“Ich bin neugierig und empfange die Welt mit offener Umarmung.“
Der Radiohörer von Rai Südtirol kennt die sanfte, weiche Stimme von Nina Schröder und ihre stets gut recherchierten Berichte. Die Journalistin stammt aus Berlin und hat Bruneck als ihren Lebensmittelpunkt gewählt.
Wie hat es Sie ins Pustertal verschlagen?
Noch vor Abschluss meines Abiturs startete ich mit einem Interrail Ticket nach Venedig. Bei Padua lernte ich im Zug einen Südtiroler kennen, verliebte mich auf Anhieb und landete mit ihm im Sarntal. Um italienisch zu lernen, arbeitete ich dann als Au-pair-Mädchen in Turin. In München studierte ich anschließend Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Danach zog es mich nach Berlin, um Politologie zu studieren. Zurück im Sarntal erhielt ich ein Praktikum bei der Wochenzeitung FF. 1991 absolvierte ich die Journalistenprüfung in Rom. Anschließend arbeitete ich bei der Zeitung Südtirol Profil, die in Konkurrenz zur FF unterlag und aufgeben musste. Nach 14 Jahren Beziehung zu meinem Sarner Mann ging auch diese auseinander und ich beschloss nach Deutschland zurückzukehren; dazu hielt ich schon einen Vorvertrag für den Radiosender Freies Berlin in der Hand. Allerdings kam mir die Frankfurter Buchmesse in die Quere, wo ich den Ahrntaler Schriftsteller Josef Oberhollenzer kennenlernte. Ein halbes Jahr später war ich auch schon mit unserem Sohn Moritz schwanger und wir ließen uns in Bruneck nieder, das war vor 22 Jahren.
Wie ging es beruflich weiter?
Etwa 17 Jahre arbeitete ich als freie Journalistin, schrieb Bücher und drehte Filme. Für den Rai Sender Bozen machte ich Sendungen zu den Themen Kultur, Frauen und das Verbrauchermagazin. Seit sechs Jahren arbeite ich jetzt beim aktuellen Dienst für Rai Südtirol, was mir sehr viel Spaß macht.
Über die Stadt Bruneck erschien gerade ein Buch…
Ich hatte noch mein Baby im Bauch, als ich das Buch „Bruneck kompakt, die Stadt und Umgebung“ schrieb. Da sich seitdem viel geändert hat, überarbeitete ich das Buch komplett, es ist gerade druckfrisch in den Handel gekommen.
Ihr Mann ist Schriftsteller, wie verträgt sich das mit Ihrer Arbeit als Journalistin?
Ich finde, mein Mann hat eine wunderbare, sehr präzise, eigene Sprache. Als Journalistin oder für Sachbücher schreibt man natürlich ganz anders als für einen Roman. Was uns beide am meisten interessiert ist die Frage nach der Wahrheit. Als Journalistin will ich der Welt die Wahrheit vermitteln, bin aber gebunden, weil ich Dinge nicht schreiben darf, von denen ich weiß, die ich aber nicht beweisen kann. Der Schriftsteller „erfindet“ Geschichten, die oft realer sind, als vom Journalisten veröffentlichte. Darüber diskutiere ich oft mit meinem Mann.
Erklären Sie uns Südtirol aus den Augen einer „Zugereisten“…
Südtirol ist ein wunderbares Pflaster, das Land, die Leute. Durch meinen Beruf lerne ich viele interessante Menschen kennen, das ist sehr spannend. Ich stelle fest, dass sich hier viel engere Kreise als in einer Großstadt bilden: Die Gemeindeangestellte, der Bankchef, der Bauer und die Bürgermeisterin sitzen am selben Tisch im Dorfgasthaus und diskutieren. Die gesellschaftlichen Gruppen vermischen sich sehr viel stärker als in der Großstadt.
Das kulturelle Angebot ist in der Großstadt aber viel größer…
Das würde ich nicht sagen. Wir haben Musikwochen mit internationalen renommierten Orchestern, dann das Bolzano Danza – TanzBozen, das vom Ministerium zum besten Tanzfestival Italiens gekürt wurde. Wir haben in Südtirol ein hervorragendes Kulturprogramm.
Womit füllen Sie Ihre Freizeit?
Tanzen, Ballett, Jazz – das ist meine Leidenschaft. Als Kind und Jugendliche wollte ich Tänzerin werden. Mit 15 entschied ich mich aber doch, weiter zu studieren. Heute noch gehe ich zweimal wöchentlich tanzen und schwinge mich sogar noch auf die Spitzenschuhe, obwohl ich schon scharf auf die 60 zugehe. Tauchen macht mir auch sehr viel Spaß, ich machte gerade meinen dritten Tauchschein.
Wie kommen Sie als Bundesdeutsche im Pustertal zurecht?
Ich hatte das Glück, zwei sehr alte Dialekte kennen und verstehen zu lernen, das Sarnerische und das Teldrarische; dadurch hat sich mein Sprachhorizont vom Plattdeutschen meiner Eltern über das Berlinerische sehr erweitert. Als Germanistin bin ich sehr an Sprachen interessiert. Dialekt ist eine wunderschöne Bereicherung des Lebens, ich bin fasziniert von den Ausdrücken, der Klangfarben. Wenn ich aber selbst Puschtrarisch rede, lachen alle, verstehen tue ich es sehr wohl. Was die Küche hier betrifft, will man nirgendwo anders mehr essen gehen. Was ich so sehr schätze und was ich auch durch meine Schwiegermama lernte ist, dass nichts weggeschmissen wird. Aus altem Brot werden Knödel oder ein Scheiterhaufen gemacht. Die Möglichkeit, aus einfachen Zutaten so was Gutes zu zaubern, finde ich phantastisch!
Wie würden Sie sich charakterisieren?
Neugierde ist mein Antrieb, aus diesem Grund bin ich auch Journalistin und nicht Tänzerin geworden. Ich brauche viel Abwechslung, immer wieder Neues, damit mir auf Dauer nicht langweilig wird.
(IB)
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