Die Wirtschaft im Ahrntal

Der geschlossene Hof
22. Juni 2020
Dieter Happacher aus Innichen
22. Juni 2020
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Die Wirtschaft im Ahrntal

Im Ahrntal ist nach den Monaten des coronabedingten Stillstands fast schon wieder der gewohnte Rhythmus angelaufen. Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe haben bereits vor einiger Zeit ihre Arbeit wieder aufgenommen, die Beherbergungsbetriebe haben wieder geöffnet und auch die Buchungslage lässt zuversichtlich in die nahe Zukunft blicken.

Auch wenn das Ahrntal mit seinen ausgewogen starken Wirtschafszweigen gut aufgestellt ist, machte sich die Corona-Krise in der örtlichen Wirtschaft deutlich bemerkbar. Die massiven Umsatzeinbußen, die von der abgebrochenen Wintersaison und von fehlenden Einnahmen im Frühjahr herrühren, haben Spuren im örtlichen Tourismus hinterlassen. Die meisten Tourismusbetriebe mussten in diesem Frühjahr später öffnen als in den vergangenen Jahren, doch wenigstens stimmt die Buchungslage der Sommermonate optimistisch. „Besonders für Juli und August kommen tagtäglich viele Anfragen herein“, heißt es im Tourismusverein Ahrntal. Die Gäste suchen Entspannung und Erholung in den Bergen, denn im Gegensatz zu den Urlaubsorten am Meer können die Tourismusorte hier auf den Vorteil zählen, dass das schwierig zu lösende Gebot der sozialen Distanzierung in den Weiten der Alm- und Bergregionen weitgehend wegfällt.

Neuer Urlaubstrend?
Das Problem der sozialen Distanzierung fällt auch bei den Vermietern von Ferienwohnungen fast gänzlich weg. Und gerade die Autonomie und Privatsphäre in den Appartements, Ferienwohnungen oder Chalets sind heuer ganz besonders gefragt, genauso wie die Angebote der bäuerlichen Betriebe, die im Nebenerwerb Wohnungen vermieten. Glücklicherweise ist das Ahrntal diesbezüglich mit seinem Angebot breit aufgestellt. Und für touristische „Hotspots“ im Ahrntal wie die verschiedenen Museen, das Bergwerk in Prettau oder der Klausberg in Steinhaus werden alle vorgeschriebenen Maßnahmen zur Corona-Eindämmung eingehalten. So müssen beispielsweise am Klausberg die Fahrgäste Mundschutz tragen, bei den Ein- und Ausstiegen werden Desinfektionsspender bereit gestellt. Auch die Mitarbeiter tragen Masken und die Kabinen werden regelmäßig desinfiziert. Auf alle Fälle wird penibel darauf geachtet, die gesetzlich vorgeschriebenen Auflagen zu erfüllen, um sowohl die Gäste als auch die Mitarbeiter so gut wie möglich zu schützen. Und auch am Klausberg sehen die Prognosen einigermaßen positiv aus, man blickt trotz aller Auflagen und Hürden zuversichtlich in die Zukunft: „Zwar werden im heurigen Sommer deutlich weniger Gäste erwartet als in den vergangenen Jahren, wir hoffen aber, dass sich die Situation spätestens im kommenden Winter wieder entspannt“, sagt David Gruber, Mitarbeiter der Klausberg AG.

Starke Dörfer
Luttach, St. Johann und Steinhaus gehören zu den wirtschaftlich stärkeren Dörfern im Tauferer Ahrntal. Doch kennzeichnend für diese Ortschaften im Herzen des Ahrntals ist nicht nur ihr intaktes Wirtschaftsgeschehen, sondern auch ihre wunderschöne Umgebung. Luttach und Weißenbach liegen am Beginn des Ahrntals und sind umrahmt von der malerischen Kulisse der Zillertaler Alpen. Schon früh hat hier der Tourismus Fuß gefasst, die landschaftliche Schönheit hat bereits um 1900 Sommerfrischler und Bergsteiger angelockt. Und bis heute ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in diesem Gebiet geblieben. St. Johann liegt etwas höher auf 1017 Metern Meereshöhe, der Name dieser Ortschaft geht auf den Hl. Johannes den Täufer zurück, dem auch die örtliche Pfarrkirche geweiht ist. Einige Kilometer nördlich auf einer Meereshöhe von 1054 Metern liegt Steinhaus, dessen Dorfzentrum die kupferroten Häuser des „Ahrner Handels“, der ehemaligen Betreibergesellschaft des Prettauer Bergwerks, dominieren. Durch den Sitz der Gemeindeverwaltung und des Bergbaumuseums wird Steinhaus mitunter sogar als Zentrum des Ahrntals angesehen. Während St. Johann, die größte Ortschaft des Ahrntals, vor allem durch die starke Landwirtschaft und die zahlreichen Handwerksbetriebe auf sich aufmerksam macht, ist es in Steinhaus ganz klar der Tourismus, der das örtliche Wirtschaftsgeschehen prägt. Heute gehören St. Johann und Steinhaus mit ihren bestens ausgestatteten Hotels, den unzähligen Freizeitmöglichkeiten, den schönen Almen und dem Ski- und Wandergebiet Klausberg zu den beliebtesten Tourismusdestinationen des Pustertals. Dank der Modernisierung der Hauptaufstiegsanlage der Klausbergbahn ist das Ahrntal sommers wie winters ein beliebtes Ausflugs-, Urlaubs-, und Freizeitziel. Insgesamt lässt sich die Wirtschaft dieser beiden Dörfer im Herzen des schönen Ahrntals aber als vielfältig und ausgewogen beschreiben. Landwirtschaft, Handwerk, Tourismus und der Dienstleistungssektor spielen hier eine ähnlich wichtige Rolle und sind durch ein gelungenes Miteinander seit Jahren im Ahrntaler Wirtschaftsgeschehen stabil vertreten.

Stabile Landwirtschaft
St. Jakob und St. Peter sind wiederum stark landwirtschaftlich geprägt. Die Land- und Forstwirtschaft hat hier eine jahrhundertlange Tradition und hat bis heute ihre verhältnismäßig große Bedeutung beibehalten. Trotz des Rückgangs der Beschäftigten in der Landwirtschaft über die vergangenen Jahrzehnte hinweg hat sich dieser Sektor in letzter Zeit stabilisiert, auch dank der Südtiroler Förderpolitik. Die Landwirtschaft im Ahrntal hat zudem einen hohen Stellenwert für andere Wirtschaftsbereiche: So bewirtschaften ein Großteil der Landwirte ihren Hof nicht im Vollerwerb, da sie im Zu- oder Nebenerwerb in anderen Sektoren der Wirtschaft tätig und dort zu unverzichtbaren Arbeitskräften geworden sind. Weiters ist die Landwirtschaft aufgrund ihrer Funktion als Landschaftspfleger und als Lieferant von typischen regionalen Produkten für den Tourismus von großer Bedeutung. Die meisten der landwirtschaftlichen Betriebe liefern Milch an die Sennereigenossenschaften, einige betreiben Hofkäsereien nach neuestem Standard oder beteiligen sich an der Aufzucht traditioneller Nutztierrassen. Als immer stärker werdende Branche innerhalb der Landwirtschaft hat sich auch hier der Urlaub auf dem Bauernhof entwickelt.

Traditionsverbunden
Doch nicht nur die Landwirtschaft, auch das Handwerk hat im Ahrntal eine lange Tradition. Die zunehmende Spezialisierung in einigen Bereichen führte in den letzten Jahrzehnten zu Betriebsvergrößerungen und zur zunehmenden Nachfrage nach Standorten in den Gewerbezonen. Aber auch das alte Handwerk im Ahrntal noch zu finden, so wie beispielsweise die Holzschnitzerei und andere, fast in Vergessenheit geratene handwerkliche Tätigkeiten wie beispielsweise das „Schindelkliebn“ oder das Tiere-Präparieren. Allgemein macht sich das Handwerk heute neuere Verfahren und technologische Hilfsmittel zunutze, um ein breites Publikum mit hochwertigen Produkten zu beliefern. Die Handwerksbetriebe arbeiten auf dem modernsten Stand der Technik, um mit großem handwerklichem Geschick ihre Kunden mit qualitätsvollen Produkten zu versorgen. Die meisten von ihnen befinden sich in einer der drei Ahrntaler Gewerbezonen, wobei es allein in St. Johann an die 60 und in Steinhaus ca. 15 Handwerksbetriebe gibt. Das Fußfassen verschiedener Wirtschaftszweige und der wirtschaftliche Aufschwung im Ahrntal ist eng mit der steten Entwicklung des Tourismus verbunden.

Weißenbach, das Familiendorf
Weißenbach, das in einem Seitental am Beginn des Ahrntals liegt, erfüllt in vielerlei Hinsicht die Erwartungen der Urlaubsgäste von heute. Schon in den letzten Jahrzehnten haben Urlauber, Ruhesuchende und Bergsteiger dieses ursprüngliche Dorf für sich entdeckt. Kein Wunder, denn im Sommer kann Weißenbach mit zahlreichen Wandermöglichkeiten und Familienangeboten aufwarten, außerdem bieten die schönen Gipfel der umliegenden Bergketten auch anspruchsvollen Bergsteigern jede Menge verschiedenster Touren. Für gesunde körperliche Betätigung sorgen in Weißenbach ein Kneipp-Weg, ein Kräuter-Weg und ein Besinnungsweg – sie alle bieten jeweils lehrreiche Stationen. Und auch im Winter wird es hier nicht langweilig: Dann laden die nahe gelegenen Skigebiete Klausberg und Speikboden ebenso ein, wie eine wunderschöne Langlaufloipe, Rodelstrecken, Skitouren- oder auch Schneeschuhwandermöglichkeiten. Das idyllische Almendorf ist daher zu einem durchaus beliebten Aufenthaltsort für Familien geworden; vor allem für jene, die Ruhe in den Bergen suchen, was heuer nochmal mehr an Bedeutung gewinnt. Insgesamt kann Weißenbach als traditions- und kulturreiches Dorf mit landwirtschaftlichem Flair und blühendem Familientourismus beschrieben werden, in dem auch das traditionelle Handwerk nach wie vor einen hohen Stellenwert genießt.

Lebensqualität vor Ort
Der funktionierende Nahverkehr, zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten, Bildungsangebote und nicht zuletzt die Nahversorgung sind Punkte, die besonders für Familien wichtig sind und im Ahrntal für eine hohe Lebensqualität sorgen. Dass zum Beispiel jedes Dorf wenigstens mit einem Geschäft ausgestattet ist, hat sich besonders in der vergangenen Corona-Zeit bewährt. Die Stabilität der Wirtschaft ist mitunter darauf zurückzuführen, dass viele Wirtschaftstreibende um ihr Potential wissen und auf Innovation, Nachhaltigkeit und Zusammenarbeit setzen. So ist es auch in vielen Fällen gelungen, einen Bogen über die verschiedenen Wirtschaftszweige zu spannen. Vor allem die drei großen, ineinandergreifenden Bereiche der hiesigen Wirtschaft – Tourismus, Handwerk und Landwirtschaft – gehen im Ahrntal oft Hand in Hand. Die Synergien, die daraus entstehen, ermöglichen es, das gemeinsame Potential optimal auszuschöpfen, was vor allem in Zeiten, wie sie uns die Corona-Pandemie beschert hat, überaus wichtig ist. Doch nicht allein durch die Wirtschaft entscheidet sich, wie hoch die Lebensqualität in einer Ortschaft ist. Besonders ausschlaggebend dafür ist auch der politische Einsatz für soziale Belange. So punktet das Ahrntal bei Familien vor allem durch die zahlreichen soziale Einrichtungen wie Kindergärten, Grundschulen, Mittelschule, Musikschule, Seniorenheim, Kindertagesstätte, Eltern-Kind-Zentrum, Sportplatz und Spielplätze für Kleinkinder und für Grund- und Mittelschüler. (SH)