Das Messingwerk – der erste Brunecker Großbetrieb

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Das Messingwerk – der erste Brunecker Großbetrieb

Teil 2 – Das Brunecker Messingwerk wird heute genauer unter die Lupe genommen, ebenso wie der weitere Verlauf und Entwicklung besagten Werkes war.

 

Das Messingwerk der erste Brunecker Grossbetrieb
Hans Freiherr von Wolkenstein war der erste Gewerke aus der Familie Wolkenstein, der zusammen mit dem Ritter Simon Botsch im Kupferbergwerk von Prettau Gewerke wurde. Botsch besaß damals bereits Anteile am Eisenbergwerk von Primör. Er war mit Sybille, einer Schwester Karls von Welsperg, verheiratet. Susanne, die andere Schwester des Welspergers, war die Frau Veits von Wolkenstein.
Der Augsburger Kupferhändler Hieronymus Kraffter hatte Mitte der 40-er Jahre des 16. Jahrhunderts begonnen, das Tauferer (Prettauer) Kupfer aufzukaufen und hatte dann Bergwerksanteile in Prettau erworben, war also Gewerke geworden. 1555 hat er dann in Bruneck ein Messingwerk errichtet, um dort sein eigenes Kupfer und das seiner Mitgewerken zu Messing verarbeiten zu können. Nach 1560 kam der schnelle Abstieg der Kraffter, sie musssten ihre Zahlungen einstellen, die Passiva wurden mit 19.600 Florin angegeben.Etwa zehn Jahre später suchte Christoph von Wolkenstein um die Erlaubnis an, in der Herrschaft Lienz eine Messinghütte erbauen zu dürfen. Er bekam sie gegen die Verpflichtung, für jeden von Taufers nach Lienz beförderten Zentner Kupfer einen Gulden Zoll zu zahlen. Diese Bedingung stellte man mit Rücksicht auf die anderen Messinggewerken in Tirol, die ihr Kupfer von weither führen mussten. Ein Grund für die positive Genehmigung dieses Ansuchens war auch die Nähe Italiens, das als verlässlicher Messingimporteur galt. Die meisten Messinghüttenunternehmer stammten um die Mitte des 16. Jahrhunderts außer den Wolkensteinern alle aus Augsburg. Da waren Hieronymus Kraffter mit seiner Hütte in Bruneck, die Brüder Hag mit ihrer Hütte in Pflach bei Reute im Gericht Ernberg (1513 von den Höchstettern erbaut) und die Kezer in Persen. Kraffter und die Hag mussten das Kupfer von Rattenberg, Schwaz und Kitzbühel anliefern, die Kezer bekamen es vom Bergwerk in Persen.
Aufschwung unter den Wolkenstein-Rodenegg
Es gelang den Gewerken aus der Familie Wolkenstein-Rodenegg die Krise, in die das Kupferbergwerk von Prettau um die Mitte des 17. Jahrhunderts geschlittert war, zu überwinden. Es gab große Schwierigkeiten zu überwinden und erforderte beträchtliche finanzielle Opfer. 1572 klagte die landesfürstliche Kammer zu Innsbruck, in Prettau sei der Wechsel (= Abgabe an Landesfürsten, dafür konnte der Gewerke das Kupfer frei verkaufen) von 4.000 auf 1.500 Gulden im Jahr zurückgegangen, am Falkenstein in Schwaz von 21.000 auf 7.000 Gulden und das Bergwerk in Kitzbühel trage gar nichts mehr. Aber nur fünf Jahre später meldete die Kammer schon Erfreulicheres an den Hof. Jetzt brachte das Werk in Prettau wieder über 4.000 Gulden im Jahr ein. Dass das gelang, war Investitionen zu verdanken, die notwendig waren und sich dann auch rentierten. So wurde im Jahre 1573 ein neuer Pocher gebaut, der 726 Gulden 24 Kreuzer 2 Vierer Kosten verursachte. Auch der ständige auf die Zukunft hin gerichtete Ausbau der Gruben erforderte enorme Geldmittel. Die landesfürstliche Kammer war aber immer bereit, den Ausbau mit Hilfgeld zu fördern. Es gab nach 1575 kaum ein Jahr, in dem Christoph von Wolkenstein-Rodenegg nicht 1.000 Gulden Hilfgeld bekam. Ein wichtiges Ereignis in der Zeit der Gewerkherrschaft Christophs von Wolkenstein-Rodenegg und seines Bruders Sigmund war das Fündigwerden des St.-Christoph-Firstenbaustollens nach zwanzigjährigem Suchen im Jahre 1605. Aber die Gewerken verlegten sich keineswegs nur auf die Ausbeutung dieser ergiebigen Grube. Schon 1611 wurde eine neue Grube, der Nikolaus-Herrenbaustollen, angefahren, an dem dann mit geringen Unterbrechungen bis zum Ende des 17. Jahrhunderts gegraben wurde. Als er 1698 auf Erz stieß, war er 543 3/8 Klafter lang (1 Prettauer Bergklafter = 1,77 m).

Kupfergeschäfte des Hieronymus Kraffter
Der erste Partner des Hieronymus Kraffter im Kupfergeschäft war Karl von Welsperg im Jahre 1546. Kraffter hatte von Welsperg Kupfer gekauft und suchte nun um einen Frei- und Geleitbrief an, um es nach Bologna verführen zu können. Das Kupfer lag in Bruneck. Im Jahr darauf kaufte Kraffter insgesamt 615 Zentner Tauferer Kupfer um 9 Gulden 15 Kreuzer den Zentner. 448 Zentner stammten von den Anteilen Welspergs und 167 Zentner von denen des Bischofs von Brixen und Gabriel Mors. Rechnet man zu diesem an Kraffter abgetretenen Kupfer die 400 Zentner dazu, die jedes Jahr ans Zeughaus nach Innsbruck abgeliefert werden mussten, ergibt sich für das Jahr 1547 eine Gesamtkupferproduktion von 1.015 Wiener Zentnern. Man gewann um die Mitte des 16. Jahrhunderts aus 17 bis 18 Kübeln Erz einen Wiener Zentner Kupfer, was eine Jahresproduktion von gut 1.000 Zentnern ergab. Wie die Geschäfte zwischen den Tauferer Gewerken und der landesfürstlichen Kammer liefen, zeigt folgendes Beispiel: Im Jahre 1548 arbeitete die landesfürstliche Kammer einen Vertrag aus, der vom Hofe gutgeheißen wurde. Danach sollte Karl von Welsperg 12.000 Gulden als Darlehen zur Verfügung stellen, dafür sollte er 6.000 Zentner Kupfer frei verkaufen und verführen dürfen. Das Wechselgeld von 2 Gulden pro Zentner sollte er zur Tilgung des Darlehens behalten dürfen. Jedes Jahr mussten mindestens 400 Gulden in den Ausbau der Gruben und in das Anlegen neuer Gruben investiert, die Hüttwerke weiter heraus gegen Luttach gerückt und in Weißenbach eine Hütte errichtet werden. Der Vertragsentwurf wurde bei Hofe angenommen, nicht aber vom Gewerken Karl von Welsperg. Ein zweiter Vertragsentwurf sah dann kein Darlehen mehr vor, wurde aber vom Gewerken wieder nicht angenommen. Hieronymus Kraffter behauptete, bis 1551 am Lueg (= Brenner) für Tauferer Kupfer keinen Zoll gezahlt zu haben und beschwerte sich, dass der Zolleinnehmer nun plötzlich Zoll verlange. Aber die Kammer bestätigte den Zoll und Kraffter musste zahlen. Die Gewerken hatten sich in den Verhandlungen immer wieder für die Herabsetzung des im ersten Vertrag von 1543 festgesetzten Wechselgeldes eingesetzt. Der Grund dafür dürfte in der damals sich vollziehenden Kupferteuerung gelegen haben. 1547 zahlte Kraffter für den Zentner Kupfer 9 Gulden 15 Kreuzer, 1555 kostete der Zentner Schwazer Kupfer, das allerdings meist etwas teurer war als Tauferer Kupfer, 12 bis 13 Gulden. Die jährliche Produktionsquote an Tauferer Kupfer lag um die Mitte des 16. Jahrhunderts bei 1.500 Zentnern. In etwa zur gleichen Zeit, als Kraffter sich um Tauferer Kupfer bemühte, tat der Nürnberger Kupferhändler Dr. Georg Kanndler ein Gleiches. Er wollte sich über den Prettauer Alleingewerken Karl von Welsperg das Tauferer Kupfer sichern. Darüber entstand ein Streit mit der Stadt Nürnberg, die sich für ihren Bürger einsetzte. Eine Nebenrolle in diesem Streit spielte auch der Innsbrucker Geschützgießer Gregor Löffler, den aber die landesfürstliche Kammer mit Rattenberger Kupfer abfand, von dem man behauptete, es sei besser und teurer als Tauferer Kupfer.
Obwohl das Kupferbergwerk von Prettau um die Mitte des 17. Jahrhunderts in einer beinahe ausweglosen Krise war, gelang unter neuen Gewerkherren nach 1676 eine Konsolidierung des Betriebes, die den Weiterbestand bis an das Ende des 19. Jahrhunderts sicherte (1893). (RT)