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Einfach Spitze!

Frauen in geselliger Runde am Klöppeln.

Wenn die Holzklöppeln von flinken Händen gedreht werden und gegeneinander prallen, ergibt dies ein gefälliges Klackern – ein nahezu beruhigendes Geräusch wie das
Murmeln eines Gebirgsbaches. Und dabei entstehen wunderbare Spitzen.

Welch kluger Kopf mag die komplizierte Handwerkskunst des Klöppelns überhaupt erfunden haben? Man weiß es nicht. Das bisher älteste Musterbuch für das Klöppeln finden wir 1557 in Venedig, weshalb die Handwerkskunst ihren Ursprung möglicherweise in Italien hat. Mit den geklöppelten Borten wurden anfangs vor allem Kanten von Kleidungsstücken verschönert oder abstehende Fransen kaschiert. Von Italien wurde das Klöppeln nach Spanien und Frankreich weitergetragen und bis ins Erzgebirge, wo ebenso im 16. Jahrhundert Nachweise von diesem Kunsthandwerk zu finden sind. Ein großer Aufschwung dieser Dekorationsform ist im 17. und 18. Jahrhundert zu verzeichnen, wo Klöppelspitzen die kostbare Kleidung von Adel und Priestern verzierten.
Um 1830 entstand die erste Klöppelmaschine und somit ein neuer Wirtschaftszweig. So waren z. B. in Belgien im Jahr 1896 über 47.000 Personen in der Spitzenproduktion beschäftigt. Bei der Weltausstellung 1925 in Paris zeigte die Tschechoslowakei diese Handwerkskunst einer großen Öffentlichkeit.

Vor 130 Jahren in Prettau
Als 1893 der Kupferabbau im Bergwerk in Prettau aufgelassen wurde – er war bis dahin der bedeutendste Wirtschaftszweig – mussten sich die rund 40 Familien im Dorf einen neuen Erwerbszweig suchen. Mit Unterstützung der Bergwerksbesitzer und des Pfarrers Franz Kleinlechner wurden einige Frauen ins Ausland geschickt, um das Spitzenklöppeln zu erlernen, unter ihnen Rosa Kofler Mittermair, Anna Mittermair und Thekla Kofler. Sie ließen sich an der Klöppelschule Wien ausbilden und kamen sogar nach London und Slowenien. Zurückgekehrt gaben sie die Kunst des Klöppelns an die Frauen des Tales weiter. In der Folge entstand in Prettau eine Klöppelschule. Im Jahr 1893 wurden die Prettauer Klöppelspitzen erstmals bei der Tiroler Landesausstellung vorgestellt. Das Echo war enorm und es ergaben sich Aufträge von Amerika bis Afrika. Die Entlohnung der Klöpplerinnen erfolgte in Geld oder Naturalien und es gab auch Männer, die klöppelten, und so für den Unterhalt der Familie sorgten.
Schwierig war einst der Vertrieb. So sollen Prettauer Männer die Klöppelspitzen für den Verkauf zu Fuß über den Brenner bzw. den Tauernpass getragen haben. Erst die Errichtung der Brenner- und Pustertaler Bahn erleichterte den Transport. Dann wurden Zeitungswerbungen geschaltet und die Klöppelspitzen auf Märkten dargeboten. Vielfach wurden sie aber direkt vor Ort in den Häusern der Prettauer Klöpplerinnen an vorbeifahrende Touristen angeboten, was auch heute noch geschieht.

Die Klöppel-Technik
Das Herstellen einer Klöppelspitze erfordert viel Arbeitszeit und hängt vor allem von der Feinheit des Fadens und dem Aufwand des Musters ab. Nicht selten braucht es oft mehrere Stunden für einen einzigen Quadratzentimeter Spitze. Beim Klöppeln wird mit mehreren Fäden gearbeitet, die auf gedrechselten Holzklöppeln gewickelt sind und auf dem Klöppelkissen mit Stecknadeln befestigt werden. Der sogenannte Klöppelbrief, auf dem die vorgegebenen Nadelpunke eingezeichnet sind, dient als Arbeitsgrundlage. In der Regel hält die Klöpplerin in jeder Hand ein Klöppelpaar und arbeitet mit vier Fäden den musterbedingten Schlag ein. Die Technik des Klöppelns beruht auf dem Kreuzen und Drehen von Fadenpaaren und je nachdem, wie gekreuzt und gedreht wird, ergeben sich drei verschiedene Arten von Schlägen. Als Fäden werden Leinengarne verwendet, Baumwolle oder Metallfäden aus Gold oder Silber.

Klöppelverein in Prettau
In den 1970er-Jahren erfuhr die Spitzenklöppelei eine wahre Renaissance. Heute finden wir Spitzenborten an den Trachten von Musikkapellen oder Volkstanzgruppen, oder Christbaumkugeln und Ostereier werden mit Klöppelspitzen ummantelt. Weiters werden Bettwäsche und Tischdecken mit Bordüren verziert oder Gardinen angefertigt. Eine besondere Kunst ist die Bildklöppelei. Seit 1994 gibt es in Prettau einen Klöppelverein mit dem Ziel, die Tradition des alten Kunsthandwerks aufrechtzuerhalten und in Kursen an Interessierte weiterzugeben. Erfreulich ist, dass die Klöppelkurse auch heute immer noch gerne besucht werden. Das Klöppeln ist ein schönes Hobby für Jung und Alt, und das Ergebnis ist allemal bezaubernd. Sehenswert ist heuer die Sonderausstellung „Die Kunst des Klöppelns“ auf Burg Taufers. Sie ist bis zum 1. November zu besichtigen.
Vom 22. bis 24. September 2023 wird im Ahrntal und Prettau das 1. Internationale Klöppelsymposium stattfinden. Neben dem Besuch der Klöppelausstellung auf der Burg Taufers wird eine gemeinsame Wanderung der Klöppler:innen zu den Hütten am Talschluss mit Klöppelvorführung veranstaltet sowie das 1. Klöppelfest mit Klöppelvorführungen aller Teilnehmer:innen. Einfach spitzenmäßig!
IB