Freiwilligeneinsätze am Hof

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Freiwilligeneinsätze am Hof

Frisch gemähtes Heu riechen und unmittelbar in der Natur arbeiten ist für viele ein Ansporn als freiwilliger Helfer auf einem Bergbauernhof mitzuarbeiten. An die 1.500 Bauernhöfe sind in Südtirol aufgrund ihrer Voraussetzungen berechtigt, sich Freiwillige für die Arbeiten am eigenen Hof zu organisieren. Der Verein Freiwillige Arbeitseinsätze EO kümmert sich seit 25 Jahren um Südtiroler Bergbauern, die dringend helfende Hände benötigen.

Puschtra: 1996 wurde mit den freiwilligen Arbeitseinsätzen in verschiedenen Orten in Südtirol gestartet. Welche Erkenntnis hat man damals aus diesem Pilotprojekt gewonnen?

Obmann Georg Mayr bei der Heuarbeit.

Obmann des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze EO, Georg Mayr: Nachbarschaftshilfe hat es immer schon gegeben, diese Hilfe war jedoch immer mit einem gewissen Risiko verbunden, falls etwas passiert ist. Als damaliger Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes habe ich 1996 gemeinsam mit der Caritas, der Lebenshilfe und dem Südtiroler Jugendring einen Verein gegründet, um diesen Freiwilligen eine Rechtssicherheit zu geben. Wir sind dann mit dem Pilotprojekt gestartet, aber, dass dieses so gut ankommt und sich so viele Freiwillige melden, hätten wir uns nicht erwartet. Nach dem Pilotprojekt, das in Ulten, im Ahrntal und im Sarntal stattgefunden hat, wurden die freiwilligen Arbeitseinsätze auf ganz Südtirol ausgedehnt.

Die Not der Bergbauern in den 90er-Jahren – infolge von Abwanderung und sinkenden Preisen für landwirtschaftliche Produkte – war einer der Hauptgründe, wo der Verein Abhilfe schaffen sollte. Was hat sich seither verändert?
Ausschlaggebend sind immer der Wille und die innere Verbundenheit der Bauernfamilie, um einen Hof weiter zu bewirtschaften, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist. Und von diesen Familien sind gar einige geblieben. Gerade diese Verbundenheit gilt es mit dem Einsatz von Freiwilligen zu unterstützen. Natürlich sind auch Höfe aufgelassen worden, aber gemessen an anderen Gebieten haben wir in Südtirol die geringsten Auflassungsquoten. Es hat sich demnach in den letzten Jahrzehnten in dieser Entwicklung nicht allzu viel verändert.

2020 haben sich 2.197 Helfer und Helferinnen gemeldet. Diese Anzahl an Anmeldungen ist beträchtlich höher, als die der Gesuchsteller mit 277 Ansuchen. Wie werden die Freiwilligen zugeteilt?
Die Freiwilligen werden von den Mitarbeiterinnen in unserem Büro mit bestem Wissen und Gewissen zugeteilt. Dafür wird mit jedem Helfer ein Gespräch geführt, um seine Bedürfnisse und Wünsche zu erfahren. An die 24 Prozent der Freiwilligen sind Südtiroler und da ist nach Bozen mit 32, 3 Prozent das Pustertal mit 20,5 Prozent der zweitstärkste Bezirk. An die 66 Prozent kommen aus Deutschland zum freiwilligen Arbeitseinsatz, Wenige kommen aus anderen Ländern wie zum Beispiel Österreich, der Schweiz usw.

Was ist Ihrer Meinung nach die Motivation sich für so einen Einsatz zu melden?
Abgesehen davon, dass jede Arbeit wertvoll ist, haben die Helfer und Helferinnen ganz unterschiedliche Beweggründe. So mancher Südtiroler möchte einen anderen Landesteil seiner Heimat besser kennenlernen. Bei den Bundesdeutschen ist es mehr die Naturverbundenheit in der frischen Bergluft weit oben.

Haben Sie selbst schon einmal als Helfer auf einem Hof mitgearbeitet?
Ja! Einen Tag im Jahr hilft der gesamte Vorstand auf einem Bergbauernhof mit. Wir suchen uns dann jedes Jahr einen Hof in einem anderen Bezirk aus, wo unsere Hilfe gebraucht wird. So waren wir im Pustertal zum Beispiel auf einem Hof oberhalb von Gais und in Terenten.

Welche Tätigkeiten kann die Freiwilligenarbeit umfassen?
Die Helferinnen helfen oft im Haushalt, wo sie beim Kochen, bei der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen gebraucht werden. Die Haupttätigkeit auf den Höfen ist aber jene der Heu- und Grummeternte, weil diese Arbeit auf steilen Höfen fast ausschließlich mit der Hand erledigt werden muss. Ansonsten haben wir auch viele soziale Einsätze, weil sich Bauer oder Bäuerin verletzt haben oder geworden krank sind.

Welche Voraussetzungen muss ein Hof haben, um für Helfer ansuchen zu können?

Bauer Hermann Steinwandter und Steffen Eberhardt bei der Heuernte im Sommer 2015.

Von den 10.000 Viehbauern in Südtirol haben an die 1.500 ein Anrecht für einen freiwilligen Helfer oder eine Helferin. Die Höfe müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllen, die der Verein vorgibt. Grundsätzlich gilt, dass es sich um einen schwer zu bearbeitenden Hof handeln muss, wobei die Erschwernispunkte der Landeshöfekartei herangezogen werden. Die Höfe müssen mindestens 65 Punkte erreichen, um die Hilfe von Freiwilligen in Anspruch nehmen zu können. Zudem werden die soziale Situation und die Rahmenbedingungen hinzugezogen, weil die Freiwilligen Unterkunft und Verpflegung erhalten.

Der Verein Freiwillige Arbeitseinsätze EO feiert heuer sein 25-jähriges Jubiläum. Wie wird dieses Jubiläum – in Corona-Zeiten – aussehen?
Für Herbst ist eine bescheidene Feier und zudem ein Buchprojekt über die 25 -jährige Tätigkeit des Vereins Freiwillige Arbeitseinsätze geplant. Das Buch soll Einblick in das Leben der Bergbauern in Südtirol geben, über die Erfahrungen der freiwilligen Helfer und über die Hilfstätigkeit des Vereins sprechen.

Was wünschen Sie sich als Obmann für die Zukunft des Vereins?
Insgesamt bin ich sehr zufrieden, vor allem auch mit der Zusammenarbeit im Vorstand, dessen Mitglieder aus den vier Trägerorganisationen stammen. Ein Wermutstropfen ist jedoch, dass wir keine direkten Einnahmen haben, sondern auf Landesbeiträge und Sponsoren angewiesen sind.

Auf dem Stolpahof arbeiten seit über 20 Jahren Freiwillige mit. Im Bild die Bäuerin Renate Taschler Steinwandter im Stall.

Stolpahof in Toblach
Die Bezirksbäuerin Renate Taschler Steinwandter bewirtschaftet mit ihrer Familie den „Stolpahof“ in Toblach auf 1.665 Meter Meereshöhe. Die Bäuerin ist eine der Gesuchstellerinnen für eine freiwillige Helferin oder einen freiwilligen Helfer im Pustertal. Auch für 2021 hat sie für den Zeitraum von Juni bis September bereits im Verein für Freiwillige Arbeitseinsätze angefragt. Schon vor 20 Jahren hat Renate Taschler Steinwandter zum ersten Mal einen freiwilligen Helfer beantragt und seit damals arbeiten jedes Jahr mehrere Helfer und Helferinnen über die Sommermonate auf dem Hof mit, wie sie berichtet. „2001 war ein arbeitsreiches Jahr: Mein Vater und mein Onkel waren zur Pflege am Hof, zudem war mein Sohn erst ein Jahr alt. Im Landwirt hatte ich von diesen Freiwilligen Einsätzen gelesen und sofort angesucht, da mir dies eine gute Idee schien“, erzählt die Bäuerin, die die Freiwilligenarbeit als eine große Unterstützung empfindet und seither ebenso viel Erfahrung mit den Freiwilligen gesammelt hat. „Mittlerweile kommen die Helfer auch schon zum dritten Mal in Folge. Manchmal sind es auch zwei gleichzeitig, etwa zwei Freunde oder im letzten Jahr zum Beispiel ein Ehepaar aus Deutschland. Für die Freiwilligen selbst ist unser Lebensstil sicher auch eine Herausforderung, da viele meist aus einem ganz anderen Arbeits- und Lebensumfeld kommen“, fasst die Stolpa Bäuerin zusammen, die in diesen vielen Jahren durchwegs auf positive Erfahrungen zurückblickt und das Angebot sicher auch noch in den nächsten Jahren in Anspruch nehmen wird.

Hofbesitzer Valentin Innerhofer und freiwilliger Helfer Hannes Andergassen (v.l.).

Freiwilliger Helfer in Reischach
Der Gastronom Hannes Andergassen hat die Schließung der Gastronomie in den letzten Monaten dazu genutzt, um die Freiwilligen Arbeit kennenzulernen. Durch einen Freund ist er auf den Verein Freiwillige Arbeitseinsätze aufmerksam geworden. „Ich wurde im Verein Freiwillige Arbeitseinsätze sehr gut beraten und hatte schnell zwei Angebote, eines im Passeiertal und eines auf einem Hof in Reischach, wo ich dann auch einen Monat lang mitgearbeitet habe“, erzählt Hannes Andergassen. Beim Oberhauser Hof in Reischach lernte der gebürtige Kalterer viel über den Garten- und Ackeranbau. „Ich wollte mich schon immer in dieser Materie weiterbilden und auf dem Oberhauserhof, wo biodynamisch gearbeitet wird, hatte ich die perfekte Gelegenheit dazu.“ Laut Hannes Andergassen nimmt er nicht nur viel neues Wissen aus dieser Lebensphase mit, sondern vor allem körperliche, geistige und emotionale Ausgewogenheit. „Hier habe ich das volle Paket erlebt“, beschreibt der Gastronom die durchlebte Zeit, die er nicht missen möchte. (TL)