Der Lehrberuf – für viele der schönste Beruf überhaupt – scheint einiges an Attraktivität eingebüßt zu haben. Immer öfter kommt es auch im Pustertal vor, dass Lehrpersonen sogar während des Schuljahres das Handtuch werfen. Der Puschtra hat versucht, diesem Phänomen auf den Grund zu gehen.
Genaue Daten darüber, wie viele Lehrpersonen in diesem Schuljahr bereits gekündigt haben, gibt es derzeit leider keine, „weil die Verträge ganz unterschiedlich sind“, wird aus der Landesdirektion deutschsprachiger Grund-, Mittel- und Oberschulen mitgeteilt. Was aber tatsächlich der Fall sein dürfte, ist, dass in den vergangenen Jahren die Tendenz, dass Lehrpersonen in andere Berufe wechseln, merklich angestiegen ist. Für Sigrun Falkensteiner, die Landesschuldirektorin, ist das keineswegs verwunderlich. Sie sagt: „Studien zeigen, dass auf Ebene der EU beispielsweise nur 13 Prozent der Beschäftigten nie ihren Arbeitgeber ändern, 60 Prozent bis zu 5 mal, 9 Prozent bis zu 10 mal. Daher wird es wohl auch zunehmend „normaler“, dass Lehrpersonen sich im Laufe ihres Berufslebens ein anderes Betätigungsfeld suchen.“
Lohn und Aufstiegsmöglichkeiten
Spricht man mit betroffenen Lehrpersonen, die daran denken, dem Schulumfeld den Rücken zu kehren, hört man die Gründe deutlich heraus. Einerseits sei es der geringe Lohn, andererseits seien es die fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten und die geringe Wertschätzung, die dem Berufsbild der Lehrkraft einiges seiner Attraktivität entziehen. In den ersten zwei Punkten sieht auch die Landesdirektorin für deutschsprachige Grund-, Mittel- und Oberschulen ein Problem: „Die Gehälter der Lehrpersonen stagnieren bereits seit längerer Zeit und es gibt innerhalb der Berufskategorie kaum Möglichkeiten zum beruflichen Aufstieg und zur beruflichen Weiterentwicklung im Sinne einer Profilierung. Mehr Einsatz schlägt sich nicht unbedingt auf die Honorierung nieder.“ Tatsachen, die viele Lehrpersonen an einen Berufswechsel denken lassen.
Eine Oberschullehrkraft, die nach 20 Jahren Dienst in der Schule einen Wechsel anstrebt, bringt es auf den Punkt: „Als Akademikerin verdiene ich in der Privatwirtschaft nahezu das Doppelte, das lässt über die weniger angenehmen Arbeitszeiten dann doch hinwegsehen.“
Wertschätzung
Dass der Lehrberuf gesellschaftlich relativ wenig Wertschätzung erfährt, ist eine Binsenweisheit. Dabei ist er sehr anspruchsvoll, weil Schule als Spiegel der Gesellschaft alles abbildet, was an gesellschaftlicher Entwicklung passiert. „Familien- und Lebensmodelle sind heterogener geworden und Lehrpersonen müssen sich heute mehr denn je auf veränderte Bedingungen einstellen, müssen immer wieder kritisch hinterfragen, was die jungen Menschen von heute für ihr Morgen brauchen und vor allem wird es immer wichtiger, in Netzwerken zu arbeiten und zu denken. Für sich allein, zurückgezogen auf eine fachliche Ebene, kann niemand mehr arbeiten. Dazu sind die Herausforderungen zu vielfältig“, betont Sigrun Falkensteiner.
Zudem gebe es immer mehr die Tendenz von außen, alles an Schule zu delegieren und diese mit Aufgaben und mit Zurufen von außen zu überfrachten, so die Landesschuldirektorin. Darüber hinaus steht der Lehrberuf sehr im Fokus der Öffentlichkeit, weil Schule ein Thema ist, das viele Personen betrifft und zu dem jeder und jede etwas aus eigener Erfahrung sagen kann. „Und wo oft leider auch aus einer persönlichen Einzelerfahrung heraus generalisierend be- und noch häufiger geurteilt wird“, sagt Falkensteiner und fügt hinzu, „dennoch bin ich überzeugt davon, dass der Lehrberuf zu den schönsten und wertvollsten Betätigungsfeldern gehört, die man sich wünschen kann, denn man hat mit jungen Menschen zu tun und darf ‚Influencer‘ für diese sein, indem man ihnen Werte vermittelt, Erfahrungen ermöglicht und sie ein Stück ihres Lebens begleiten darf.“ (SH)
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