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Adel Bürgertum im alten Bruneck

Städte waren im Allgemeinen etwas Bürgerliches. Ihre Gründer waren zwar meist dem Adel zuzurechnen, aber die soziale Schicht, welche die Stadt beherrschte, war das Bürgertum. Wenn sich Adelige in der Stadt niederließen, geschah das meist in einer gewissen Distanz zu den Häusern der Bürger. In Bruneck ist das heute noch sichtbar, wenn man etwa die Lage des Palais Sternbach oder jene der Ansitze Ragenhaus, Vintler, Teisegg und Ansiedl – alle in Oberragen gelegen – betrachtet.

Steuer zahlen oder nicht?

Wesentlicher als die etwas abgehobene Lage der adeligen Behausungen war aber die Tatsache, dass sie steuerfrei waren, während die Bürger ihre Häuser versteuern mussten. Natürlich wurde dies als Ungerechtigkeit gesehen, vor allem, als im Laufe der Zeit immer mehr bürgerliche Häuser an Adelige verkauft wurden, für die nach dem Kauf keine Steuer mehr gezahlt werden musste, während ihre ehemals bürgerlichen Besitzer diesbezüglich sehr wohl zur Kasse gebeten worden waren. Das führte vor allem in der Zeit des 30jährigen Krieges zu einer sich immer mehr zuspitzenden Entfremdung zwischen Bürgertum und Adel in der Stadt, die in eine durch Tätlichkeiten genährte permanente Feindschaft auszuarten drohte, als im Jahre 1626 der Adel beantragte, für die im Adelsbesitz befindlichen ehemaligen bürgerlichen Häuser keine Steuer mehr zu zahlen. Diesbezüglich verhinderte Fürstbischof Wilhelm von Welsperg einiges, der sich fast während seines gesamten Episkopates (1628-1643) in Bruneck aufhielt, wo sein Vater Christoph Stadthauptmann war. Die Zeit war wirtschaftlich insofern schwierig, als z. B. 1626 der Landtag beschloss, wegen des Krieges doppelte Steuer einzuheben, was dann mehrere Male geschah. Die adelige Forderung nach Steuerfreiheit fiel also in einen sehr ungünstigen Moment.

Der Fall des Stadtrichters Carl von Paugger zu Verguz
Im Jahre 1642 begannen die über Jahre sich hinziehenden Misshelligkeiten zwischen der Bürgerschaft und dem Adel von Bruneck, die einmal sogar in einen offenen Kampf auszuarten drohten. Den Anfang machte der fürstliche Stadtrichter Carl von Paugger. Es ging um die Schließung der Stadttore, derentwegen sich Georg Semblrockh, Bürgermeister und Ratsherr zu Bruneck, sowie der genannte Stadtrichter und der Geschäftsmann Andrä Dorn beinahe in die Haare gerieten. Als Wächter und Verwahrer der Stadtschlüssel war der Inwohner und Meister des Schmiedehandwerkes Adam Crainer eingeteilt. Als der den Wachdienst antreten wollte, kam der Stadtrichter und entließ den zweiten Wächter, den Sohn des Oberbaders Peter Obermayr, und verlangte, dass dessen Vater den Wachdienst übernehme solle. Andrä Dorn, der während der Pestzeit Bürgermeister von Bruneck gewesen war, schickte seinen Knecht auf die Wacht, aber auch ihn wollte der Stadtrichter als Wächter zunächst nicht einstellen, verlangte dann aber doch, dass er den Dienst antrete. Danach wurden das mittlere und das oberste Tor geschlossen, aber der Bürgermeister, der außerhalb der Stadt wohnte, wollte noch nach Hause gehen. Der Stadtrichter behauptete aber, es seien zu wenig Wächter zur Verfügung, worauf der Bürgermeister sagte, er solle sich nicht kümmern, um Wächter wolle er sich schon umschauen. Als der Ratsdiener der Stadt die Stadttore verschlossen und die Schlüssel dem Wächter Adam Crainer übergeben hatte, „wie das gebreichig und von alters Herkommen“, forderte der Stadtrichter von diesem die Schlüssel, weil nur er die Leute einzulassen berechtigt sei. Er nahm sie mit ins Gerichthaus in der mittleren Stadtgasse, das einmal Tratter´sches Haus geheißen hatte und etwa von da an Neuhauser´sches Haus hieß, und legte sie dort „in der Laben“ auf den Tisch. Er sagte, wenn jemand zum Tor komme und hinaus oder herein wolle, könne er die Schlüssel verlangen und dort abholen. Als dann aber der Rotgerber Ulrich Ölackerer kam samt seinem Weibe und heim ins Oberdorf wollte und die Schlüssel begehrte, antwortete ihm der Stadtrichter, er müsse wissen, wann er heim zu gehen habe, er gebe die Schlüssel nicht mehr her. Als die Ölackererin sehr stark zu bitten begann und sagte, sie habe ein kleines Kind zu Hause, gab der Stadtrichter die Schlüssel dann schließlich doch her und ließ die zwei Personen hinaus. Als ein Wächter die Schlüssel wieder zustellte, wie der Stadtrichter befohlen hatte, kam der Ladenjunge des Andrä Dorn und sagte, ihn schicke sein Herr, das Tor solle nochmals geöffnet werden, weil zwei Bozner Herren, und zwar Christoph Trohofer und Christoph Caltenhauser, Lederschläuche zum Steirer (Gasthaus und Poststation) schicken und dort deponieren möchten. Aber der Stadtrichter sagte, wenn es um nichts anderes gehe als um Lederschläuche, um sogenannte „Pulgen“, gebe er keinen Schlüssel aus der Hand. Daraufhin begann man an allen Haustüren zu klopfen, wo man glaubte, an einen Schlüssel zu kommen, vor allem Andrä Dorn, der frühere Bürgermeister, bewies einige Hartnäckigkeit, bis man ihm schließlich aus einem Fenster des Stadtrichter-Hauses einen Nachttopf voll „Kammerlauge“ über den Schädel goss, worauf der Stadtrichter ins Fenster kam und Dorn einen Narren nannte. Andrä Dorn kam dann sein Bruder Daniel zu Hilfe, was aber nichts brachte. Erst als man einen Schlosser holte, gelang es, das Stadttor zu öffnen. Daraufhin erschienen Stadtrichter und Gerichtsdiener auf dem Plan und führten den Schlosser ab. Der Andrä Dorn könne, so sagte der Stadtrichter, klopfen so viel er wolle, er werde das Tor nicht öffnen. Das Ganze gipfelte darin, dass der Stadtrichter zweimal mit einer Hellebarde auf den Andrä Dorn einstach, worauf dieser in aufforderte noch ein Drittel Mal zuzustechen. Damit war die Sache zwischen dem adeligen Stadtrichter und dem Bürgern um Andrä Dorn noch nicht zu Ende. Als Bischof Wilhelm von Welsperg 1661 starb, wurde die ganze Sache noch einmal aufgewärmt und ein Bericht mit dem langen Sünderegister des Stadtrichters nach Brixen gesandt, wo dieser allerdings kaum etwas bewirkte. Dem Bischof lag nichts daran, sich von den Bürgern von Bruneck sagen zu lassen, wen er als Stadtrichter einzusetzen hatte. Also lagen beim nächsten Laurenzimarkt die Stadtschlüssel wieder beim Stadtrichter, so wie das immer gewesen war. die Partie Adel gegen Bürger ging damals 1:0 für den Adel aus. (RT)