Steigende Infektionszahlen, Bewegungseinschränkungen und verschärfte Corona-Maßnahmen gehören wieder zum Alltag in Südtirol. Unter anderen Branchen hat das Virus mit seinen Auswirkungen auch die Gastronomie wieder voll im Griff: Bars und Restaurants sind geschlossen und die Buchungslage in den Hotels für die bevorstehende Wintersaison ist verhalten.
Die letzten Wochen waren sehr hektisch: Seit Anfang Oktober feilte die italienische Regierung an Dekreten, um den steigenden Infektionszahlen Herr zu werden. Ein totaler Lockdown wie im März sollte vermieden werden. Die Welle der neuen Verordnungen für Südtirol nahm ab Ende Oktober seinen Lauf: Mit den am 26. Oktober von der Landesregierung erlassenen, strengeren Maßnahmen sahen sich Handel, Bildung, Gastronomie und Sport wieder mit neuen Einschränkungen konfrontiert. Bereits einige Tage später wurden die Maßnahmen erneut verschärft. So kündigte der Landeshauptmann am 29. Oktober wiederum neue Regeln an, die aber nicht ausreichten, um die erneut steigenden Infektionen zu senken. Nach Corona-Sondersitzungen und virtuellen Aussprachen mit der Regierung in Rom reagierte die Landesregierung mittels Verordnung Nr. 63, die seit dem 4. November bis zum 22. November anhalten sollte, doch dann folgte die Einstufung von ganz Südtirol als Rote Zone und ein neuer Teil-Lockdown war im Anmarsch.
Bars und Restaurants zu
Laut ersten Verordnungen wurden Sperrstunden eingeführt, ab 20 Uhr für Bars und ab 22 Uhr für Restaurants, die Verabreichung von Speisen und Getränken nur auf zugewiesenen Sitzplätzen erlaubt und ein Konsumverbot im Stehen festgeschrieben, sowie die Anzahl der Personen pro Tisch beschränkt. Dann kam die Schließung der Gastronomie: alle Bars und Restaurants sind zu. Ein Abholdienst bis 20 Uhr, ein Lieferservice bis 22 Uhr und ein Mensadienst für Arbeitende waren noch erlaubt. Hotels durften keine neuen Gäste mehr annehmen, nur mehr Gäste, die sich aus Arbeitsgründen im Beherbergungsbetrieb aufhalten.
Zu wissen, wann eine Wiederaufnahme der Tätigkeiten innerhalb der Branche wieder möglich ist und unter welchen Bedingungen sei jetzt ausschlaggeben, um für die Wintersaison gerüstet zu sein, betont Thomas Walch, der hgv-Bezirksobmann des Pustertals und Gadertals. So würden die Betriebe zumindest planen können. Wenn diese Situation aufgrund steigender Infektionszahlen noch länger anhalte und die Betriebe weiterhin geschlossen blieben, dann müsse man auch diese „bittere Pille“ schlucken, meint Walch. Aber keinen Plan zu haben, nach dem sich die Branchenmitglieder richten könnten, sei untragbar und gegenüber Gästen und Mitarbeitern sowie Branchen-Partnern nicht zu rechtfertigen. „Wenn wir nicht wissen, wo die Reise hingeht, werden viele Betriebe in große Schwierigkeiten geraten. Es braucht eine planbare Lösung“, sagt Thomas Walch. Zudem fordert die Gastronomie-Branche eine europäisch gleichgestellte Lösung. „Wenn die Betriebe in Deutschland und Österreich für den Zeitraum der Schließung bis zu 80 Prozent Umsatzausfall erhalten, steht uns das auch zu. Unsere Betriebe sind sehr bedrückt“, sorgt sich der hgv-Bezirksobmann.
Umsatzeinbußen im Sommer
Laut Thomas Walch ist die vergangene Sommersaison in der Hotelerie nicht so gut gelaufen, wenn man die Zahlen genau anschaut, durchrechnet und mit dem Betriebsergebnissen der letzten Jahre vergleicht. „Trotz besserer Umsatzzahlen in den Reisemonaten Juli und August sind im Schnitt im Pustertal und im Gadertal die Umsätze auf die ganze Saison gesehen um 20 bis 40 Prozent tiefer ausgefallen als im letzten Jahr. Deshalb können die Betriebszahlen für 2020 nicht so positiv interpretiert werden, wie sie im ersten Moment scheinen“, erklärt der hgv-Bezirksobmann und bezieht sich dabei auf eine Analyse, die der HGV durchgeführt hat.
Diese Situation spiegelt auch das Wirtschaftsbarometer des Instituts für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen (WIFO) für den Sommer 2020 im Gastgewerbe wider: „Trotz einiger Anzeichen für einen Aufschwung im Juli und August haben die langen Betriebsschließungen und die Reisebeschränkungen während der Lockdown-Phase den Südtiroler Tourismussektor stark getroffen. In der ersten Jahreshälfte 2020 gab es in Südtirol fast 6,6 Millionen weniger Übernachtungen als im Vorjahressemester, was einem Rückgang von 46 Prozent entspricht. Selbst im Juni, als die Reisebeschränkungen bereits aufgehoben waren, lag die Anzahl der Nächtigungen um fast 75 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Eine Verbesserung gab es erst im Juli und August, die Umsatzeinbußen in den Vormonaten waren jedoch so gravierend, dass nur 22 Prozent der Unternehmer des Gastgewerbes heuer noch mit einem zufriedenstellenden Betriebsergebnis rechnen.
Laut der befragten Unternehmen betrug der Umsatzrückgang im April im Vergleich zum Vorjahresmonat 80 Prozent und im Mai 71 Prozent. Natürlich haben auch die Investitionen in Folge dieser schwierigen Konjunkturlage stark abgenommen. Darüber hinaus werden steigende Kosten und eine allgemeine Verschlechterung der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit gemeldet. Ungefähr ein Drittel der Unternehmen beklagt sich auch über einen erschwerten Kreditzugang.
Betrachtet man die einzelnen Branchen innerhalb des Tourismussektors, so ist das Geschäftsklima vor allem in der Beherbergung und in der Gastronomie besonders schlecht. Die Stimmung bei den Bars und Cafés ist hingegen etwas besser, was auch auf die schnellere Wiederaufnahme der Aktivität nach der Lockdown-Phase zurückzuführen ist.“
Buchungssituation auf standby
„Der Einbruch der Nachfrage und der Buchungen hat bereits mit dem Ausruf der roten Zone in Nordtirol im September begonnen, weil der Gast nicht zwischen Süd-, Nord- und Osttirol unterscheidet“, erklärt Thomas Walch. Komplett eingebrochen seien die Buchungen des Deutschen Gastes dann mit weiteren Reisewarnungen des Robert Koch Institutes (RKI). „Ab dem Zeitpunkt, wo auch Südtirol als rote Zone eingestuft worden ist, ist die Buchungslage auch in Orten, wo das Herbstgeschäft normalerweise noch gut läuft, wie im Ahrntal oder in Gebieten rund um den Kronplatz, gleich Null gewesen und die restlichen Gäste sind am Tag vor Beginn der Reisewarnung abgereist“, sagt Thomas Walch, der unterstreicht, dass bis dahin der italienische Gast von den Meldungen des RKI allerdings noch “unbeeindruckt“ gewesen sei. Beim italienischen Gast bestünde eher die Angst, dass man aufgrund der steigenden Infektionen gar keine Lust mehr zum Urlauben hätte. „Der Italiener hat Bedenken, wie er über den Winter kommen soll und daher ist überhaupt keine Urlaubsstimmung da“, sagt Walch. „Die Buchungssituation ist auf standby“. Das Gadertal und das Hochpustertal sei von der Stornierungswelle leicht erwischt worden, weil die Saison schon so gut wie zu Ende war. Die schwache Buchungslage hätte aber zum Beispiel Wellnesshotels, die mit ihren Angeboten die Saison bis Ende November verlängern können, getroffen. Diese mussten die Saison früher beenden als geplant, so Walch.
Hoffnung für Winterliebhaber
Dass in Südtirol auch im Winter 2020/21 eine Wintersaison stattfinden wird, davon ist Walch überzeugt. Genauso überzeugt ist Walch aber auch davon, dass die kommende Wintersaison „in einer reduzierten Form stattfinden wird“. Das heiße weniger Gäste, weil die Nachfrage nicht gegeben sei. Vor allem der internationale Gast wird laut Walch im nächsten Winter fehlen, da die Situation in den anderen Ländern gleich oder noch schlechter sei. Vor allem würden die vielen Touristen aus dem Osten fehlen, die in den vergangenen Wintern vermehrt die Pustertaler Skigebiete, wie zum Beispiel den Kronplatz, aufgesucht haben. Deshalb würde es auch keinen Ansturm von Gästen auf die Skigebiete geben, meint Walch. Zudem plädiert der hgv-Bezirksobmann auf die Eihaltung der Sicherheitsprotokolle in den Skigebieten und auf die vermehrte Durchführung von Kontrollen. So könnte die kommende Wintersaison aussehen, meint Thomas Walch. Falls die Corona-Lage allerdings so schlimm werden würde, dass die Gastronomie-Betriebe im Winter nicht aufsperren dürfen, dann drohe gar einigen Betrieben das Aus, prognostiziert Walch. (TL)
Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.