Hast du Worte? Wie bloß soll man das beschreiben, was der HC Pustertal in der abgelaufenen Saison gezeigt hat? Vom Himmel in die Hölle und wieder zurück haben die Wölfe ihre Fans geschickt. Um den sportlichen Wahnsinn in Worte zu fassen, sprachen wir mit einem echten Puschtra, der mittendrin war in dieser Spielzeit ohnegleichen. Ein Interview mit der Nummer 59 der Wölfe, Daniel Glira.
Halbfinale. Der HC Pustertal gehört ganz offiziell zu den vier besten Mannschaften der ICE Hockey League. Wie viel Glück gehört dazu, in einer so bärenstarken und ausgeglichenen Liga bis ins Semifinale vorzustoßen?
Daniel Glira: Zu Beginn der Saison haben wir uns als Mannschaft genau dieses Ziel gesetzt: Wir wollen ins Halbfinale. Und wir haben’s geschafft. Tatsache ist aber auch, dass wir im Pre-Playoff gegen Olympia Laibach nur haarscharf am Saisonaus vorbeigeschrammt sind. Aber pünktlich zu den Duellen mit Laibach haben wir wieder zu unserer Form gefunden. Um also die Frage zu beantworten: Ja, wir hatten großes Glück, wieder in Topform zu sein, als es wirklich drauf ankam.
Das Timing der Wölfe hat in dieser Saison oft Rätsel aufgegeben. Ein wilder Ritt war das: Herbstmeister, Achterbahnfahrt, Triumph in Bozen, Zittern ums Playoff, Schwergewichtssieg gegen Titelkandidat Fehervar. Wie findet man als Spieler, als Mannschaft Erklärungen für diese schrillen Kontraste?
Oh ja, wir haben uns oft selbst gefragt: Was ist denn bloß los? Warum folgen auf Gala-Vorstellungen solche Katastrophenspiele? So was wühlt dich auf. Aber davon haben wir uns nicht beirren lassen. Weil eines vom ersten Tag weg klar war: Wir sind ein echtes Team. Und an diesem Gefühl, an dieser mannschaftlichen Gewissheit und Geschlossenheit hat sich auch an schlechten Tagen nichts geändert.
Und wie ging’s dir persönlich in dieser so rasanten Saison? Nüchtern betrachtet war’s für dich in diesem Winter ja nicht ganz einfach.
Mir ging‘ s heuer wie meiner Mannschaft: Es war ein extremes Auf und Ab. Ich hatte ein paar sehr schwierige Wochen. Aber in den Playoffs habe ich wieder Selbstvertrauen gewonnen. Da hab ich das Vertrauen des Trainers gespürt und auch viel Eiszeit bekommen. Als einheimischer Spieler bekommst du die Reaktion der Fans auf Leistungsschwankungen ziemlich unmittelbar zu spüren. Als Puschtra musst du beim HCP mehr aushalten, als etwa ausländische Spieler. Aber das passt schon. Ich finde es gut, dass das Publikum, die Fans viel verlangen und immer mehr wollen. Das motiviert mich, weiter an mir zu arbeiten.
Die Fans haben die Intercable Arena heuer mehrmals in einen brodelnden Hexenkessel verwandelt. So oft wie noch nie war die Arena in dieser Spielzeit ausverkauft. Was geht einem als Spieler durch den Kopf – und den Bauch – wenn die Hütte regelrecht brennt?
In einer rammelvollen Intercable-Arena am Siedepunkt spielen zu dürfen, ist ein fantastisches Gefühl. Die Stimmung in Bruneck ist einzigartig. Was mich besonders berührt hat, waren die konstant hohen Zuschauerzahlen, auch in den Wochen als es nicht so gut für uns lief . Die vielen Fans, die Stimmung die sie machen und ihre Unterstützung: Das sind alles ganz wichtige Faktoren für den Erfolg unserer Mannschaft.
Du bist schon eine ganze Weile im Profi-Eishockey tätig, warst sogar schon Meister in dieser Liga, in der Saison 2017/18. Was braucht es, um sich dauerhaft in der Ligaspitze festzusetzen?
Konstanz. Vor allem auf der Position des Trainers. Wir hatten in den letzten drei Saisons ein Trainerkarussell, das sich sehr schnell gedreht hat. Wenn ein Trainer länger bleibt, kann er seine Spielidee dauerhaft installieren, dann muss sich die Mannschaft nicht ständig an ein neues System gewöhnen. Was auch entscheidend ist für langfristigen Erfolg, ist der Aufbau eines Mannschaftskerns aus einheimischen Spielern. Als glänzendes Beispiel dafür möchte ich den KAC nennen. Dort sind einheimische Spieler das Fundament der Mannschaft. Dieses Fundament wird zwar ergänzt durch ausländische Spieler, bleibt im Grunde aber unangetastet und sorgt so für Konstanz – womit ich wieder zum Beginn meiner Antwort zurückkomme.
2018 hast du mit Bozen den Titel geholt. Jetzt hast du mit den Wölfen das Semifinale in der ICE erreicht. Welcher der beiden Erfolge schmeckt süßer?
Der Sieg in Spiel sieben der Finalserie gegen die Red Bulls Salzburg im April 2018 war das Größte, was ich als Hockeyspieler bisher erleben durfte. Einen Meistertitel zu gewinnen – noch dazu auf so dramatische Art und Weise – ist unvergleichlich schön. Aber ich kann sagen, dass die abgelaufene Saison mit den Wölfen auch etwas ganz besonderes war. Insbesondere die alles-oder-nichts Spiele gegen Laibach und Fehervar werde ich nie vergessen.
Du bist jetzt 30 Jahre alt und gehst im Herbst in deine 15 Saison als Profi-Spieler. Wirst du vielleicht nochmal zu einer anderen Mannschaft wechseln?
Nein. Mir gefällt es beim HC Pustertal sehr gut. Wir spielen in einer Liga mit gutem Niveau und ehrlich gesagt werde ich mit meinen 30 Lenzen nicht mehr große Sprünge ins Ausland oder sonst wohin machen. Ich will bei den Wölfen bleiben.
RF