„Prinzipien sind keine Prinzipien, wenn man sie auswählt und wählt, wann man sie befolgt.“ (aus der Serie The Good Place).
„Meine Zeugung verlief nicht bei Kerzenschein und Kuschelmusik, sondern in einer sterilen Umgebung durch eine Biologin. Ich bin das Ergebnis einer künstlichen Befruchtung“, schrieb Nora Nicolussi Moz kürzlich in einem sozialen Medium. Ihre Offenheit macht die 20-Jährige so sympathisch – und zwar zu einem Thema, das für viele in Südtirol immer noch nicht leicht über die Lippen geht.
Frau Nicolussi Moz, warum war es für Sie ein Bedürfnis, das Thema In-vitro-Fertilisation anzusprechen?
Eigentlich habe ich darüber bereits vor zwei Jahren in der Schülerzeitung geschrieben, damals besuchte ich die 5. Klasse des Sprachengymnasiums in Bruneck. Anlass war, als im Religionsunterricht das Thema der In-vitro-Fertilisation zur Sprache kam und der Religionslehrer diesem ablehnend gegenüberstand. Das nervte mich und darüber wollte ich schreiben. Es war bei mir daheim nämlich nie ein Tabuthema, meine Eltern erklärten mir mit zehn Jahren den Sachverhalt und es war und ist für mich das Selbstverständlichste der Welt. Im Fall meiner Eltern hieß es, aller guter Dinge sind zehn, denn ich bin der zehnte Versuch, bis es klappte. Umso mehr befremdet es mich, dass Retortenbabys für viele etwas sind, über die man nicht offen spricht. In der Schule hatte ich auch keinen einzigen Genossen kennengelernt, dabei sitzt laut Statistik in jeder Klasse Südtirols ein durch künstliche Befruchtung gezeugter Schüler. Nur wissen es die meisten nicht, da es ihnen von ihren Eltern verheimlicht wird. Übrigens habe ich eine fünf Jahre jüngere Schwester, die auf „natürliche Weise“ zur Welt kam. (schmunzelt)
Sie studieren Medizin, war das Thema Anlass zu diesem Entschluss?
Nein. In der 4. Klasse zeichnete sich mein Entschluss für das Medizinstudium ab, da mich Krankheiten und Heilungsmethoden immer schon interessierten. Seit zwei Jahren studiere ich Medizin in Innsbruck und momentan ist mein Ziel, mich in Pädiatrie zu spezialisieren.
Sie erhielten auch den Gabriel-Grüner-Preis …
Ja, gemeinsam mit der Mitschülerin Verena Pfeifhofer. Unsere Deutschlehrerin animierte uns, am Reportage-Wettbewerb 2019 für den Schülerpreis teilzunehmen. Hierzu recherchierten wir zum Projekt „Hond in Hond“, wobei es darum ging, dass Oberschüler mit Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung oder mit Migrationshintergrund ihre Freizeit verbringen und Erfahrungen sammeln. Bewertet wurde die Reportage in Bezug auf Inhalt, Stil und Bilddokumentation. Es war eine langwierige Recherche und zog sich über mehrere Monate. Die Freude und Überraschung für uns, den Gabriel-Grüner-Preis zu erhalten, waren natürlich groß! Der Preis beinhaltete ein zehntägiges Praktikum beim Stern-Magazin in Hamburg. Wir durften bei der Wissenschaftsabteilung des Stern an Redaktionssitzungen teilnehmen und einige Recherchen betreiben, z. B. informierten wir uns undercover bei Tattoo-Studios über die Farben, die sie verwenden. Es ergab sich sogar, dass wir beim Musical „König der Löwen“ backstage Eindrücke erhielten. Die Zeit in Hamburg war volle cool!
Warum haben Sie das Schreiben nicht zum Beruf gemacht?
Schreiben ist meine Leidenschaft, das stimmt. Derzeit schreibe ich auch für die Uni-Studentenzeitung Medicus. Ich verfasste eine Rezension zum pathologischen Museum Wien, weiters schrieb ich über Catcalling, über das Anti-Homophobie-Gesetz „Legge Zan“, über einen Youtube-Kanal über Kinder mit Beeinträchtigung oder über Tipps für Uni-Praktika. Ich mag das Kreative am Schreiben und als schöne Abwechslung zu meinem Studium, als Berufsziel aber nicht.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Zur Entspannung lese ich gern Romane und schaue Serien im TV, generell eher leichte Kost. Auch spiele ich Gitarre. In Innsbruck bin ich oft mit meinen Kommilitonen unterwegs oder daheim mit meinem Freundeskreis. Früher kletterte ich auch, das geht sich zeitlich leider kaum mehr aus; zum Ausgleich gehe ich ins Fitnessstudio.
Wie würden Sie sich charakterisieren?
Ich bin offen und habe einen guten Umgang zu Mitmenschen, das zeichnet vielleicht auch meine Berufswahl aus. Weiters bin ich zielstrebig und immer neugierig auf Neues. Worin ich mich manchmal zügeln sollte, ist meine Redseligkeit, und an mir arbeiten muss ich außerdem an einer strukturierten Organisation meines Tagesablaufs, da ich manchmal etwas schusselig bin.
Was bereitet Ihnen besondere Freude im Leben?
Meine Familie und meine Freunde. Auch mein Studium, vor allem das Ziel, das ich vor Augen habe. Ich bin sehr motiviert und freue mich jetzt schon auf meinen Beruf.
Ihr Wunsch an die Fee?
Dass ich meine derzeitige große Zufriedenheit und Freude im Privatleben und Beruf behalten darf. (IB)
Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.