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Toni Innerhofer

SAND IN TAUFERS – Toni Innerhofer feiert Ende dieses Jahres seinen 90. Geburtstag.
25 Jahre seines Lebens war er Bürgermeister der Gemeinde Sand in Taufers.
Als Bürgermeister von Sand in Taufers von 1980 bis 2005 hat Toni Innerhofer die Politik des Tauferer Ahrntals ein halbes Jahrhundert lang geprägt. „Schon vorher war ich elf Jahre lang Vize-Bürgermeister und hatte mich tatkräftig politisch eingesetzt“, erinnert sich Innerhofer, der sich mit geistiger Frische nach wie vor um Land und Leute interessiert und vor allem sich eines erstaunlichen Erinnerungsvermögens erfreut. „Es erfüllte mich, das politische Geschehen zu gestalten, wobei stets mein Leitsatz war, Entscheidungen zum Wohle der Allgemeinheit zu treffen.“

Energiepolitik
Als sein Meisterwerk nennt Innerhofer den Bau des E-Werks Tobl. 1982 reichte er als Bürgermeister ein Projekt für ein Laufkraftwerk am Tobl mit Nutzung des Reiner Baches ein, und zwar in Konkurrenz zum Energiekonzern Enel. Es war ein Kampf David gegen Goliath. Enels Plan war nämlich, ein Großkraftwerk mit einem Stausee in Rein zu errichten. Die Tauferer Bevölkerung war aber dagegen und es kam zu einer großen Protestkundgebung am Rathausplatz in Sand. Nach langem Verhandeln konnte der Stausee zum Glück verhindert werden. Innerhofer gründete die Energiegesellschaft Tewag, die dann das Projekt für ein Laufkraftwerk einreichte und es baute. „Zu meinem 70. Geburtstag erhielten wir die Konzession für das E-Werk. Als es im Herbst 2008 – 100 Jahre nach dem ersten E-Werk am Tobl – in Betrieb ging, erfüllte sich für mich ein Traum. Das E-Werk mit einer Jahresproduktion von 60-70 Millionen kWh und 51 Prozent Gemeinde-Anteilen ist eine große Stütze für die Gemeinde. Es ist meine Krone und meine größte politische Genugtuung.“

Der Bau des E-Werks Tobl bezeichnet Innerhofer als wichtigste Infrastruktur in seiner Zeit als Bürgermeister und bis heute als ein Juwel für die Gemeinde. Rechts im Bild das ehemalige E-Werk von 1908,

Tourismusentwicklung
„Mein Glück war auch, in der Landesfinanzkommission zu sein, wo ich sehr viel Präventivwissen erfuhr, was auch der Gemeinde zu Gute kam. Aufgrund meiner ausgleichenden Art wurde ich weiters in viele Kommissionen und Gremien gewählt.“ 13 Jahre lang war Toni Innerhofer Präsident des Tourismusvereins in Sand in Taufers, der damals noch Verschönerungsverein hieß. Die heutige Entwicklung sieht er ambivalent, einerseits hat der Tourismus dem Tal viel Wohlstand und Arbeitsplätze gebracht. „Andererseits haben wir zu den Hauptsaisonen ein übermäßiges Gästeaufkommen wie am Pragser Wildsee oder in Kasern.“ Eine ungute Entwicklung sieht Innerhofer in den riesigen, hochqualifizierten Hotelburgen. Vor allem mahnt er, dass Erbstreitigkeiten entstehen können, wodurch am Ende diese Betriebe von ausländischen Konzernen übernommen werden und zu einer verfälschten Tourismusindustrie verkommen. „Ich bin sehr skeptisch über diese Entwicklung. Ganz abgesehen davon, dass unsere kleinen und mittleren Pensionen, die wesentlich am touristischen Aufbau des Landes mitgewirkt haben, nicht mehr konkurrenzfähig sind. Südtirols Tourismus entstand durch Familienbetriebe und so sollte es auch bleiben. Meines Erachtens sollten die bestehenden Betriebe auf maximal 100 Betten ausbauen dürfen, aber nicht viel mehr.“

Zunahme des Verkehrs
Als in den 1980er-Jahren die Schnellstraße Meran-Bozen im Raum stand, war auch von einer Schnellstraße durch das Pustertal die Rede. Ähnlich wie bei der MeBo kam es zu langjährigen, politischen Debatten. Der Warenverkehr auf dieser Ost-Westverbindung ist heute enorm, auch die Touristen tragen das ihrige zum Stau bei. Um die Dörfer entlang der Pustertaler Straße zu entlasten, entstehen heute Dorfumfahrungen. „Einheimische wie Touristen sollten viel mehr die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen“, rät Innerhofer, „da in Südtirol die Bus- und Bahnverbindungen sehr gut sind. Beispielhaft ist die Buslinie ins Tauferer Ahrntal mit einem Viertelstundentakt. Für mein Heimatdorf Sand bräuchte es halt dringend die Umfahrung. In meiner Zeit als Bürgermeister hatten wir ein Projekt für einen Umfahrungstunnel erstellt, im Bauleitplan genehmigt und eine Teilfinanzierung des Landes war zugesagt. Leider wurde nach mir das Projekt nicht mehr verfolgt.“

Politische Entwicklung in Südtirol
Der Rechtsrutsch in Europa bereitet Innerhofer Sorge. „Die Bewahrung der politischen Mitte wäre vor allem in Südtirol erstrebenswert. Wir sind privilegiert, in einem so schönen Land leben zu dürfen, sollten dies mehr wertschätzen und auch bewahren. Angst habe ich vor Krieg. Als Kind erlebte ich ihn noch teilweise. Ein Horror war die Option, wo aus Freunden Feinde wurden. Die Tragik ist, dass man nichts aus der Geschichte lernt. Das ist wahrscheinlich der größte Fehler der Menschheit.
Auch die Klimaveränderung macht mir Angst. Und wir tun viel zu wenig dagegen! Es ist wichtig und richtig, dass sich jeder Einzelne um den Klimaschutz bemüht.“

Thema Migration
Zum Thema Migration ist sich Innerhofer sicher, dass diese noch zunehmen wird. „Einerseits brauchen wir Zuwanderer allein für die Mitarbeit im Tourismus. Andererseits sollten gerade wir Südtiroler uns besinnen: In der Optionszeit sind auch viele Südtiroler ausgewandert und in der Fremde nicht immer wohlwollend aufgenommen worden. Vielleicht hilft uns dies, die Thematik besser zu verstehen und ein freundliches Miteinander zu finden.“

Rückblick
„Wenn ich auf mein Leben zurückblicke: Leicht hatte ich es nicht, aber ich wurde in eine glückliche Zeit geboren. Allein die technische und wirtschaftliche Entwicklung war in so kurzer Zeit noch nie so groß und erfolgreich, keine Generation machte so viel an Fortschritt mit. Ich bin dankbar, dies erlebt zu haben, wir waren absolut privilegiert. Jahrzehntelang ging es uns richtig gut, ich denke nicht, dass noch einmal so eine prosperierende Zeit kommen wird. Persönlich bin ich täglich unterwegs, Bewegung ist mir wichtig. Man muss körperlich und geistig aktiv bleiben. Ich hatte ein erfüllendes Leben und weiß dies auch zu schätzen.“
IB