„Die Quelle des Glücks ist in uns selbst.“
Etwa 140 Nanometer winzig ist ein Coronavirus. Es vermochte, die globale Gesellschaft und Wirtschaft schlagartig zu verändern. Auch für Petra Werth ist die Welt seit dem Auftreten der Pandemie nicht mehr dieselbe. Die Pädagogin unterrichtet Deutsch und Geschichte am Berufsbildungszentrum Bruneck.
Frau Werth, wie bewältigen Sie seit der Schulschließung den Unterricht?
Anfang März war die Situation schwer einschätzbar; wir wurden im Stundentakt über neue Maßnahmen informiert. Zum Glück war unsere Schule im Bereich EDV schon immer auf dem neuesten Stand, sei es in Hard- und Software sowie in Schulungen. Wir waren und sind bestens ausgerüstet. Die Schüler meiner Klassen reagierten durchwegs positiv. Ich arbeite mit ihnen über das digitale Register und über Video-Teamkonferenzen. Probleme entstehen, wenn nicht jeder Schüler daheim Zugang zu einem PC und die technischen Voraussetzungen hat. Bisher ist es aber gelungen, diese Ausnahmesituation zu meistern. Für mich ist es ein großer Mehraufwand, weil ich den Unterricht anders als gewohnt aufbereiten und planen muss. Im Moment ist vieles neu. Aber wir alle lernen daraus. Und ich sehe es als große Chance, in dieser Zeit den Lehrstoff bewältigen zu können.
Kann der Bildungsstand des Lernstoffes aufrechterhalten werden?
Ja, die Schüler bemühen sich sehr. Was mich erstaunt: Gerade Schüler, die früher eher passiv dem Unterricht folgten, zeigen sich jetzt äußert interessiert. Auch jene, die früher durch Absenzen auffielen, beteiligen sich wissbegierig am digitalen Unterricht. Allerdings bemerke ich auch, dass sich Schüler die Lösungen der Hausaufgaben aus dem Internet bzw. von Mitschülern holen. Deshalb ist die Benotung eher schwierig. Generell erlebe ich aber viel mehr Positives als Negatives.
Ihr Beruf erfährt also eine besondere Herausforderung…
Das stimmt, aber das ist derzeit in vielen Berufszweigen so. Das Unterrichten sollte ehemals für mich nur eine Übergangslösung sein, weil es gerade gut in mein familiäres Umfeld passte. Ich studierte Jura an der Universität Innsbruck und Kommunikations- und Kulturwissenschaften an der Uni Bozen. Aus dem „Provisorium“ sind mittlerweile 20 Jahre Lehrberuf geworden. Ich unterrichte an der Berufsfachschule für Elektrotechnik und begleite die Schüler im Bereich Handwerk und Industrie in allen Schulstufen bis zur Matura. Das Berufsbildungszentrum Bruneck ist eine besonders vielfältige Schule, mein Beruf erfüllt mich in jeder Hinsicht. Abgesehen vom Unterrichten betreue ich an der Schule das Fachreferat Öffentlichkeitsarbeit und bin Tutorin. Mein Aufgabenfeld ist sehr abwechslungsreich. Als neugieriger Mensch bin ich immer offen für Neues und zum Glück bin ich umgeben von engagierten, wissbegierigen, sympathischen und vielen jungen Menschen.
Wie meistern Sie die derzeitige Situation im privaten Bereich?
Grundsätzlich ist es wichtig, dass wir alle gesund bleiben. Unsere Tochter studiert im Ausland, ich sehe sie leider nur mehr via Videotelefonie. Unsere beiden Söhne besuchen die Oberschule. Unser Jüngster ist in einer digitalen Klasse, er arbeitet seit Schulbeginn schon in digitaler Form. Beide sind täglich mit digitalen Aufgaben und mit Videokonferenzen stark gefordert.
Mein Ehemann arbeitet unter anderem im IT-Bereich und er hat uns immer schon top ausgerüstet, sodass wir daheim über persönliche PCs verfügen. Das ist gerade jetzt ein großer Vorteil, den wohl nicht alle Familien haben. Er war es auch, der mich in die digitale Welt einführte, mit der ich anfangs auf Kriegsfuß stand und die ich heute aber umso mehr zu schätzen weiß. Meine Söhne sind leidenschaftliche Eishockeyspieler und spielen in mehreren Mannschaften. Sie wurden in ihrer Aktivität von 100 auf null heruntergebremst und können ihr tägliches Eis- und Trockentraining nicht mehr ausführen. Das Zimmer meiner Tochter dient ihnen jetzt als Fitnessraum und in der Garage spielen sie auf künstlichen Eisplatten Hockey. Beide verbringen ihre Freizeit jetzt mehr zusammen als früher. Als wertvoll empfinde ich, dass wir alle aktuell viel mehr Zeit füreinander haben.
Ich genieße es, jetzt täglich gemeinsam mit meiner Familie am Mittags- und Abendtisch zu essen und zu plaudern, wofür mein Stundenplan früher kaum Freiräume bot. Meine zweite Leidenschaft ist das Lesen, wobei ich die Haptik und den Duft eines Buches dem E-Book vorziehe. Musik hören und täglich Sport zu betreiben gehören ebenso zu mir.
Wie sehen Sie die Zeit nach der Pandemie?
Ich habe etwas Angst, weil ich befürchte, dass die wirtschaftlichen Schäden massiv sein werden. Hoffentlich dürfen wir alle bald wieder arbeiten und die Menschen wieder neuen Mut und Energie erhalten. Positiv sehe ich derzeit diese Stille, kaum Verkehr. Es erinnert mich an meine Kindheit, wie wir als Kinder in der Natur spielen und unbeschwert herumtollen konnten. Die Natur atmet auf. Und wir Menschen sicher auch bald wieder. (IB)
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