Teil 1 Vorgeschichte – Die Wirtschaft Tirols – und nicht nur sie – war bis weit über das Mittelalter hinaus gekennzeichnet durch ihre kleine Strukturierung. Die Größe der damaligen Handwerksbetriebe reichte über drei oder vier Arbeitskräfte kaum einmal hinaus. Sie bestanden nur aus einem Meister und einigen Gesellen und Lehrlingen. Das Anwachsen zu Großbetrieben geschah erst im Industriezeitalter, das im 18. Jahrhundert seinen Anfang nahm.
Wenn wir bedenken, wie bedeutend einst schon am Ende des Mittelalters der Bergbau in Tirol war, dann ergibt sich die Erkenntnis von selbst, dass man ohne entsprechende Strukturen und neue Arbeitsmethoden diesem Wirtschaftszweig nicht beigekommen wäre. Es war europaweit so, dass Bergwerke, wo immer sie aufbrachen, Arbeitskräfte anzogen und nicht selten bescheidene Dörfer zu städtischen Siedlungen machten. Das beste Beispiel dafür ist Schwaz im Unterinntal, das ab dem Ende des Mittelalters im europäischen Silber- und Kupferbergbau führend war und mehr als 20.000 Einwohner aufwies. In Österreich hatte damals nur Wien mehr Einwohner. Prettau im Ahrntal, heute ein Dorf mit gut 600 Einwohnern, zählte in der Blütezeit seines Kupferbergwerkes an die 1.000 Einwohner. Etwa 200 von ihnen hatten beim Bergwerk ihren Arbeitsplatz.
Die Gewerken
Die Bergbauunternehmer hießen „Gewerken“. Sie wurden zu Gewerken, wenn ihnen der Landesfürst Bergbauanteile übertrug, die sie dann bearbeiten durften bzw. mussten. Diese Anteile zerfielen in Neuntel. Sie konnten auch von anderen Gewerken käuflich erworben werden. Wenn irgendwo ein Bergwerk entdeckt wurde, kamen die ersten Gewerken meist aus der näheren Umgebung. Im Falle des Kupferbergwerkes von Prettau gehörten dazu Sigmund Heger (Verweser des Brunecker Stadtgerichtes), mehrere Mitglieder der Brunecker Familie Mor zu Sonegg, die Gebrüder Paul und Blasy Luckner, Hans Märl, der Lindlnschmid (alle aus Taufers), Christian Essmaister (aus Mühlen), die Ataler (aus der Gegend von Gais), Urban Walcher (Gewerke zwischen 1521 und 1535), Veit Stöckl, Veit Jakob Tänzl (beide aus Schwaz) und auch der Bischof von Brixen, der seine letzten Anteile im Jahre um 1560 verkaufte, und zwar an den Augsburger Kaufmann Hieronymus Kraffter, der Mitte der 40er-Jahre des 16. Jahrhunderts begonnen hatte, das Tauferer (- Prettauer) Kupfer zu kaufen, dann dort einige Bergwerksanteile erwarb und schließlich in Bruneck eine Messinghütte erbaute, als das Kupfer im Werte sank und zum alten Preis nicht mehr verkauft werden konnte. Die für den Prettauer Bergbau zweifellos bedeutendsten Gewerken in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert kamen aus der Familie Welsperg. Die Welsperg sind ein altes Tiroler Geschlecht, schon um 1140 bekannt und ab 1220 im Ritterstande. Der Ankauf der ersten Prettauer Bergwerksanteile und der halben Schmelzhütte „unter dem Rieser“ durch den Pfleger von Taufers Christoph von Welsperg erfolgte im Jahre 1504. Verkäufer waren die Erben des Christian Essmaister und dessen „nächster Freund Jacob Sawreyter“. In einer anderen Urkunde wird der Verkauf eines Hüttschlags und einer Schmelzhütte in Prettau unter des Gepauen Feld bestätigt. Verkäufer ist Hans Prabst aus Kematen, Käufer Christoph von Welsperg. Vier Welsperg sind in der ersten Hälfte des 16. Jh. als Gewerken des Bergwerkes von Prettau genannt: Christoph von Welsperg, der als Pfleger zu Taufers 1504 die ersten Bergwerksanteile kaufte, sein Bruder Bartlmä, dessen Sohn Karl und Werner, wohl ein Stiefbruder Christophs und Bartlmäs. Letztere zwei waren Söhne aus der zweiten Ehe des Balthassar von Welsperg (1412-1502), der Hauptmann zu Lienz, Verwalter des Görzischen Pustertales und außerdem in Primör und Valsugana begütert war.
Karl von Welsperg
Karl von Welsperg war für das Prettauer Bergwerk in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der wichtigste Gewerke. Er war als Nachfolger seines Vaters Bartlmä kapitalkräftig genug, bis zum Ende seines Lebens nicht nur alle Bergwerksanteile an sich zu bringen, sondern auch den Handel mit dem Prettauer Kupfer, den vorher lange oberdeutsche Kaufleute in der Hand gehabt hatten. Das gelang vor allem durch Gewährung hoher Darlehen an den Landesherrn. 1539 erhielten Karl und sein Vetter Sigmund von Welsperg den Titel Freiherr wegen ihrer und ihrer Voreltern Verdienste. Karl starb 1562 und hinterließ seinen Erben 150.000 Gulden. Die meisten der von Karl von Welsperg hinterlassenen Güter gingen auf dem Erbwege an Christoph von Wolkenstein-Rodenegg über, der dann ab 1568 Alleingewerke war. Er erließ eine Bergwerksordnung, die alle Bereiche der Bergarbeit regelte und mit deren Hilfe es ihm gelang, die Weichen für die günstige Entwicklung des Werkes auf Jahrzehnte hinaus zu stellen. Wichtig war wohl die Erkenntnis, dass der Verkauf des Kupfers an Kupferhändler zu wenig Profit abwarf und man es zu Messing weiterverarbeiten musste, wie das Hieronymus Kraffter, ein Augsburger Kupferhändler, zu Beginn der 50er-Jahre vorgemacht hatte. 1564 suchte Christoph von Wolkenstein um die Erlaubnis an, in der Herrschaft Lienz eine Messinghütte erbauen zu dürfen. Er bekam sie gegen die Verpflichtung, für jeden von Taufers nach Lienz beförderten Zentner Kupfer einen Gulden Zoll zu zahlen.
Die Brunecker Messinghütte
Bruneck kam als Standort für die kraffterische Messinghütte vor allem deswegen in Frage, weil seine Lage, was die Rohstoffe für die Messingproduktion anging, sehr günstig war. Das Kupfer war aus Prettau zu beziehen und eventuell auch aus den kärntnerischen Kupferbergwerken. Den Galmei gewann man an der Jauken südlich von Dellach im Kärntner Drautal.
Bei Galmei handelte es sich um die alte Bezeichnung für die Mineralien Hemimorphit und Zinkspat, eine lehmige, gelbliche Erde, die man dem Kupfer beimischte, nachdem sie geröstet worden war. Die Zinkblende, das am häufigsten vorkommende Zinkerz, konnte man in der vorindustriellen Zeit nicht verhütten.
Über den Standort der Brunecker Messinghütte gibt es einige Unklarheiten. Sie stand nicht am Platze, wo heute das Kapuzinerkloster steht, wie man nicht selten lesen kann, sondern schräg gegenüber dem heutigen Bahnhof etwas unterhalb der Bahnunterführung am oberen Ende des Stegener Marktplatzes. Das geht aus zwei Darstellungen der Stadt Bruneck aus den Jahren 1570 und 1581 hervor, von denen eine im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum verwahrt wird. Dort ist Die Mössing Hidten eingezeichnet. Sie besteht aus mehreren Gebäuden, die kreisförmig angeordnet sind.
(RT)
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