die offiziellen Ansprachen.
Viel mehr als touristische Marke
Drei Tage später findet heute, den 29. Juni, in St. Vigil in Enneberg das „Dolomites UNESCO-Fest“ statt: Eine Veranstaltung, die den Menschen der Dolomitentäler gewidmet ist. In einer Pressekonferenz am 21. Juni in Bozen haben die beteiligten Organisationen das „Dolomites UNESCO Fest“ vorgestellt. Die Stiftungsdirektorin Marcella Morandini wies auf die Wichtigkeit hin, die Welterbestätte nicht auf eine touristische Marke zu reduzieren. Vielmehr gelte es, provinzübergreifend und künftig noch wirksamer zusammenzuarbeiten, auf dass der Schutz der Dolomiten noch besser gelingen könne, sagte Morandini. Der Ort für die Pressekonferenz im vierten Stock des Bozner Einkaufszentrums Twenty sei nicht zufällig ausgewählt worden, erklärte die Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer. Dort laufe zurzeit die Ausstellung „Schauen und sehen. Die Naturparks in Südtirol“. Die Ausstellung solle gerade „Südtirols Bevölkerung, die im Einkaufszentrum unterwegs ist, auf die Natur und die Einzigartigkeit unseres Landes aufmerksam machen.“ Hauptsächlich seien es ja die Südtiroler, für die das Fest in St. Vigil organisiert werde. Dieses solle als „Türoffner für uns Einheimische dienen, um uns wieder näher zu dieser einzigartigen Dolomitenlandschaft heranzuführen und den rücksichtsvollen Umgang mit Natur und Landschaft zu fördern“. Das „Dolomites UNESCO-Fest wurde als Art Wanderfest konzipiert. Höhepunkte des Festes sind eine Erlebnismeile für Kinder und ein Sagenumzug mit 200 Darstellern. Der Eintritt ist frei.
Umgang mit Weltnaturerbe benötigt Zäsur
10 Jahre Dolomiten UNESCO ein Grund zum Feiern? Diese Frage stellten sich hingegen die Vertreter von Mountain Wilderness Italia und dem Dachverband für Natur- und Umweltschutz anlässlich einer Pressekonferenz am 24. Juni in Bozen. „In den ersten zehn Jahren ab Verleihung des UNESCO-Welterbe-Titels an die Dolomiten wurde damit in erster Linie das Gebiet vermarktet, stellenweise über die Grenzen des Erträglichen hinaus. Die eigentliche Aufgabe, nämlich die weitgehend natürlichen Landschaften in ihrer Integrität zu bewahren, wurde hingegen nicht prioritär behandelt“, heißt es von den Umweltschützern. Klauspeter Dissinger und Silvia Simoni zeigten auf, wie die Verleihung des Welterbe-Titels zu einem massiven Ansturm auf die Hotspots der Welterbestätten geführt hat. Dies stehe im klaren Gegensatz zu den Werten und Auflagen, mit denen die Dolomiten im Jahr 2009 den Status eines Welterbes verliehen bekommen hätten. In den offiziellen Dokumenten würden sich klare und unmissverständliche Auflagen finden, um den außergewöhnlichen Wert und die Bedingungen für die Integrität (outstanding universal value and conditions of integrity) des Gebietes zu erhalten“, so die Umweltschützer, die unter anderem eine nachvollziehbare Strategie für einen verträglichen Tourismus sowie ein Verbot der Intensivierung von Infrastrukturen fordern. Die Realitäten auf den Dolomiten-Pässen, am Pragser Wildsee, in Villnöß und an den errichteten Welterbe-Terrassen würden diesen Auflagen ganz klar widersprechen. In den kommenden zehn Jahren müsse es in Bezug auf unseren Umgang mit dem Weltnaturerbe Dolomiten eine deutliche Zäsur geben, fordern die Vertreter.
Über Grenzen hinweg
Die verschiedenen Initiativen werden mittels eines eigenen Komitees koordiniert. Senator Meinhard Durnwalder hat vor Ort in Rom in diesem Koordinierungskomitee die Südtiroler Interessen vertreten. Der Puschtra hat ihn dazu im Interview befragt:
Puschtra: Die Südtiroler Landesregierung hat auf Vorschlag von Landesrätin Hochgruber Kuenzer beschlossen Südtirol über ein politisches Koordinierungskomitee zu den Jubiläumsfeierlichkeiten zu vertreten. Wer gehört diesem Komitee an? Welches Ziel steht im Fokus?
Meinhard Durnwalder: Am 28.12.2018 wurde anlässlich dieses Jubiläums auf Initiative des Umweltministeriums ein Komitee ins Leben gerufen, welches aus Vertretern der Provinzen Südtirol und Trentino sowie der Regionen Friaul Julisch Venetien und Veneto besteht. Das Komitee steht unter dem Vorsitz von Unterstaatssekretärin Vannia Gava und soll in erster Linie den Aktionsplan rund um die Feierlichkeiten koordinieren und dadurch Impulse zum Schutz und zur Förderung der Dolomiten geben. In Südtirol betreut Landesrätin Hochgruber Kuenzer in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Naturparke alle Aktivitäten und Initiativen rund um dieses 10-jährige Jubiläum.
Sie selbst haben in diesem Komitee vor Ort in Rom die Südtiroler Interessen wahrgenommen. Können Sie uns einen Einblick in Ihre Aufgaben – auch anhand einiger Beispiele – geben?
Ich bin sehr froh darüber, dass man sich auf gesamtstaatlicher Ebene dieses 10-jährigen Jubiläums annimmt, da sich ja auch das Dolomiten UNESCO Welterbe über die Provinz- und Regionalgrenzen hinweg erstreckt. Auf diese Weise gelingt es, so zu sagen mit vereinten Kräften, die Aufmerksamkeit auf das Welterbe zu verstärken. Insgesamt werden dadurch etwa 140 Veranstaltungen und Aktivitäten unter dem gemeinsamen Logos des Jubiläums stattfinden – über 40 davon allein in Südtirol.
Zehn Jahre sind auch ein guter Grund, um zurückzuschauen! Was waren in diesen letzten zehn Jahren wichtige Stationen für das Dolomiten UNESCO-Welterbe?
Die wichtigste Station stellt zweifellos die Eintragung in die UNESCO-Welterbeliste vor 10 Jahren selbst dar – damals wurde die Einzigartigkeit der Dolomiten hervorgehoben und gleichzeitig mit der klaren Verantwortung dafür verknüpft. Natürlich war aber auch die Gründung der Stiftung „Dolomiten UNESCO“ ein wichtiger Schritt, genauso wie das erste Dolomiten-Welterbe Fest im Jahr 2018. Ich bin aber der Meinung, dass es bei einem UNESCO Welterbe nicht so sehr um große Projekte und Events, sondern vielmehr um den tagtäglichen Umgang mit dieser einzigartigen Landschaft geht.
Welche Bedeutung kommt einem Landschaftsschutzgebiet wie den Dolomiten in Zeiten des globalen Klimawandels zu?
Die Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO vor 10 Jahren bedeutet nicht nur, dass die Dolomiten ein besonders schönes Gebiet sind, sondern dass es unsere gemeinsame Aufgabe ist, diese einmalige Landschaft zu pflegen. Nur wenn wir die Unversehrtheit der Dolomiten erhalten, können wir dieses Erbe in seiner Schönheit an kommende Generationen weiter geben.
Auf was sollte, angesichts des globalen Klimawandels, in so einem Landschaftsschutzgebiet ein besonderes Augenmerk gelegt werden?
Das UNESCO Welterbe ist eine besondere Auszeichnung, da es die Einzigartigkeit der Dolomiten unterstreicht. Gleichzeitig sind damit aber auch Bedingungen geknüpft, nämlich ein verantwortungsvoller und sorgsamer Umgang mit diesem einmaligen Gebiet. Viele Maßnahmen dazu können vor Ort im UNESCO-Gebiet selber festgelegt und umgesetzt werden. Der Klimawandel ist allerdings eine Herausforderung, der sich die Gesellschaft über die Staatsgrenzen hinweg stellen muss. Leider kollidieren aber die Bestrebungen dazu häufig mit nationalen Interessen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf – das belegen wissenschaftliche Studien. Gleichzeitig zeigen auch die zahlreichen Kundgebungen in den vergangenen Monaten, dass dieses Thema auch von der Bevölkerung, im Besonderen von der Jugend, tief empfunden ist.
Vielen Dank für das Gespräch!
(TL)