Pustertal – Die Traktoren laufen seit Wochen auf Hochtouren, die Düngesaison hat ihren Höhepunkt auch in den höher gelegenen Gebieten erreicht. Für die Landwirtschaft notwendig, ist für manchen Bürger Leid! Immer wieder kommt es zwischen Landwirten und Anrainer zu Meinungsverschiedenheiten.
Wenn der Frühling am schönsten ist, wenn alles blüht und sprießt, bedeutete es für die Bauern: Es ist Zeit die Felder zu düngen. Auf dem Land kommt in diesen Wochen meist die Frage auf, ob das Spritzen von Gülle und Jauche auch wirklich notwendig ist und ob es keine andere Lösung gibt.
Die „Mistsuppe“
Der Begriff „Gülle bedeutete ursprünglich so viel wie „Pfütze“ oder „Lache“. Es ist eine Mischung aus Kot und Harn von landwirtschaftlichen Nutztieren und besteht zum größten Teil aus Wasser, in dem sich gelöste Nährstoffe, organische Substanz und Mineralstoffe befinden. Diese Nährstoffversorgung in erster Linie für Futtergräser wichtig. Gülle und Jauche liefert wichtige Hauptnährstoffe wie Stickstoff, Phosphat, Kalium und Magnesium. Durch den Einsatz von Gülle können Pflanzen besser wachsen und es gibt höhere Ernteerträge. Zudem baut die enthaltene organische Substanz den Humusgehalt des Bodens auf. Doch Vorsicht ist geboten! Bei zu viel Gülle sind die Pflanzen nicht mehr in der Lage, den Stickstoff aufzunehmen und dieser kann ins Grundwasser gelangen. Auch Flüsse und Seen können unter einer Überdüngung leiden. Verbindet sich der Stickstoff mit Wasserstoff, entsteht Ammoniak. Das Gas riecht nicht nur stechend, es wirkt auch ätzend auf Lunge, Haut und Augen. Ammoniak führt zu einer möglichen Versauerung der Böden und Gewässer, wenn es an anderer Stelle wieder auf die Erde trifft. Deshalb gibt es EU-Richtlinien und eine Obergrenze wie viel und wann gedüngt werden darf. Ein weiteres mögliches Problem ist das Nebenprodukt Nitrat, eine Stickstoffverbindung, die als Pflanzennahrung dient. Für Menschen ist Nitrat zunächst ungefährlich. Allerdings können Bakterien Nitrat in Nitrit umwandeln, was als krebserregend gilt. Dieser Umwandlungsprozess kann auch im menschlichen Magen stattfinden, weshalb die Weltgesundheitsorganisation einen Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Grundwasser festgelegt hat. Das nächste Problem entsteht durch die mögliche Verteilung multiresistenter Keime. Die verbreitete Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung führt dazu, dass Bakterien Resistenzen bilden. Durch den Einsatz von Gülle als Düngemittel bleiben resistente Keime nicht im Stall, sondern werden großflächig verteilt.
Gülle: Wie ausbringen?
Durch den häufig vorhandenen Überschuss an Jauche und Gülle, kommt es immer wieder vor, dass mancher Landwirt seine Suppe nicht regelkonform entsorgt. Geschehen auch in Toblach, wie eine aufgebrachte Anrainerin berichtet: „Drei Tage hintereinander konnte ich am Abend nicht das Fenster aufmachen und keine Wäsche draußen hängen lassen. Im Silvesterbach kam braune Suppe angeschwemmt. Das ist eine Zumutung für die Bevölkerung!“. In der Tat berichteten einige Toblacher Bürger von ähnlichen Vorfällen. Gülle in Flüssen zu entsorgen sei illegal und schade der Umwelt, heißt es aus dem Landesforstdienst, der gleichzeitig warnt: „Die Einleitung von Gülle in Gewässer ist mit empfindlichen Verwaltungsstrafen verbunden.“ Ein Lösungsvorschlag ist die direkte Einarbeitung der Jauche beim Ausbringen in den Boden, wo die Jauche auf Anhieb mit Erde bedeckt wird und so das stinkende Gas nicht entweichen kann. Dieses Verfahren gilt allerdings als zeitaufwändig und ist im steilen Gelände nur schwer möglich. Großes Potential liegt in den Biogas-Anlagen, wo Gülle und Mist in Strom und Wärme umgewandelt wird. (MT)
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