In den nächsten sechs Wochen haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit wieder auf einer Bühne zu stehen, nämlich auf jener des Stadttheaters Bruneck. Die erfahrene Theaterpädagogin Ingrid M. Lechner, die in Südtirol unter anderen mit den Theaterpädagogischen Arbeiten „Dornröschen“ oder „Pausenhofgeschichten“ bekannt ist, wird die jungen Menschen auf der Bühne begleiten und sie in die Welt des Theaters einführen.
„Auf einer Bühne zu stehen ist ein Kindertraum, den viele in sich tragen“, sagt die Schauspielerin und künstlerische Leiterin des Stadttheaters Bruneck, Christine Lasta. Sie selbst weiß, wie sich dieser Traum anfühlt und sie hat ihn sich erfüllt. Es ist schon einige Zeit her, aber auch Christine Lasta hat im Stadttheater Bruneck einen der früheren Workshops für Kinder und Jugendliche besucht, erinnert sie sich zurück. Damit Kinder nicht vor verschlossenen Türen stehen oder nur Zuhause ihr Talent ausprobieren können, sondern es in einem Workshop mit einer professionellen Referentin versuchen dürfen, sei laut Lasta nur einer der vielen Gründe, warum das Stadttheater diese Workshops seit Jahren anbietet. „Kinder lernen auf der Bühne ein Grund-ABC der körperlichen Haltung und sich gezielt, klar und deutlich auszudrücken. Diese schauspielerischen Handgriffe können alle erlernt werden und sind auch im alltäglichen Leben sehr hilfreich. Eigentlich sollten diese in einem eigenen Unterrichtsfach in der Schule gelernt werden“, sagt Lasta.
Heuer habe es durch die Coronakrise ein langes hin und her gegeben, bis klar war, dass der Workshop im Sommer abgehalten werden kann, berichtet der Technische Leiter Jan M. Gasperi. Aber es habe geklappt und es sei einfach wahnsinnig wichtig, dass in diesem kulturellen Bereich etwas für die Kinder angeboten wird, so Gasperi. Dabei ginge es in erster Linie darum die Kreativität aus den Kindern herauszuholen, Vertrauen aufzubauen und mit wenigen Mitteln eine Geschichte zu erzählen. Laut Gasperi erhalte Kreativität in den Schulen einfach einen zu geringen Stellenwert, das sei sehr schade. Was ihn vor allem an diesen Workshops motiviere sei, dass selbst die schüchtersten Kinder an Selbstbewusstsein gewinnen, ihre Ängste hinter sich lassen und vor einem großen Publikum die Bühne „rocken“. Alle diese Erfahrungen seien für die Kinder von großer Wichtigkeit und für die Eltern gleichzeitig eine Entlastung im Sommer. Bei all diesen positiven Aspekten, fühle sich Jan Gasperi aber von der öffentlichen Verwaltung im Stich gelassen. „Erst Ende Juli, Anfang August werden wir wissen, inwieweit die Workshops finanziert werden. Da sind schon zwei Kurse abgeschlossen. Wie auch immer, diese drei Termine stehen jetzt fest, wir wissen zwar noch nicht wie, aber wir werden die Kosten dafür stemmen“, hält Gasperi fest. Man sei in den letzten Jahren gut unterstützt worden, so sei es nicht, meint der Organisator, aber es sei einfach schwierig wenn wenige Tage vor Kursbeginn noch keine Zusage für finanzielle Unterstützung da sei.
Interview mit Ingrid M. Lechner
Ingrid M. Lechner aus Brixen arbeitet seit vielen Jahren als Schauspielerin, Regisseurin und Theaterpädagogin im In- und Ausland.
Puschtra: Sie sind Schauspielerin, Regisseurin und Theaterpädagogin. Was liegt Ihnen am meisten?
Ingrid M. Lechner: Ich finde die Kombination einfach gut und als Freischaffende habe ich damit drei berufliche Säulen. Ich habe die Schauspielschule in Berlin und Innsbruck besucht und erst später ist die Theaterpädagogik dazugekommen. Vor allem dann, als ich selbst Kinder hatte, ist die Theaterpädagogik aktueller und interessanter geworden.
Seit Langem arbeiten Sie auch mit Kindern und Jugendlichen. Was gefällt Ihnen an dieser Arbeit?
Mit Theaterpädagogik begonnen habe ich vor 16 Jahren, als mein Sohn geboren wurde. Es war für mich mit einem kleinen Kind arbeitstechnisch einfacher Kurse zu geben, als irgendwo in Wien oder Innsbruck zu spielen, weil die Wege einfach kürzer sind. In dieser Zeit habe ich in Südtirols Schulen als Theaterpädagogin Kurse abgehalten. Diese Kinder sind einfach toll und alle Persönlichkeiten, die so viel in den Kurs mitbringen. Faszinierend ist, dass oft genau die Schüchternen, die sich sonst in einer Gruppe nicht so gut integrieren können durch Theater in der Gruppe aufgefangen werden. Im Theater besteht durch Rollentausch auch die Möglichkeit, dass zum Beispiel genau dieses eine schüchterne Kind dann die Hauptrolle spielt und damit zum Mittelpunkt der Gruppe wird. Fixe Strukturen ändern plötzlich und bekommen eine ganz andere Dynamik. Über die Theaterpädagogik gelingt dieser Prozess und schafft Entwicklung.
Die vergangene Zeit war für die Jüngsten unserer Gesellschaft schwierig. Was waren Ihre Beobachtungen in Bezug auf Kinder und Jugendliche?
Kinder und Jugendliche sind in einer Entwicklung, wo sie eine Situation als gegeben betrachten, weil sie über keine Erfahrungen verfügen. Diese Situation konnten sie nicht verändern und waren damit in ihr gefangen. Anfangs überwiegte natürlich die Freude, dass sie nicht in die Schule mussten, aber dann kam die Erkenntnis, dass Schule doch nicht so blöd ist. Das war sicher eine tolle Erkenntnis. Dazu kam der digitale Aspekt, wo Jugendliche vorher immer gebremst wurden, um nicht zu viel am Handy oder Computer Zeit zu verbringen und plötzlich gab es nur noch diese Welt, um mit anderen zu kommunizieren. Welche Auswirkungen diese Zeit mit sich bringt, wird vielleicht erst später erkannt. Ich hoffe, dass sich die Kinder und Jugendlichen schnell wieder erholen und einen begegnungsstarken Sommer haben.
Im Sommer werden Sie im Stadttheater Bruneck Workshops für Kinder und Jugendliche abhalten. Was ist geplant?
Ursprünglich war ja nur ein Kurs geplant, aber durch die Coronaauflagen wurde die Anzahl der Kinder auf maximal sieben pro Kurs reduziert. Deshalb finden jetzt drei Theaterworkshop- Blöcke zu jeweils zwei Wochen statt. Das heißt, dass drei Theaterkurse in diesem Sommer angeboten werden und somit alle gemeldeten Kinder und Jugendlichen über einen Zeitraum von eineinhalb Monaten Theaterluft schnuppern können. Zwischen acht und 12 Jahren ist das ideale Alter für den Workshop. Wir haben pro Tag vier Stunden Zeit, um in die Welt des Theaters einzutauchen. Angefangen wird jeder Tag mit einem aufbauenden Teil zum Beispiel mit Sprechtechniken zum Ausdruck der eigenen Stimme und körperlichen Übungen, um die eigenen Bewegungen kennenzulernen. Wir werden mit Requisiten und Kostümen arbeiten und jede Gruppe erhält ihre eigene Geschichte, ihr eigenes Thema. Dabei handelt es sich um eine Rahmengeschichte, in der die Kinder und Jugendlichen aber auch sehr viel Freiraum bekommen. Die Kinder können in einem kreativen und wertschätzenden Umfeld Begegnung mit anderen erfahren, ihre Persönlichkeit entfalten und ihre Sicherheit im Auftreten entwickeln. Am Ende des Kurses werden wir dann auch eine Theateraufführung eine Abschlussperformance präsentieren. In welcher Form diese stattfindet richtet sich auch nach den Bestimmungen, die zu dieser Zeit dann aktuell sind, das muss sich erst noch zeigen.
Was könnte eine mögliche Geschichte für einen Theaterworkshop sein?
Ein Thema könnten zum Beispiel Geschichten sein, die während des Aufenthaltes auf einem Pausenhof passieren. Von Freizeit über Liebesgeschichten bis hin zu Mobbing können sich auf so einem Pausenhof ja unterschiedliche Szenen zwischen Jugendlichen ergeben, die gespielt werden können. Aus dem Fundus des Stadttheaters können sich die Kinder und Jugendlichen dann auch die zum Stück passenden Kostüme und Accessoires aussuchen und damit die Bühne bespielen. Die Geschichte hat dabei einen Rahmen, den ich als Theaterpädagogin vorgebe, aber die Kinder bekommen offene Räume, die sie mit ihrer eigenen Kreativität füllen können.
In der Einleitung zu diesen Workshops steht geschrieben: Wir schnuppern in die Welt des Theaters hinein. Was macht Theater aus?
Auf der Bühne werden sehr viele verschiedene Disziplinen geübt, wie mit der eigenen Stimme und dem eigenen Körper umzugehen ist. Es ist vom sozialen Lernen immens spannend, weil man sich selbst mit verschiedenen Rollen begegnet, deshalb ist es eine Begegnung mit sich selbst. Etwas von sich zu zeigen braucht auch sehr viel Mut. Im Kollektiv gelingt dies meist viel besser. Theater stärkt das Vertrauen in der Gruppe und nimmt auch sehr viel Stress, es entspannt und macht Erfahrung und Entwicklung möglich.
Was können Kinder und Jugendliche beim Theaterspielen alles lernen?
Durch das Theaterspielen ereignen sich unvergessliche Augenblicke, Schlüsselerlebnisse in der Entwicklung von Kindern, wo sie einen Weg für sich finden oder eine Kraft für sich entdecken. Diese Erfahrung, die die Kinder und Jugendlichen auf der Bühne durchleben, prägt sich ein und bleibt für das gesamte Leben erhalten und niemand kann sie ihnen mehr nehmen, sie können immer wieder darauf zugreifen.
(TL)
Theaterworkshops im Stadttheater
Kurs 1: Mo. 6. – Fr. 17. Juli, jeweils 9 – 13 Uhr
Kurs 2: Mo. 20. – Fr. 31. Juli, jeweils 9 – 13 Uhr
Kurs 3: Mo. 3. – Fr. 14. August, jeweils 9 – 13 Uhr
Zielgruppe: Kinder und Jugendliche von 8 – 12 Jahre
Gebühr: 160 Euro (Geschwisterkinder 140 Euro)
Max. Teilnehmerzahl: 7 Kinder/Jugendliche pro Kurs
Bitte bequeme Freizeitkleidung tragen
Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.