Mehr Frauen auf den Bürgermeister- und Gemeinderatssesseln – das ist das Ziel des neuen Basislehrgangs für Frauen in der Gemeindepolitik, der am 8. November an der EURAC in Bozen begonnen hat.
Politik braucht mehr Frauen, auch in unseren Gemeinden. Im Mai 2025 werden in Südtirol neue Gemeinderäte gewählt, doch wie schon bisher stellt sich auch diesmal die Frage: Wo sind die Frauen, die motiviert sind zu kandidieren? Ein innovativer Lehrgang soll helfen: Anfang November startete der Basislehrgang, der vom Landesbeirat für Chancengleichheit mit dem Frauenbüro und Eurac Research organisiert wurde. Er gilt als eine Chance für Frauen aus allen Lebensbereichen, sich auf ihre Rolle als mögliche Gemeinderätin, Referentin oder Bürgermeisterin vorzubereiten. Wie das gelingen kann? Mit Motivation, Vernetzung und jede Menge Tipps für einen erfolgreichen Wahlkampf.
70 motivierte Frauen…
… haben sich zum Lehrgang gemeldet. Die Erwartungen sind groß: Während die einen den Einstieg in die Politik von der Pieke auf (kennen-)lernen möchten, ist es für andere ein Dazulernen, weil sie bereits politisch aktiv sind. ‚‚Das Interesse ist sehr groß und deshalb haben wir den Lehrgang, der ursprünglich für 20 Frauen und in Präsenz geplant wurde, umgeplant und auf online-Module umgestellt, damit möglichst viele daran teilnehmen können. Nur die Auftakt- und die Abschlussveranstaltung findet in Präsenz statt, der Rest ist online. Die 6 Vorlesungen werden aufgezeichnet und somit kann jede, auch wenn sie verhindert ist, diese nachträglich anschauen”, erklärt Ulrike Oberhammer, Präsidentin des Landesbeirats für Chancengleichheit. Dieser erste Lehrgang ist jedenfalls stark auf den Gemeindewahlkampf ausgerichtet. Es geht um Selbstmarketing, Social Media und Zeitmanagement. Warum es wichtig ist, dass sich Frauen vermehrt in die Gemeindepolitik einbringen, darauf hat Ulrike Oberhammer eine klare Antwort: ‚‚Weil wir Frauen auch in Südtirol mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, gemischtgeschlechtliche Teams bessere Ergebnisse erzielen und die weibliche Sichtweise einen Mehrwert darstellt. Es geht auch nicht darum, ob Frauen oder Männer besser sind, sondern dass sie eine andere Herangehensweise haben und unterschiedliche Aspekte einbringen und somit bessere Entscheidungen für die Bevölkerung getroffen werden.” Ziel ist es jedenfalls, Frauen zu unterstützen, ihre politischen Stärken weiterzuentwickeln und sie optimal auf die Herausforderungen der Gemeindepolitik vorzubereiten. Der Lehrgang ermöglicht Wissen und Fähigkeiten zu erwerben sowie ein Netzwerk von Gleichgesinnten aufzubauen. Nach den Landtagswahlen wird für die Gewählten dann ein weiterer Lehrgang folgen, in dem es dann konkret um die Fragen im Gemeindealltag geht.
Zusätzliche Impulse und Netzwerke speziell für Frauen
In Südtirol hat sich die Zahl der weiblichen Gemeinderatsmitglieder zwar in den letzten 25 Jahren von 15 Prozent auf 26 Prozent erhöht, dennoch haben Frauen immer noch geringere Chancen gewählt zu werden. Somit ist klar: Es muss der Auftrag aller sein, die Chancen für Frauen in der Gemeindepolitik zu verbessern. Ein Schritt in diese Richtung scheint der gestartete Basislehrgang für Frauen in der Gemeindepolitik zu sein. Ulrike Oberhammer vergleicht diesen mit einem anderen Projekt, das bereits vor Jahren mit Erfolg gekrönt war: ‚‚Mit diesem Lehrgang ist es wie mit den Frauen in den Verwaltungsräten. Auch diesbezüglich hat der damalige Landeshauptmann Luis Durnwalder zu mir gesagt, er würde mehr Frauen in die Verwaltungsräte ernennen, wenn er sie finden würde. Wir haben dann gemeinsam mit dem Wifi einen Lehrgang für angehende Verwaltungsrätinnen organisiert. Dieser ist immer innerhalb von wenigen Minuten ausgebucht und wurde bereits von über 200 Frauen absolviert. Es gibt somit ein breitgefächertes Angebot. Seitdem hat sich niemand mehr beklagt, dass zu wenig Verwaltungsrätinnen zu finden seien. Dasselbe Ziel verfolgen wir nun auch mit diesem Lehrgang.”
SH
Frau Judith Caneppele, warum braucht es Ihrer Meinung nach mehr Frauen in der Politik?
Frauen bringen andere Vorerfahrungen, Erwartungen, Wünsche und Ideen in den politischen
Diskurs mit ein. Das bereichert das politische Handeln und wirkt sich positiv auf politische
Entscheidungen aus.
Welchen Hindernissen begegnen Frauen, wenn sie politisch aktiv werden möchten?
Hindernisse gibt es einige. Zeitmanagement und der Druck in der Öffentlichkeit zu stehen zum Beispiel. Außerdem ist ein politisches Amt nicht gerade “familienfreundlich”. Ich habe zum Glück eine tolle Familie und einen Mann, der mich voll unterstützt, damit ich meiner Tätigkeit als Referentin bestmöglichst nachgehen kann.
Wie schwierig ist es, Familie, Beruf und politisches Amt unter einen Hut zu bringen?
Das ist für mich persönlich wohl das Schwierigste! Doch das Zauberwort heißt Organisation,
Planung und eine Prise Humor. Dann klappt es… meistens! Wichtig ist es aber auch, Prioritäten zu setzen und sich gezielt kleine Auszeiten zu nehmen.
Was raten Sie Frauen, die vielleicht Interesse hätten, sich in der Gemeindepolitik zu engagieren?
Wer in der eigenen Gemeinde wahrhaftig etwas bewegen und vorantreiben möchte, sollte sich trauen und den Schritt zur Kandidatur wagen. Eventuell fehlendes Fachwissen kann mit Fleiß erarbeitet werden und man wächst Schritt für Schritt in die neuen Aufgaben hinein. Abschließend erlaube ich mir, meine Kindheitsheldin zu zitieren: „Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.“ [Pippi Langstrumpf]
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