Die Transitproblematik am Brennerkorridor braucht eine staatsübergreifende Lösung: Diese Meinung vertraten die Landeshauptleute von Südtirol, Tirol und Vorarlberg beim Treffen mit EU-Kommissar Hahn.
Für die Einführung eines digitalen Verkehrsmanagementsystems entlang des Brennerkorridors warben am heutigen Mittwochnachmittag die Landeshauptleute von Südtirol, Arno Kompatscher, von Tirol, Anton Mattle, und von Vorarlberg, Markus Wallner, bei ihrem heutigen Gespräch mit dem EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, Johannes Hahn, in Brüssel.
Der Verkehr entlang der Brennerachse sei schon lange an seine Grenzen gestoßen, betonten Kompatscher und Mattle. „Oberstes Ziel muss es sein, die Lebensqualität in den Anrainergemeinden, den Umweltschutz und das Funktionieren der Wirtschaft vereinbaren zu können“, sagte Kompatscher: „Um ein gemeinsames Verkehrsmanagement zu ermöglichen, brauchen wir letztlich einen Staatsvertrag zwischen den drei anliegenden Staaten Italien, Österreich und Deutschland, die derzeit aber leider sehr unterschiedliche Positionen vertreten.“ Einigkeit herrsche hingegen bei den betroffenen Ländern, wie die einhellige Stellungnahme der Euregio-Länder Tirol, Südtirol und Trentino zum einen und die „Kufsteiner Erklärung“ der Regierungschefs aus Bayern, Tirol und Südtirol zeigen. „Umso wichtiger ist hier die Unterstützung der Europäischen Union“, bekräftigte Mattle. Die Landeshauptleute erläuterten dem Kommissar die Ergebnisse der im Auftrag von Südtirol durchgeführten Machbarkeitsstudie. Die darin vorgesehenen buchbaren Slots seien eine der Voraussetzungen zur Einführung eines effizienten Verkehrsmanagement-Systems, genauso wie der effiziente Datenaustausch der Autobahngesellschaften, um den sich Tirol und Südtirol bemühen. „Im Sinne der Nachhaltigkeit setzen wir zudem gemeinsame Maßnahmen, um noch mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlegen. Hier sehen wir Potenzial, das mittel- und langfristig genutzt werden muss“, sagte Mattle.
Mattle und Kompatscher nutzten die Gelegenheit, bei Hahn auch für ein Umdenken der EU-Kommission in der Frage des Großraubwilds zu werben: Die Regionen müssten in die Lage versetzt werden, vor Ort effektiv regulierend eingreifen zu können. Dies könnte unter Umständen durch überregionale Managementpläne der betroffenen Regionen erreicht werden. Vor allem geht es dabei um die Senkung des Schutzstatus des Wolfs in der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie.
Blick auf Wiederaufbauplan
Ein weiteres Gesprächsthema war die Umsetzung des europäischen Wiederaufbauplans in den beiden Mitgliedsländern. „Die italienische Regierung setzt die Maßnahmen mit dem staatlichen Wiederaufbauplan (Pnrr) auf zentralistische Weise und oft kurzen Einreichfristen um“, berichtete Kompatscher. Dies stelle Südtirol vor mehrere Herausforderungen: Zum einen seien primäre Zuständigkeiten der Südtirol-Autonomie nicht berücksichtigt worden, zum anderen sind die bürokratischen Hürden hoch. Beides erschwere oder verhindere sogar, dass sinnvolle Projekte umgesetzt werden können. „Südtirol ist aber in der Lage, viele weitere Projekte zeitnah einzureichen“, berichtete Kompatscher dem EU-Kommissar und zeigte sich zuversichtlich, dass man mit der italienischen Regierung eine gute Lösung finden könne.
In diesem Zusammenhang betonte Kommissar Hahn, dass es ganz im Sinne der heute veröffentlichen Semesterempfehlungen der Kommission ist, auf das rasche Investitions- und Umsetzungspotential der Regionen zu setzen.
Aus Tiroler Sicht zog Landeshauptmann Mattle folgende Bilanz: „Beim heutigen Treffen mit EU-Kommissar Hahn ging es einmal mehr darum, gemeinsam mit Weggefährten und Verbündeten den Herausforderungen im Alpenraum auf europäischer Ebene Gehör zu verschaffen. Wir lassen keine Chance, kein Treffen und keine Sitzung ungenützt, um auch in Brüssel auf die aktuellen Herausforderungen in Tirol und Südtirol hinzuweisen, für deren Lösung es nicht nur Gehör, sondern vor allem auch Unterstützung von europäischer Seite benötigt.“ (gst)