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Die Kirche in Ehrenburg

Ehrenburg – Auf dem Kirchhügel hoch über Ehrenburg thront die weitum sichtbare Dorfkirche. Besonders deren Gruftkapelle zur Kornmutter erlangt durch den jährlichen Ahrner Bittgang vor Christi Himmelfahrt große Bedeutung.

Die Probsteikirche ist der Himmelfahrt Mariä geweiht und im Jahre 1370 von Stefan Künigl (1340-1411) erbaut worden, der gotische Kirchturm zeugt davon. Wie so oft im Mittelalter, wurde der Kirchenbau nach Osten gerichtet. Der Aufgang der Sonne gilt als Symbol für Christus als Erlöser, der das Licht des Glaubens bringt.
Die Kirche wurde in der Barockzeit erneuert, die Bauzeit ist von 1698 bis 1701 dokumentiert. Das Gnadenbild der Muttergottes schuf I. A. Mölck im Jahre 1755; herrliche Fresken schmücken die Kirchendecke. Das historische Ensemble ist umrahmt von Schloss Ehrenburg, dessen Geschichte ins 12. Jahrhundert reicht und ursprünglich als Arbenburg bezeichnet wird. Der Name ist dem bajuwarischen Geschlecht der Aribonen zuzuweisen, deren hohe Zeit von 850 bis 1100 erblühte. Den abgeleiteten Namen Ehrenburg trägt heute das Dorf, die Pfarrkirche und das Schloss.

Bereits vor 650 Jahren soll die Kirche in Ehrenburg als Wallfahrtsort besucht worden sein; die Votivtafel erinnert daran.

Die Gruftkapelle zur Kornmutter
In der Gruftkapelle der Kirche befindet sich das Gnadenbild Marias als Kornmutter. Der Schriftsteller Josef Georg Oberkofler (1889-1962) erzählt, dass der Ursprung die Statue einer Kornmutter im Ahrntal sei. Man habe sie in einer immergrünen Esche am Gföllberg gefunden und daraufhin eine Kapelle errichtet, welche zu einer Pilgerstätte wurde. Ein Unwetter zerstörte die Kapelle, das Ebenbild der Kornmutter blieb verschwunden. Viele Jahre später fand man die Statue in Ehrenburg in einem mit Erlen bewachsenen Aubereich wieder. Sie ist von der Ahr und der Rienz bis nach Ehrenburg geschwemmt worden, woraus man schloss, dass die Kornmutter in Ehrenburg ihren Sitz haben wolle. Seitdem ist den Ahrnern der jährliche Bittgang zu ihr zum Gebot.

Der Ahrner Bittgang
Die Wallfahrt der Ahrntaler von Prettau nach Ehrenburg und zurück zählt zu den ältesten Bittgängen in Südtirol. Sie ist im Jahr 1599 dokumentiert, reicht wahrscheinlich aber bis ins 14. Jahrhundert zurück. Dabei betete man für eine gute Ernte, manch Pilger will ebenso körperliche Genesung erlangt haben.
Der Bittgang findet immer am Freitag und Samstag vor Christi Himmelfahrt statt. Aufbruch ist bei der Kirche in Prettau, und zwar um Mitternacht von Donnerstag auf Freitag. Der Prozession wird das legendäre, durchschossene Kreuz von Hl. Geist in Kasern vorangetragen. Talauswärts erreicht man St. Peter und steigt zur Dorfkirche auf, von wo eine kleine Fahne mit Heiligenbildnissen des Malers Johann Baptist Oberkofler (1895-1969), mitgetragen wird. Der Bittgang führt weiter nach St. Jakob, Steinhaus und erreicht gegen 4 Uhr St. Johann, hier wird für die Pilger eine Messe abgehalten. Nach einem gemeinsamen Frühstück zieht die Prozession weiter und tritt gegen 6 Uhr in die Pfarrkirche zum hl. Sebastian von Luttach ein. Während des Bittgangs wird gebetet und in den Dorfbereichen das Lied „Wir ziehen zur Mutter der Gnaden“ feierlich gesungen. Dem Menschenzug gesellen sich in jedem Dorf weitere Pilger hinzu und er erreicht bald eine beträchtliche Länge mit über hundert Männern.
Fast in allen Kirchen entlang des Weges wird zu einer Andacht eingekehrt. In Gais erfolgt wiederum eine kleine Stärkung und ebenso in Bruneck. In der Kreuzkirche in Bruneck gedenkt man zudem der verstorbenen Bittgänger. Die Prozession zieht weiter, bis man schließlich gegen 17 Uhr Ehrenburg erreicht; rund 60 Kilometer und 17 Stunden Gehzeit haben die Pilger in den Beinen.

Der Altar mit der Madonna mit Jesukind überstrahlt das Dunkel der schlichten Gruftkapelle und lädt zum Verweilen ein.

Nur Männern vorbehalten
Die Strapaze hat früher manchen gottesfürchtigen Pilger aber nicht davon abgehalten, am Abend in Ehrenburg noch tüchtig zu feiern. Hierbei kam es immer wieder zu „sündhaften Ausschreitungen“ auch im Zusammenhang mit Frauen, weshalb eine kirchliche Verordnung erlassen wurde, dass am Bittgang nur mehr Männer teilnehmen dürfen; dies gilt bis zum heutigen Tag.
Am Samstag in der Früh tritt nach einer Messe in der Kirche zu Ehrenburg die Prozession wieder ihren Rückweg an, wobei genauso in den Kirchen am Weg eingekehrt wird. Gegen 13 Uhr wird bei der Kapelle Schlosskreuz unterhalb der Burg in Sand in Taufers traditionell der Engel des Herrn angestimmt. Daraufhin zieht der Menschenzug weiter taleinwärts und mit müden Beinen und mancher Blase am Fuß haben am späten Abend die letzten Bittgänger ihren Ausgangspunkt erreicht.
1975 sind aus der Ehrenburger Kircher wertvolle Kunstgegenstände geraubt worden wie Darstellungen der Kornmutter, der Schmerzensmutter oder ein Votivbild aus der Türkenschlacht bei Belgrad. 1979 wurde eine Nachbildung der Kornmutter erstellt, ein Werk aus der Schnitzschule St. Jakob in Ahrn.
In der Gruftkapelle hängt auch ein Votivbild, das an die Wallfahrt zur Kornmutter in Ehrenburg von 1370 bis 1970 erinnert und zum 600. Jubiläum von Ahrntalern gestiftet wurde. Die Inschrift lautet: „Dieses Votiv als Dank vieler Jahrhunderte für die großen Erhörungen in allen Nöten und Anliegen der Zeiten von den Ahrnern gewidmet. Die Muttergottes wird weiterhin helfen so lang wir zu Ihr die Zuflucht nehmen und Ihr die Treue halten.“

Das Peststöckl

Als Erinnerung an die Pest um 1440 soll dieses Denkmal unterhalb der Kirche errichtet worden sein. Ob jetzt im Lande auch Mahnmale an Corona entstehen werden?

Unmittelbar unter der Kirche in Ehrenburg steht ein interessantes Denkmal, das Peststöckl. Deren Bedeutung wird folgendermaßen beschrieben: „Das Peststöckl steht möglicherweise im Zusammenhang mit Castor Künigl zu Terenten, der im Jahre 1440 auf dem ihm gehörenden Gehöft Gassen Hube an der Pest gestorben war. Er war dorthin geflüchtet, als in Ehrenburg und in der näheren Umgebung diese Seuche ausgebrochen war. In den flachen Nischen des Aufsatzes sind übermalte Fresken aus der Mitte des 16. Jhs. zu sehen. Sie stellen eine Kreuzigungsgruppe, Maria mit dem Jesuskind, Jesus am Ölberg und die Dornenkrönung dar. Die Rötel-Inschrift von 1616 lässt jedenfalls darauf schließen, dass das Stöckl bereits vorher entstanden ist. Im Jahre 2021 restaurierte die Schützenkompanie Ehrenburg unter Hauptmann Juri Oberlechner in Zusammenarbeit mit Pfarrer Michael Bachmann das Ehrenburger Peststöckl.“ (IB)