Sextner Shootingstar setzt Siegeszug fort

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Sextner Shootingstar setzt Siegeszug fort

St. Ulrich/Sexten – Nach dem Triumpf beim ATP-Next-Gen-Final, dem Saisonfinale der acht besten U-21 Spieler in Mailand hat Jannik Sinner seine bemerkenswerte Saison mit dem Turniersieg in Gröden gekrönt. Der Hype um den jungen Sextner ist riesengroß, so wird er bereits als künftige Nummer eins der Welt gehandelt. Er selbst will genau dorthin und in die Fußstapfen seines großen Vorbildes Roger Federer treten.

In seiner Kindheit galt Jannik Sinner als talentierter Fußballer und Skifahrer, gewann sogar einige Skirennen und hatte ein Poster von Bode Miller in seinem Zimmer hängen. Doch auch das Tennisspielen hatte es den Jungen angetan. Schon als kleines Kind fing er mit dem Sport an, nach einer Pause wurde sein Training mit neun Jahren intensiver. Mit Dreizehneinhalb entschloss er sich alles auf die Karte Tennis zu setzten und wechselte in die Akademie des erfahrenen Tennisprofessors Riccardo Piatti nach Bordighera. Zum Vorspielen in der berühmten Tennisschule verhalf ihm sein anderes großes Vorbild Andreas Seppi. Nachdem dieser das junge Tennistalent hatte spielen sehen, vermittelte er es an Piatti weiter. Seit vier Jahren verbringt er seither die meiste Zeit im Jahr in Ligurien, trainiert dort bis zu acht Stunden am Tag. Die Schule besucht er nur in „Teilzeit“, mehr ist neben einer Profikarriere nicht möglich. Im Trainingscenter findet Sinner eine ausgesprochen professionelle Betreuung vor, er kann neben seinen Trainern auch auf die Hilfe von Physiotherapeuten, eines Osteopathen, eines Ernährungswissenschaftlers und eines Chiropraktikers zählen, zudem wird er auch medizinisch betreut. Neben den vier Tennisplätzen, wovon zwei in der Halle sind, gibt es auf der modernen Anlage unter anderem eine Kraftkammer, eine Sauna, ein Kältebecken, sowie einen Raum für Videoanalysen, wo sogar 3D-Analysen und biomechanische Bewegungsabläufe der Spieler erstellt werden können.

Der gewagte Schritt ins Trainingszentrum nach Bordighera zu wechseln hat sich für Sinner bis dato reichlich ausgezahlt! In seine erste komplette Profisaison startete er auf Position 553, mit guten Leistungen kletterte Sinner Schritt für Schritt nach oben, wurde zum bestplatzierten U-18 Spieler in der Weltrangliste und überzeugt vor allem mit richtig starkem Tennis. Die internationale Tenniswelt wurde zum ersten Mal beim Masters-1000 in Rom auf den damals noch 17-jährigen Rotschopf aufmerksam. Im Forum Italico konnte er den Aufschlagriesen Steve Johnson eliminieren und wurde vom besten Tennisspieler aller Zeiten, Roger Federer als Trainingspartner auserkoren. Bisherige Highlights in der noch jungen Karriere des Sextners waren das Erreichen des Halbfinals vom ATP-250er Turnier in Antwerpen, wo er den extrovertierten Franzosen Gael Monfils, die Nummer 13 der Welt bezwingen konnte. Sowie das Vorstoßen in die vierte Runde bei seinem allersten Grand-Slam-Turnier in New York. Dort war erst gegen den US-Open Sieger von 2016 Stan Wawrinka Endstation, Sinner konnte der ehemaligen Nummer Drei der Welt aber immerhin einen Satz abknüpfen. Im Oktober stieß Sinner zum ersten Mal in die Top 100 der Welt vor und erhielt dadurch eine Wild Cart für die Next-Gen-Finals. In Mailand war er als Nummer 96 der Welt der am schlechtesten platzierte aller acht Spieler. Nur auf dem Papier wohlgemerkt, zum Auftakt konnte er, wie schon in Antwerpen, die US-Amerikanische Hoffnung Frances Tiafoe besiegen. Es folgte eine Machtdemonstration gegen den Schweden Mikael Ymer, Sinner war zu diesem Zeitpunkt bereits für die Halbfinals qualifiziert. Durch den kleinen Dämpfer gegen den Franzosen Ugo Humbert ließ er sich nicht aus dem Konzept bringen. Im Halbfinal setzte er sich klar gegen den Serben Miomir Kecmanovic durch und traf im Finale auf den Turnierfavoriten Alex de Minaur. Der 20-jährige Australier steht an Nummer 18 der Welt, war schon im Vorjahr im Final und hat allein dieses Jahr drei Titel gewinnen können (im Finale von Sydney gegen Andreas Seppi). Gegen den wieselflinken Defensivspezialist war ein enges Match vorausgesagt worden, doch Sinner zeigte das bisher wohl beste Spiel seiner Karriere und machte kurzen Prozess mit seinem Gegner. Mit harten und präzisen Schlägen und einem unglaublich soliden Aufschlag wehrte er alle acht Breakchancen gegen sich ab und konnte seinerseits dem Australier dreimal den Aufschlag abnehmen. Vor ausverkauftem Haus verwertete er in etwas über einer Stunde Spielzeit seinen ersten Championship-Ball und riss die Arme in die Höhe – Sinners endgültiger Durchbruch. Noch beeindruckender wie die Resultate selbst ist die Art und Weise wie Sinner spielt. Mit 18 Jahren besitzt er eine Eigenschaft die nur die Allerbesten aufweisen: Unter Druck und in den entscheidenden Punkten bleibt er cool und packt sein bestes Tennis aus. Auch durch seine bodenständige Art abseits des Platzes eroberte der sympathische Sextner die Herzen des Mailänder Publikums für sich, wegen seines ruhigen Charakters haben ihm die Italiener den Übernamen „Der Eisjunge aus den Bergen“ gegeben. Sinner gilt als kein Spieler der vielen Worte, dennoch meistert er Pressekonferenzen und Siegerinterviews gekonnt und bleibt dabei steht’s gelassen. Auf die Frage was er sich mit dem riesen Patzen Preisgeld kaufen werde, antwortete er cool: „Nichts“! Von sich selbst sagt Sinner, dass er eigentlich noch ein richtiger Kindskopf sei, was man ihm mit seinem spitzbübischen Lächeln auch abnimmt. Umso bemerkenswerter ist dadurch die mentale Reife die er am Spielfeld auf den Tag legt. Sein Manager und Betreuer Alex Vittur weiß nicht genau, ob Sinner den Rummel um seine Person so leicht wegsteckt, wie es von außen den Anschein hat: „Jannik hat von Haus aus ein starkes Nervenkostüm, es steckt aber auch viel harte Arbeit dahinter, seine Emotionen so im Zaun halten zu können“, meint er. All das sind Attribute die Sinner zum derzeit vielversprechendsten Talent in der Tenniswelt machen. Die Experten sind sich einig: Jannik Sinner steht eine ganz große Zukunft bevor! Nach seinem Sieg in Mailand wurde Sinner von allen Seiten geadelt: Finalgegner De Minaur gab zu, dass Jannik in allen Belangen einfach besser war. Andreas Seppis Trainer, Massimo Sartori sagte, dass seine Leistung die eines „Top fünf Spielers“ gewesen sei. Auch Novak Djokovic meldete sich zu Wort, um Sinner zu gratulieren: „Seine Art zu spielen ist wirklich imponierend, er ist ein Junge der weiß was er will“, lobte ihn Djokovic, der auch schon von Piatti trainiert wurde und fügte hinzu: „Die Next-Gen lügen nicht, er ist definitiv der nächste Star!“ Die Lobeshymne von einem der momentan besten Tennisspieler unterstreicht die Tatsache, dass der Vorjahressieger von Mailand Stefanos Tsitsipas ein Jahr später bereits bei den großen ATP-Finals in London gewinnen konnte. Sinner hat jedenfalls angekündigt im kommenden Jahr seinen Titel verteidigen zu wollen, wer weiß ob er nicht schon bald bei den großen Finals aufschlagen wird.

Eine Verschnaufpause gab es für Sinner nach seinem riesen Erfolg in Mailand nicht. Vergangene Woche trat er bei seinem Heimturnier in St. Ulrich auf, wo er im vergangenen Jahr seinen ersten Sieg auf Challenger-Ebene einfahren konnte. Am Dienstag gab es für Sinner an der Seite von seinem Trainingspartner und gutem Freund, dem erst 15 Jahre alten Lorenzo Ferri, eine Auftaktniederlage im Doppel. Dafür war Landeshauptmann Arno Kompatscher beim Spiel anwesend und hatte trotz der Niederlage sichtlich Freude mit der südtiroler Tennishoffnung. In 21 Austragungen des Hallenturniers war es übrigens zum ersten Mal der Fall, dass ein Landeshauptmann in Gröden vor Ort war, zusammen mit Sinner stellte er sich den Fragen der Reporter bei der Pressekonferenz. Am Mittwoch gab es dann den ersehnten Einzelauftritt Sinners. Um es rund 400 Sinner-Fans zu ermöglichen, ihren Star in Aktion zu sehen, wurde extra eine zusätzliche Tribüne aufgebaut. Dennoch reichte das Kontingent der Halle bei Weitem nicht aus, im Vorfeld erhielt die Turnierleitung über 3.000 Ticket-Anfragen für das Erstrundenmatch. Und Sinner lieferte auch vor Heimpublikum eine Show ab, zwar war sein Spiel teilweise nicht mehr ganz auf dem Niveau der Vorwoche, doch auch dank seines starken Aufschlages marschierte er ohne Satzverlust ins Finale. Dort hatte er am Sonntag gegen die Nummer 173 der Welt, den Österreicher Sebastian Ofner leichtes Spiel und setzte sich nach nur einer Stunde mit 6:2 und 6:4 durch. Für seinen dritten Challenger-Titel, nach Bergamo und Lexington, kassierte Sinner ein Preisgeld von 6.190 Euro. Damit wuchs diese Statistik des 18-Jährigen auf satte 793.310 US-Dollar an. Noch viel wichtiger sind aber die 80 Weltranglistenpunkte, die er für den Turniersieg in Gröden gutgeschrieben bekommen hat, damit verbesserte er sich im Ranking auf Position 78 und steht definitiv für die Australian-Open im Hauptfeld, brauch also keine Qualifikation mehr spielen. Nun legt Sinner erst einmal einen wohlverdienten Urlaub zuhause ein und will die kommenden Wochen auch dazu nützten, um die Führerscheinprüfung abzulegen. Im Januar beginnt seine Saison in Australien, dort will Sinner wieder voll angreifen und seinen ambitionierten Zielen ein Stück näher kommen.
(MT)