Einem alten Brauch zufolge kann in der Weihnachtszeit in jedem Haus die Krippe besucht werden. Dass auch in jedem Haus eine Krippe zu finden ist, dafür sorgen die Krippenfreunde Südtirols. Im Bezirk Bruneck/Pustertal, dem größten Bezirk Südtirols, sorgen die zehn Ortsgruppen mit über 500 Mitgliedern dafür, dass der Krippenbau nicht ausstirbt.
Einer, der beim Reden über Krippen ins Schwärmen gerät, ist Renato Valle aus St. Martin bei St. Lorenzen. Seit über 25 Jahren baut Valle selbst Krippen ist mittlerweile einer der insgesamt drei Krippenbaumeister im Pustertal und gibt sein Wissen in Krippenbaukursen auch an andere weiter. In seinem privaten Museum in St. Martin hat der Krippenbaumeister an die 100 Krippen in unterschiedlichen Größen und aus aller Welt beheimatet. Kastenkrippen, hängende Krippen und auch einige Exoten wie Krippen aus Madagaskar, Mexiko und Kolumbien können bestaunt werden. Viele Krippen hat Renato Valle geschenkt bekommen und viele hat er selbst gebaut. In Südtirol würden vorwiegend Weihnachtskrippen und Passionskrippen gebaut, aber das gesamte religiöse Geschehen könnte in Krippen dargestellt werden, verrät der Krippenbaumeister. Von der Unbefleckte Empfängnis, über die Herbergssuche, zur Geburt Christi, dem Zug der Heiligen Drei Könige bis zur Flucht nach Ägypten, zu all diese Szenen und andere mehr, hat Renato Valle Beispiele von Krippen in seinem Museum stehen. „Auch die Passionsgeschichte oder die Fußwaschung kann eine Krippe sein. In Südtirol werden vor allem die Passionskrippen oder Weihnachtskrippen gebaut, in Italien ist man hingegen schon sehr viel weiter, da sind auch andere Krippen keine Seltenheit. Die originale Krippe ist die orientalische Krippe und der nachweislich älteste Krippenverein der Welt ist der ‘Weihnachtskrippe-Gesellschaftsverein Wenns‘, der im Jahr 1860 in Osttirol gegründet wurde“, erzählte der Krippenexperte.
Ein Meister im Krippenbau
Die Ausbildung zum Krippenbaumeister war ein langer Weg, sagte Renato Valle. Angefangen habe alles im Jahre 1986 „da habe ich meine erste Krippe gebaut, da hatte ich noch keine eigene Werkstatt“, erzählte Renato Valle. Der Entschluss den Krippenbaumeister zu erlangen folgte dann einige Jahre später. „1998 kam der Entschluss in Lienz die Ausbildung zum Krippenbaumeister zu absolvieren. Vier Jahre lang belegte ich Kurse und baute in der Zwischenzeit Krippen, die ebenfalls zur Ausbildung dazugehören, dann ist man Krippenbaumeister“, berichtete Renato Valle. Anhand der Kurse, die Renato Valle seit Jahren abhält, kann er einen leichten Rückgang beim Krippenbau beobachten, was sehr schade sei. „Beim Krippenbaukurs, der heuer in Montal abgehalten wurde, waren diesmal nur fünf Teilnehmer mit dabei“, berichtete Renato Valle auf. Andere Jahre zählte Valle doppelt so viele Teilnehmer. Als Obmann der Krippenfreunde St. Lorenzen/Montal und seit 2016 auch Obmann der Krippenfreunde des Bezirkes Bruneck/Pustertal sowie Vorstandsmitglied der Südtiroler Krippenfreunde ist es ihm ein Anliegen das Krippenbauen nicht nur an Erwachsene, sondern auch an die Kinder weiterzugeben. „Sie sind unsere Zukunft. In jedem Haus soll eine Krippe sein“, sagte Valle. Was ihn am Krippenbauen fasziniert, kann der Krippenbaumeister kaum in Worte fassen. Einerseits sei es die Freude und das Interesse am Bauen selbst, aber auch der religiöse Hintergrund sei ausschlaggebend für sein Schaffen. In einer selbst gebauten Krippe finde sich selbst Charakter und Leben des Erbauers wieder, schwärmt der Meister.
Krippen selbst bauen
„Wo soll die Krippe aufgestellt werden, wie groß soll sie werden und welche Figuren kommen rein“, fragt Renato Valle seine Kursteilnehmer, wenn sie zum ersten Vorgespräch zum Krippenbaukurs antreten. Dies seien die wichtigsten Fragen, wenn man eine Krippe bauen möchte. Der Rat des Krippenbaumeister lautet: „zuerst die Figur, damit man weiß wie groß gebaut werden soll! Heutige Wohnungen verfügen nicht mehr über genügend Platz. Man muss bedenken, dass die Krippe auch die restlichen elf Monate irgendwo stehen muss“. Auch die Art der Krippe soll zuerst geklärt werden: Soll es eine Tiroler Krippe, eine Kastenkrippe, eine Hängekrippe oder eine orientalische Krippe sein. Eine Krippe kann auch nach einer Vorlage wie zum Beispiel einem Foto oder Bild nachgebaut werden. Was der Experte dabei allerdings anmerkt ist, dass jede Krippe dennoch individuell bleibt, auch jene, die nachgebaut wird, denn diese exakt nachzubauen sei unmöglich. Anschließend gehe es an die Grundplatte und die Stufen der Krippe. „Wichtig ist heute, dass die Krippe vom Gewicht her leicht ist, deshalb verwendet man Styrodur, Kork oder Lärchenrinden zum Bauen, früher wurde meist mit Gips, Jutesäcke, Draht usw. gebaut.“ Die Krippe soll von einer Person transportiert werden können, rät Valle. Die Gebäude, Ställe usw. der Krippe werden anschließend mit Krippenmörtel verputzt. „Früher wurde Kreidegrund und heute wird Röfix verwendet, das ist feiner in der Verarbeitung und trocknet schneller“. Dann folgen die Holzteile, das Dach usw. und anschließend die Außengestaltung, das Gelände. „Jeder Kursleiter hat seine eigenen Methoden, das Gelände kann auch vor der Krippe entstehen“, verrät Valle. Auch die Stundenanzahl variiert von Krippe zu Krippe. Abschließend werden Zäune, Bäume, Bäche, Wege usw. gebaut, ev. ein Hintergrund gemalt und zum Schluss kommen die Figuren dazu. Diese können aus unterschiedlichsten Materialien geformt, geschnitzt, genäht oder geflochten werden. Die Beleuchtung ist für den Baumeister ebenfalls sehr wichtig. In Südtirol ist Renato Valle einer der wenigen Experten auf dem Gebiet der Krippenbeleuchtung. Dazu bildet sich der Krippenbaumeister auch laufend mit Elektrokursen fort. „Generell kann man sagen, dass früher die Krippen größer waren als heute.“ Die Kurse für den Krippenbau beginnen Anfang Oktober und dauern bis Ende November. Acht Wochen lang treffen sich die Teilnehmer dreimal in der Woche am Abend zum Krippenbau. (TL)
Der Obmann des Verbandes der Krippenfreunde Südtirols Hochwürden Michael Horrer mit dem Puschtra im Interview:
Seit wann gibt es den Verband der Krippenfreunde Südtirols?
Michael Horrer: Der Verband der Krippenfreunde Südtirols ist im September 1979 gegründet worden und feiert heuer sein 40-jähriges Bestehen. Menschen haben sich zusammengeschlossen und wollten, wie auch in Österreich, vor allem in Tirol, in Südtirol einen Verband gründen. Heute sind es 30 Ortsgruppen und 1.200 Mitglieder, die das Krippenwesen im Land weiterbringen.
Welches vordergründige Ziel verfolgt der Verband?
Das Ziel ist die Krippentradition aufrecht zu erhalten und in jedes Haus eine Krippe hinzubringen. Vor allem das Verständnis für eine Krippe, den religiösen, traditionellen und kulturellen Aspekt in die Familien zu bringen und auch im ganzen Land für jene, die Interesse haben, Krippenbaukurse anzubieten.
Die Krippenfreunde feiern heuer das 40-jährige Jubiläum. Wie wird diese Feier begangen?
Wir haben mit der ersten Verbandstags-Sitzung im Jänner 2019 mit dem Jubiläum begonnen. Ein wichtiges Ereignis war die 14. Alpenländische Krippenwallfahrt am 7. September in Neustift bei Brixen, wo Krippenfreunde des deutschsprachigen Raumes zusammengekommen sind. Wir haben einen Gottesdienst mit dem Bischof gefeiert und es fand eine Ausstellung in der Engelsburg und ein gemütliches Beisammensein statt. Der Abschluss des Jubiläums wird dann der 40ste Verbandstag im Februar 2020 in Bozen sein. Im Jubiläumsjahr erscheint auch unsere Zeitschrift “Der Südtiroler Krippenfreund“ zweimal.
Vom 15. bis zum 19. Januar 2020 findet der 21. Weltkrippenkongress in der Euregio Maas-Rhein, Aachen statt. Wird der Verband der Krippenfreunde Südtirols auch dabei sein?
Der Verein hatte eine Busfahrt organisiert, aber leider musste diese abgesagt werden, da sich zu wenig Teilnehmer gemeldet haben. Ich werde persönlich nicht daran teilnehmen, aber ich denke, dass sich sicher einige Krippenfreunde in Eigeninitiative zusammentun und den Kongress besuchen werden.
Welche Botschaft geht von so einem Kongress aus?
Es kommen natürlich alle Krippenfreunde der ganzen Welt zusammen. Man tauscht sich vor allem über die Botschaft, die eine Krippe hat, aus. Zudem stehen im nächsten Jahr die Wahl des Vorsitzenden und des Vorstandes an, das ist sicher auch ein Schwerpunkt des Kongresses. Dann natürlich der gegenseitige Austausch, wie man Krippen baut, welchen Sinn eine Krippe hat usw. es geht um künstlerische und handwerkliche Fragen und Informationen.
Welche Faszination löst eine Krippe bei Ihnen aus?
Bei mir löst eine Krippe immer Staunen aus. Ich kann stundenlang Krippen anschauen und baue auch welche, wenn ich Zeit habe. Ich bin gerade in den Vorbereitungen zu meiner Krippe, die ich wieder erweitere. Wenn ich eine Krippe bestaune, kommen Fragen auf: Was hat sich ein Krippenbauer dabei gedacht? welche Figuren kommen hinein und was wollen diese ausdrücken? Welche Gefühle sind in den Figuren?
(TL)
Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.