Für eine Herabstufung des Schutzstatus beim Großraubwild sprachen sich im Rahmen einer Veranstaltung in der Brüsseler Euregio-Vertretung die Landeshauptleute Kompatscher und Mattle aus.
Mit dem Ziel, in den Regionen der Europäischen Union eine direkte und konkrete Regulierung der Wolf- und Bärenbestände zu ermöglichen, haben die Landeshauptleute der Länder Südtirol, Arno Kompatscher, und Tirol, Anton Mattle, gestern und heute (25. Mai) in Brüssel an zahlreichen Treffen und Veranstaltungen teilgenommen, darunter am Abend des gestrigen Mittwoch auch an der vom Südtiroler EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann veranstalteten Aussprache in der Brüsseler Vertretung der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino, in der es um die „Herausforderungen des Wolfsmanagements in der EU – Mit Fokus auf den alpinen Regionen“ ging.
EU-Parlamentarier Dorfmann stellte dabei fest: „Nach jahrelanger Arbeit verändert sich die Stimmung in Brüssel. Es gibt im Europäischen Parlament inzwischen eine klare Mehrheit für ein Umdenken im Management der Großraubtiere. Nun braucht es eine gute Koordination mit den Mitgliedstaaten und den Regionen, damit endlich brauchbare Lösungen gefunden werden.“
„Großraubtiere und Almwirtschaft nicht vereinbar“
„Auch im Ausschuss der Regionen steigt das Bewusstsein für die Probleme mit den Wolf- und Bärenpopulationen im alpinen Raum“, bestätigte Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher. Er habe die Gespräche mit anderen EU-Regionenvertretern, mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica, und zusammen mit Mattle das Treffen mit EU-Kommissar Johannes Hahn genutzt, auf die Dringlichkeit hinzuweisen: „Mit den Jahren sind die Populationen in weiten Teilen des Alpenraums so stark gewachsen, dass es immer mehr Zwischenfälle, Schäden, Konflikte und sogar Todesfälle gibt. Viele Menschen haben Angst.“ Auch für Mattle ist „Eine Koexistenz zwischen Großraubtieren und der Almwirtschaft so nicht möglich. Deshalb müssen wir uns auf europäischer Ebene weiter dafür einsetzen, dass eine zeitgemäße Neuregelung initiiert wird: Der Schutzstatus des Wolfs kann im Hinblick auf seine vorliegende Verbreitung in der jetzigen Form nicht mehr nachvollzogen werden.“
Bisher gibt es für die Regionen nur sehr wenige Möglichkeiten, selbst einzugreifen. „Südtirol waren bisher die Hände gebunden, da für eine Entnahme immer das Einverständnis des staatlichen Obersten Instituts für Umweltschutz und -forschung (ISPRA) erforderlich ist. Dieses bleibt aber untätig und deshalb soll dieses Problem mit einer neuen Gesetzesvorlage überwunden werden“, sagte Landeshauptmann Kompatscher. Andere Regionen versuchen derzeit, zumindest jene Problemtiere zu entnehmen, die Schäden verursachen. So berichtete Mattle, „dass in Tirol derzeit drei aktive Abschussverordnungen für Wölfe als Notmaßnahme zum Schutz unserer Alm- und Landwirtschaftsökologie vorliegen.“
Schutzstatus in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie senken
Das wird aber nicht ausreichen“, sagte Kompatscher, „die betroffenen Regionen brauchen die Möglichkeit für ein echtes Großraubwild-Management, basierend auf einem Monitoring und wissenschaftlicher Begleitung.“ Voraussetzung dafür sei, im Rahmen der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) den Schutzstatus dieser Tierarten herabzusetzen und so die gezielte Regulierung zu ermöglichen – wie es bei anderen geschützten Tierarten bereits der Fall sei. Begründet sei dies auch damit, dass der Bestand dieser Tierarten nicht mehr gefährdet sei.
In ihrer Stellungnahme berichtete Carmen Preising, Kabinettschefin des Kommissars für Umwelt, dass die Europäische Kommission eine umfassende Studie in Auftrag gegeben habe, um das gesamte Spektrum der Wolfsthematik in Europa zu analysieren: „Bis zum Ende des Jahres soll diese umfassende Bestandsaufnahme vorliegen“, sagte Preising. Die Kommission setze weiterhin auf Aufklärung, Zuhören und Anwendung der Instrumente, die heute schon zur Verfügung stehen, darunter auch den Rahmen der zur Verfügung stehenden Ausnahmeregelungen. (gst)