Der Auftakt zum Europäischen Forum Alpbach 2020 heute, 23. August, stand ganz im Zeichen der Zukunft der Euregio. Die Landeshauptleute präsentierten die Grundlagen für die Euregio-Zusammenarbeit.
Die Lawinensituation für die gesamte Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino auf einer gemeinsamen Plattform darstellen, einen Förderpreis für junge Forscher und innovative Unternehmer aus der Euregio vergeben oder eine Akademie zum umfassenden Euregio-Wissenstransfer etablieren – solche Ideen haben vielfach ihre Wurzeln in Alpbach. 2012 wurde der Tiroltag erstmals von der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino ausgetragen und seither wurden zahlreiche Projekte und Maßnahmen initiiert – während der diesjährige Tiroltag angesichts der derzeitigen, noch nie da gewesenen Coronavirus-Situation vor allem digital stattfindet, stand der Auftakt zum Europäischen Forum Alpbach 2020 ganz im Zeichen der Zukunft der Euregio.
Versammlung ausweiten, Bürger einbinden und neue Büros schaffen
Euregiopräsident Günther Platter, der Südtiroler Landeshauptmann und der Landeshauptmann der Provinz Trient präsentierten am heutigen Sonntag (23. August), die „Fundamentals – die Grundlagen der Zusammenarbeit in der Europaregion“. Unter diesem Motto stand der Tiroltag 2020: Es wird eine neue Basis für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und eine Reform des Europäischen Verbundes zur territorialen Zusammenarbeit (EVTZ) geben. Dementsprechend haben die drei Landeshauptleute bereits im Vorfeld den Auftrag erteilt, im Rahmen des EuregioLabs unter der Leitung von Professor Walter Obwexer die bisherige Euregio-Zusammenarbeit zu analysieren und Empfehlungen für die Weiterentwicklung vorzulegen. Auf Basis von drei konkreten Empfehlungen werden nun das auf den Gründungsverträgen 2011 basierende Regelwerk der Europaregion modernisiert. Konkret sind die Stärkung der demokratischen Elemente durch die Ausweitung der Versammlung, die Einbeziehung von Vertretern der Gemeinden und der Bürger, die Errichtung von Euregio-Büros in Innsbruck und Trient sowie ein Euregio-Kulturfestival geplant.
Künftig noch mehr Zusammenarbeit
„Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, wie wichtig die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist – vor allem in Krisenzeiten. Wir wollen und müssen dafür Sorge tragen, dass die Europaregion fit für die Zukunft bleibt. Nur so können auch nachfolgende Generationen von diesem Projekt im Rahmen des Friedensprojektes Europäische Union profitieren“, sagte Euregio-Präsident Platter. Während die Bekanntheit der Euregio innerhalb der Bevölkerung steige, fordere die überwältigende Mehrheit – nämlich 90 Prozent –, dass die Zusammenarbeit zwischen Tirol, Südtirol und dem Trentino weiter ausgebaut werde. „Dem tragen wir mit den heutigen Beschlüssen und Maßnahmen Rechnung – wir nehmen die Zukunft der Euregio in neue Hände, gemeinsam mit der Bevölkerung“, betonte Platter.
Grundwerte aufrechthalten
„Das Thema der ‚Fundamentals‘ ist absolut treffend gewählt. Nicht nur die aktuelle Covid-Krise, sondern bereits die Flüchtlingskrise vorher hat die Fundamente unserer solidarischen Gesellschaft erschüttert und unsere Grundwerte auf die Probe gestellt“, sagte der Südtiroler Landeshauptmann. „Jetzt gilt es mehr denn je populistischen Versuchungen zu widerstehen, um keine Politik voranzutreiben, die vor Wutbürgern in die Knie geht“, betonte Südtirols Landeshauptmann.
Wert der Euregio in Europa hervorheben
Sein Trentiner Amtskollege sagte, er schließe sich der Einladung von Platter an, einen Blick auf die Zukunft des grenzüberschreitenden Bündnisses zu werfen, umso mehr umso mehr in einer so schwierigen Zeit wie der jetzigen mit gesundheitlichem Notstand und dessen Folgen für das wirtschaftliche, soziale und zivile Leben. „Wir müssen wieder von unserer Geschichte und unseren Werten ausgehen und gleichzeitig den Blick auf die Zukunft richten, beseelt vom Mut, innovativ zu sein und dabei unsere gemeinsame euroregionale Erfahrung zu nutzen“, sagte der Trentiner Landeshauptmann und verwies auf als zehnte Gründungsjubiläum des EVTZ 2021 als wichtiges Ereignis. „Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, den Wert der Euregio in Europa im Interesse unserer Gemeinden und insbesondere unserer jungen Menschen hervorzuheben“, unterstrich der Landeshauptmann der Provinz Trient.
Mitsprache in der Euregio: Rat der Gemeinden und Einbindung der Bürger
Entsprechend der Empfehlungen des EuregioLabs setzt der Euregio-Vorstand gemeinsam mit den Landtagen eine Kommission ein, die sich unter der Leitung des Europarechtsexperten Walter Obwexer umgehend an die Ausarbeitung der neuen Statuten macht. Das Herzstück der Statutenreform wird die Stärkung der demokratischen Strukturen und die Einbeziehung der Bürger sein: Derzeit findet alle zwei Jahre der Dreierlandtag der jeweils gewählten Mandatare statt. Künftig sollen auch Gemeinden verstärkt in Form eines „Rat der Gemeinden“ miteinbezogen werden. Dieser wird den Vorstand beraten. Die Eckpunkte dafür sollen bereits im Frühsommer 2021 für Gespräche mit den Gemeindeverbänden und Interreg-Räten stehen. Auch ein Bürger-Rat soll implementiert werden – 2021 werde es dazu ein Pilotprojekt geben. Die konkrete Ausgestaltung wird in den kommenden Monaten ausgearbeitet.
Die Euregio vor Ort in allen drei Landesteilen
Nachdem am 1. Juli 2020 die Europaregion ihren neuen Sitz in im Waaghaus in Bozen bezogen hat, wird es künftig auch in Innsbruck und in Trient Euregio-Büros geben: Das Wachstum an Themen und Aufgaben der Euregio seit 2011 ist laut Platter beachtlich. Derzeit ist die Europaregion in den jeweiligen Landesverwaltungen und dem Euregio-Büro in Bozen vertreten. Für eine künftig noch bessere Koordination werden dezentrale Anlaufstellen in allen drei Ländern geschaffen. Daher sollen auch in Tirol und dem Trentino Informations- und Koordinationsbüros eingerichtet werden, in welchen ausschließlich Euregio-Projekte mit zweisprachigem Personal unter der Führung des Generalsekretärs entwickelt und betreut werden. Dadurch soll der Informationsfluss verbessert und Projekte sollen zielgerichtet und schneller umgesetzt werden.
Grenzüberschreitende Kultur und touristische Zusammenarbeit fördern
„Kultur lebt vom Austausch, Brauchtum und Tradition sowie Gemeinsamkeiten und Gegensätzen. Der Vorschlag der Experten zu einem abwechselnd in allen drei Ländern stattfindenden ‚Euregio-Kulturfestival‘ wird jedenfalls in die Neukonzeption der Euregio mitaufgenommen“, kündigten die drei Landeshauptleute an. Angesichts der derzeitigen Situation steht eine Durchführung der Veranstaltung bereits 2021 noch nicht fest – die Zeit soll jedoch vor allem für die Konzeption genutzt werden. Aus diesem Grund wird es im kommenden Jahr in Tirol einen Kulturstammtisch geben, bei dem über die Ausrichtung eines solchen Festivals diskutiert wird.
Damit die Europaregion auch im Bereich Tourismus gemeinsam noch besser Fuß fassen kann, wurden heute auch die Gründungsverträge eines neues EVTZ von den Landestourismusorganisationen der drei Länder unterzeichnet: „Euregio Connect“ ist ein Europäischer Verbund für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), der die Zusammenarbeit seiner drei Mitglieder Tirol Werbung, der Wirtschaftsdienstleister IDM Südtirol und Trentino Marketing erleichtert, da die Umsetzung grenzübergreifender Projekte vor allem im Tourismus vereinfacht wird. Der Sitz dieses EVTZ ist in Innsbruck. (san)
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