Südtirol – „Wer zögert, verpasst oft die Gelegenheit“

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Südtirol – „Wer zögert, verpasst oft die Gelegenheit“

Nahbar, souverän und integer – so kennen wir Landesrätin Magdalena Amhof, die in der Südtiroler Politik eine wichtige Rolle innehat. Dass die engagierte Politikerin Puschtra Wurzeln hat, wie sie komplexen Problemen gegenübersteht und welchedie wichtigsten Erfahrungen auf ihrem beruflichen Weg waren, lesen Sie hier.

Sehr geehrte Frau Magdalena Amhof, Sie leben derzeit in Brixen, sind aber im Pustertal geboren und aufgewachsen. Besteht denn nach wie vor ein gewisser „Pustertal-Bezug“?
Absolut, ja. Schon allein deshalb, weil ich im privaten und beruflichen Umfeld von vielen Pusterern:innen umgeben bin. Da ergibt es sich dann immer wieder, dass man über gemeinsame Bekannte oder über Geschichten aus dem Tal spricht – und man fühlt sich sofort wieder Teil davon.

Vor Ihrer Tätigkeit im Landtag waren Sie zehn Jahre lang Stadträtin in der Gemeinde Brixen. Würden Sie das rückblickend als gute Vorbereitung auf die Landespolitik bezeichnen?
Unbedingt. Jede Form der politischen Arbeit ist in dieser Hinsicht wertvoll, auch das Engagement in der Partei oder die Arbeit im Landtag. Man eignet sich sehr viel Hintergrundwissen an, das im Alltag immer wieder sehr nützlich ist. Man lernt aber auch viele Menschen und Interessensvertretungen kennen, und das Netzwerk ist gerade in der politischen Arbeit unverzichtbar, damit wichtige Entscheidungen im Vorfeld auch abgestimmt und mitgetragen werden können.

Wo liegen für Sie die markantesten Unterschiede zwischen Gemeinde- und Landespolitik?
In der Gemeindepolitik hat man zwar deutlich weniger Mittel zur Verfügung, aber eigentlich sehr viel Gestaltungsfreiheit, weil es praktisch keine Distanz gibt zwischen den Entscheidungsträgern und dem, worüber sie entscheiden. In der Landespolitik muss man sich erst einmal daran gewöhnen, dass zwischen einer politischen Entscheidung und ihrer Umsetzung oft sehr viele Stufen Verwaltung liegen, und jede kann dem Prozess potenziell Steine in den Weg legen.

Wie allgemein bekannt, sind Ihre Zuständigkeitsbereiche Arbeit, Personal und Europa keine einfachen. Welcher davon fordert Sie am meisten und warum?
Ich würde sagen, das ist der Bereich Personal. Dort geht es mir darum, die Attraktivität der Landesverwaltung als Arbeitgeber weiter zu stärken, aber auch die Digitalisierung dezidiert voranzutreiben. Beide sind Voraussetzungen, um als Land wichtige Dienste auch in Zukunft sicherstellen zu können. Als Arbeitnehmervertreterin ist es mir natürlich auch ein Anliegen, im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen ausreichend Geldmittel bereitstellen zu können, etwa um den längst überfälligen Inflationsausgleich garantieren zu können. Und auch wenn die Ergebnisse am Ende kaum sichtbar sind, erfordern diese Ziele unzählige Zwischenschritte und somit enorm viel Geduld, Verhandlungsgeschick und Beharrlichkeit.

Es hat den Anschein, dass Europa in der öffentlichen Wahrnehmung ein zunehmend schlechteres Image erhält. Wie kann dem entgegengewirkt werden?
Den Mehrwert von Europa verstärkt zu vermitteln ist eines meiner großen Anliegen. Die Mehrheit der Menschen sieht und spürt die Verbindung zu Brüssel nicht oder kaum. Aber Europa ist in unserem Alltag allgegenwärtig, unzählige innovative Projekte, auf die wir stolz sind, wurden dank EU-Fonds erst möglich. Es muss uns also einerseits gelingen, den Beitrag Europas für unsere Lebensqualität und Entwicklung nicht nur anhand einer Plakette sichtbar zu machen, sondern in der Kommunikation verstärkt hinüberzubringen. Und: Europa steht für Werte, mit denen wir uns großteils identifizieren. Ich denke an Minderheitenschutz, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit. Die Schärfung dieses Bewusstseins ist auch ein gutes Gegenmittel gegen die Verbreitung der EU-Skepsis und das Aufflammen neuer nationalstaatlicher Souveränitätsansprüche.

Ist neben allem Engagement für die Politik auch noch genügend Zeit für Ihr Privatleben?
Natürlich nicht immer so viel, wie ich möchte. Aber ich versuche, meine Zeit so gut wie möglich einzuteilen, damit vor allem die Familie nicht allzu sehr darunter leidet. Für persönliche Interessen bleibt unterm Strich zwar nicht mehr viel übrig. Aber da geht es mir wohl nicht anders als den meisten Müttern und auch den Vätern.

Was würden Sie Frauen raten, die gerne politisch aktiv werden möchten, den ersten Schritt aber vielleicht aus verschiedenen Gründen (noch) nicht wagen?
Nicht abwarten – wer zögert, verpasst oft die Gelegenheit! Politik braucht jede Person, die gerne mitredet, mitgestaltet, ihre Vorstellungen umsetzt. Sie bereichern die Debatte. Und auch aus persönlicher Sicht ist die politische Arbeit sehr bereichernd, wenn man spürt, dass man etwas in Bewegung setzen konnte. Sicher, manchmal ist sie auch einfach nur „zach“. Aber auch der tollste Arbeitsplatz hat seine Schattenseiten – die gehören dazu.
SH