Seit 46 Jahren bietet die Familienberatungsstelle in Bruneck Menschen in Erziehungsfragen und während einer Lebenskrise Halt und Unterstützung, ebenso ist sie für Paare in Konfliktsituationen die Anlaufstelle Nummer eins. Wenn zu bestimmten Zeiten im Jahreslauf die Krisen an Sichtbarkeit gewinnen, steigt auch die Nachfrage an Beratung.
Eigentlich hat das Team der Familienberatungsstelle Bruneck das ganze Jahr über alle Hände voll zu tun. In der Zeit rund um den Jahreswechsel bekommen die Festtage auch in der Beratung eine Bedeutung und werden häufig thematisiert. Dr. Stefan Schmalholz, der Stellenleiter der Familienberatungsstelle Bruneck, führt das zum einen auf das Sichtbarwerden von Krisen zurück: „An Feiertagen wie Weihnachten, Silvester, Neujahr, immer dann, wenn der Fokus auf Familie und Beziehung liegt, werden Unstimmigkeiten in diesem Bereich besonders bemerkbar“, sagt er. Zum anderen falle in Ferienzeiten die Ablenkung durch den Arbeitsalltag weg und das häusliche Umfeld werde stärker fokussiert. Darüber hinaus besteht bei vielen Menschen die zum Teil durch die Medien vermittelte fixe Vorstellung von Frieden und Harmonie, mit der die Weihnachtszeit und der Jahreswechsel gänzlich überfrachtet sind; diese zu hohen Erwartungen erzeugen Druck und Stress, was leicht dazu führt, dass ihnen nicht standgehalten werden kann und das Gegenteil der ursprünglichen Vorstellung eintritt. Seit 7 Jahren als Psychologe und Psychotherapeut in der Beratungsstelle tätig, fällt Stefan Schmalholz zudem eine besondere Thematik auf, die gehäuft in Gesprächen und bei Therapien angesprochen wird: die Einsamkeit.
Angebote der Vernetzung
„In den Gesprächen wird das Thema der Einsamkeit immer spürbarer“, erklärt Schmalholz, „dabei muss zwischen jenen Menschen, die niemanden haben und jenen, die sich in ihr Umfeld nicht eingebunden fühlen, unterschieden werden.“ In beiden Fällen ist Einsamkeit ein großes Thema, was natürlich ebenfalls gerade an Feiertagen stark zum Tragen kommt. „In akuten Situationen ist das bei Krisendiensten wie beispielsweise der Telefonseelsorge recht auffallend, bei uns in der Familienberatung schwingt diese Thematik meist eher subtil mit.“ Jedenfalls bestehen von mehreren Seiten Angebote der Vernetzung. So gibt es beispielsweise den Besuchsdienst der Vinzenzgemeinschaft oder soziale Plattformen, die in Richtung der Vernetzung arbeiten.
Hilfesuche akzeptiert
Mittlerweile ist es gesellschaftlich akzeptiert, wenn sowohl Frauen als auch Männer gezielt psychologische Hilfe und Beratung suchen. „Ich finde, dass es vor allem seit der Corona-Pandemie diesbezüglich eine positive Veränderung gegeben hat; die Psychotherapie scheint seitdem in der Gesellschaft ein Stück weit mehr angekommen zu sein“, sagt Stefan Schmalholz. In der Familienberatungsstelle ist man bemüht, die Dringlichkeit der Beratung oder der Therapie bereits in einem baldigen Erstgespräch zu überprüfen. „In diesem Gespräch wird je nach Familiensituation und Dringlichkeit die Wartezeit für einen regelmäßigen Behandlungsplatz vereinbart oder bei Bedarf an andere Institutionen verwiesen“, erklärt Stefan Schmalholz, „Leider ergeben sich häufig auch längere Wartezeiten, da die Anfragen, die Ressourcen deutlich übersteigen.“ Oberste Priorität hat für ihn die gute Beziehung zwischen Klient und Psychotherapeut und damit die Einhaltung von drei Grundsäulen, die erstmals ganz ausdrücklich in der Gesprächspsychotherapie formuliert worden sind: Der Klient soll sich verstanden fühlen. Gleichzeitig soll die Atmosphäre des warmherzigen Aufgenommen-Seins und eine ehrliche Gesprächsbasis aufgebaut werden; diese Voraussetzungen sind Grundbedingungen für eine erfolgreiche Psychotherapie, für die auch die Familienberatungsstelle in Bruneck steht.
SH
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