Osttirols Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Aufwärtstrend erlebt, der durch Corona abrupt gebremst wurde. Die Pandemie kam mit all ihren Einschränkungen und Einbußen für den Großteil der Wirtschaft – und eben auch mit einer allgemeinen Verunsicherung. Doch nun scheint Licht am Ende des Tunnels sichtbar zu sein, ein Aufholprozess ist im Gang.
Die Wirtschaftskammer Lienz zeigte sich in den vergangenen Jahren mit den aktuellen Wirtschaftsdaten durchaus zufrieden. Bezüglich der Gesamtsituation der regionalen Wirtschaft konnte nämlich ein erfreulicher Aufwärtstrend und ein überdurchschnittliches Wachstum beobachtet werden. Vor allem das „Dreigestirn“ Industrie, Gewerbe/Handwerk und Tourismus hatte sich bewährt und sorgte für jahrelange Stabilität. Die beiden erstgenannten Sparten stellten mit jeweils ca. 3.500 Beschäftigten mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze zur Verfügung. Was in anderen Worten bedeutet, dass die produzierende Wirtschaft eindeutig Wachstumsmotor und hauptverantwortlich für den Strukturwandel Osttirols in den letzten Jahrzehnten war und auch heute noch ist. Osttirol liegt nach wie vor bei den Industriearbeitsplätzen an beachtlicher zweiter Stelle unter allen Tiroler Bezirken. Das Plus dabei: In der Industrie handelt es sich in der Regel um Ganzjahresjobs. Dass es nicht einen einzigen großen Betrieb als Arbeitgeber, sondern etliche mittelgroße gibt, senkt das Risiko und ist ein weiteres Plus. Etwas anders ist es im Tourismus, der bis Ende 2019 ungefähr 22 Prozent der Beschäftigung beisteuerte. Hierbei handelte es sich zumeist um saisonale Arbeitsplätze, was vor allem im vergangenen Jahr zu einem großen Problem zahlreicher Arbeitnehmer geführt hat. Denn gerade der Tourismus war es, der durch die Corona-Pandemie besonders stark gelitten hat und damit eben auch all die saisonal Beschäftigten in diesem Sektor.
Lang ersehnter Neustart
Für die Hotellerie und die Gastronomie waren die vergangenen Monate überaus schwierig. In derselben Situation befanden sich natürlich auch die Unternehmen in den Bereichen Freizeit, Sport und Kultur. Doch mit 19. Mai erfolgte endlich der lang ersehnte Startschuss in eine neue Saison. Dieser Neustart war sowohl für den Wirtschaftskreislauf als auch das soziale Leben extrem wichtig. Nun hoffen die Unternehmen darauf, dass die Regelungen möglichst rasch an die Praxis angepasst werden und zählen auf eine Verlängerung der dringend nötigen Wirtschaftshilfen. Auch wird mit Fortschritten durch die Impfungen gerechnet. Besonders auch die Öffnung der Freizeit- und Sportbetriebe war nach der monatelangen Durststrecke nicht nur wirtschaftlich wichtig; Bewegung und Sport sind nämlich auch wesentlich für das physische und psychische Wohlbefinden der Bevölkerung. Doch damit ein rentabler Betrieb für die verschiedenen Firmen in diesen Bereichen überhaupt möglich ist, waren vorab viele Detailfragen zu klären. Die Betriebe verfügen nun über umfangreiche Präventionskonzepte und hohe Hygienestandards; sie bieten beste Voraussetzungen für das Contact-Tracing sowie die Einhaltung von Abstandsregeln und haben sich zur Durchführung von Eintrittstests bekannt. Jetzt hofft die Branche auf ein schrittweises Anlaufen der touristischen Nachfrage. Wenn sich die Buchungen allmählich wieder einpendeln – und wie es momentan aussieht, dürfte das schon sehr band der Fall sein -, hat das mit Sicherheit positive Auswirkungen auf die Freizeit-, Sport- und Kulturbetriebe. Dabei unterstützt die vor kurzem entwickelte Tiroler „Safe Service App“ die Unternehmen in jeglichen Sicherheitsfragen rund um Covid-19. Allerdings bestehen bei der praktischen Abwicklung und den Kosten für die Testungen noch einige Unklarheiten. Zudem stehen gewisse Auflagen manchen Betrieben noch im Weg: So ist beispielsweise die 20-Quadratmeter-Regel für viele Fitnesscenter unrentabel. Ebenso lassen sich Gästeführungen unter den derzeit geltenden Vorschriften nicht leicht realisieren. Und spezielle Betriebe, wie beispielsweise größere Campingplätze, sind mit der Durchführung von Massentestungen logistisch überfordert.
Wunsch nach raschen Umsetzungen
Auch wenn am 19. Mai wieder positive Signale für den Neustart gesetzt werden konnten, drängt für manche Sektoren die Zeit. Für Messe- und Kongressveranstalter ist es nämlich wichtig, ehestmöglich die Rahmenbedingungen für den Herbst zu erfahren, da für viele Veranstaltungen die Planung jetzt im Frühjahr bzw. im Frühsommer erfolgt. Fest steht: Es müssen Regelungen gefunden werden, um die Eintritte für Besucher und Veranstalter so einfach wie möglich zu gestalten. Genau aus diesem Grund haben die Veranstalter des größten Branchentreffs Osttirols, die beliebte Osttirol Messe, eine Entscheidung getroffen und vor kurzem folgende Zeilen veröffentlicht: „Die Bundesregierung hat heute die behördlichen Voraussetzungen veröffentlicht unter denen eine Messe stattfinden könnte. Diese Vorgaben sind einfach so restriktiv, dass eine Veranstaltung wie die Osttirol Messe, mit großem Volumen an Messebesuchern, vor allem am Wochenende, auch in diesem Jahr nicht zu realisieren ist. Das Messegelände, welches uns zur Verfügung steht, gibt uns keine Möglichkeit, die Ausstellungsfläche zu erweitern, um den geforderten Mindestabstand je Besucher zu ermöglichen, dies betrifft auch den Bereich des Vergnügungsparkes mit den Gastronomiezelten. Wir waren voller Hoffnung, den Besuchern aus Nah und Fern eine erlebnisreiche Messeveranstaltung im September bieten zu können, schade, dass wir Sie auf kommendes Jahr vertrösten müssen. Wir hoffen sehr, Sie halten der Osttirol Messe in Lienz die Treue und wir sehen uns vom 23. bis 25. September 2022 in den Lienzer Dolomitenhallen.“ Man muss also auch noch heuer auf die beliebte Messe, die ein alljährlicher Treffpunkt für Handwerker, Industrielle, Gastronomen, Hoteliers und für all jene ist, die sich für energieeffizientes Bauen und Wohnen interessieren, verzichten. Die Osttirol Messe vereint traditionsgemäß stilvolles Design, innovative Handwerkslösungen und Osttiroler Gastlichkeit – all das allerdings erst im nächsten Jahr wieder. Doch nicht nur bei den diversen Großveranstaltungen, auch bei den Kinos hakt es derzeit noch: Alle größeren Kinos haben für sich beschlossen, am 19. Mai noch nicht zu öffnen, denn die internationalen Verleiher gaben zu diesem Zeitpunkt leider noch keine Filme frei – nicht einmal solche, die bereits über Streamingdienste liefen. Die Branche hofft nun, dass sich die Situation bis 1. Juni etwas entspannen wird und dass dann auch wieder die ersten Filme über die Kinoleinwände laufen.
Viele Menschen ohne Arbeit
Eigentlich hatte es in den vergangenen Jahren den Anschein, dass sich die Arbeitslosigkeit in Osttirol deutlich verringere. Doch auch hier hat die Pandemie seit Anfang des Jahres 2020 kräftig mitgemischt und die Zahlen wiederum nach oben getrieben. Mit Ende April 2021 waren beim AMS Lienz noch 1.810 Personen als arbeitslos gemeldet – im April 2020 waren es noch über tausend mehr. Besonders stark betroffen sind nach wie vor im Tourismus arbeitende Personen. Mit 29.960 betroffenen Menschen befindet sich die Arbeitslosigkeit in Tirol weiterhin auf einem sehr hohen Stand. Doch im Vergleich zum April 2020 sind heute 14.968 Menschen weniger von Arbeitslosigkeit betroffen, was immerhin ein Minus von 33,3 Prozent ist.
Allein im Bezirk Lienz ist die Arbeitslosigkeit im April 2021 um 36,8 Prozent auf 1.810 Beschäftigungslose gesunken. Nun ist auf den gesamten Tiroler Raum die Arbeitslosigkeit mit Ende April 2021 zwar spürbar gesunken, dennoch sind immer noch zu viele Menschen ohne Arbeit. Eigentlich steigt die Arbeitslosigkeit in normalen Jahren aufgrund der zu Ende gehenden Wintersaison im April immer deutlich an. Ein saisonaler Effekt, der heuer aufgrund der Betretungs- und Beherbergungsverbote in diesem Jahr komplett ausgefallen ist. Insgesamt kommt ein großer Teil der Arbeitsuchenden nach wie vor aus dem Gastgewerbe und der Hotellerie. Und mit besonderer Sorge beobachtet man weiterhin die Langzeitarbeitslosigkeit von über zwölf Monaten, die im Vergleich zum Vorjahr in Tirol sehr stark angestiegen ist. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen und der ersten Öffnungsschritte ab 19. Mai zeigt man sich in Osttirol zuversichtlich, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt in den kommenden Wochen wieder für viele Menschen entspannen wird. Einen leichten Aufwärtstrend bei den zur Besetzung gemeldeten offenen Stellen konnte man bereits im April beobachten.
Rückenwind für Tourismus
Endlich geht es wieder los: Deutschland hat vor einigen Wochen die Quarantänepflicht für Reiserückkehrer aus dem Ausland aufgehoben. Ein wichtiges Signal, denn mit den Anpassungen der Einreiseverordnungen in Deutschland und Österreich ist nun klar, dass die problemlose Ein- und Ausreise in das jeweils andere Land wieder möglich ist und der deutsche Gast wieder in Tirol seinen Urlaub verbringen und ohne Quarantäneauflagen nach Deutschland zurückreisen kann. Das ist ein erster, großer Schritt nach vorne und lässt wieder hoffen. Schließlich ist gerade auch der Tiroler Tourismus sehr stark vom deutschen Markt abhängig, denn ca. jeder zweite Sommergast kommt aus Deutschland. So gibt die Aufhebung der Quarantänepflicht der gesamten Branche ordentlich Rückenwind für die anstehende Sommersaison. Und die Buchungslage stimmt optimistisch: Die neuen Einreiseverordnungen haben die Nachfrage bereits gesteigert. Die Tourismustreibenden freuen sich, dass es endlich wieder losgegangen ist. Für sie steht nun das sichere Urlaubserlebnis für die Gäste im Fokus, denn jetzt geht es hauptsächlich darum, den Gästen einen sorgenfreien, unbeschwerten Aufenthalt zu bieten. Und die Vorbereitungen diesbezüglich laufen schon seit Längerem auf Hochtouren. Dabei setzen Betriebe vor allem auf strenge Hygiene- und Präventionsmaßnahmen, und auch das kostenlose Testangebot für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird für die Sommersaison 2021 fortgesetzt. Die Buchungsanfragen haben in den letzten Wochen spürbar angezogen, und der eine oder andere wagt schon erste Prognosen: Ein Sommer wie im letzten Jahr scheint möglich.
Osttirol baut auf
Osttirol verfügt derzeit über 3.000 Vier- und Fünf-Sterne-Betten. Im Vergleich dazu werden im Bezirk Landeck 18.000 Qualitätsbetten angeboten. Daraus wurde ein klarer Nachholbedarf bei der Schaffung von Qualitätsbetten für Osttirol ersichtlich. Deshalb wurde vom Land Tirol mit Ende des vergangenen Jahres die Förderrichtlinie „Qualitätsbettenoffensive Osttirol“ beschlossen, die nun offensichtlich einen Wachstumsschub bringt. Die Zielsetzung dieser Offensive sind die Schaffung von neuen oder zusätzlichen Qualitätsbetten und eine wesentliche Qualitätsverbesserung im Gesamtbetrieb. Nach Fertigstellung muss im betreffenden Betrieb mindestens die 3 Sterne-Superior-Kategorie erreicht werden. Die Investitionsförderung wird als nicht rückzahlbarer Einmalzuschuss gewährt und beträgt maximal: fünf Prozent Basisförderung, zweieinhalb Prozent Regionalförderung und fünf Prozent Konjunktur-Bonus. Die Richtlinie trat mit 1. Dezember 2020 in Kraft und gilt bis zum 30. Juni 2022. Die Anträge müssen vor Beginn der Maßnahme (Bestellung, Anzahlung, Zahlung, Baubeginn) bis spätestens 31. Dezember 2021 gestellt werden. Die Qualitätsbettenoffensive war der Startschuss für eine Vielzahl von Neu- und Umbauten von Beherbergungsbetrieben. Die Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe werden nicht nur die Tourismuswirtschaft stärken, sondern sollen vor allem auch im Sinne der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft die Bauwirtschaft beleben. Mit dieser Qualitätsbettenförderung wird der Tourismus in der Region nachhaltig unterstützt. In diesem Zuge wurde nun auch die Initiative „Osttirol baut auf“ ins Leben gerufen. „Osttirol baut auf“ ist eine Initiative der Innos GmbH und der Wirtschaftskammer Lienz mit Unterstützung des Tourismusverbandes Osttirol und der Felbertauernstraße AG. Die Idee dahinter ist es, Planern, Architekten und Investoren eine Übersicht über Dienstleister zu geben. Schließlich hat Osttirol nicht nur Natur, Kultur und Kulinarik zu bieten, sondern verfügt über eine Vielzahl von herausragenden Unternehmen, die in ihrer jeweiligen Branche Spitzenleistungen erzielen. Nachdem Architekten und Investoren von Projekten oft nicht aus der Region kommen, sind ihnen die kompetenten Bauhandwerker in Osttirol manchmal gar nicht bekannt. Deshalb wurde diese in einer Broschüre und auf der Webseite osttirolbautauf.at veröffentlicht, die Firmen-Datenbank wird regelmäßig aktualisiert.
Starke Industrie
Etwas weniger von den Folgen der Pandemie betroffen ist die Industrie in Osttirol. Diese scheint besonders im Bezirk Lienz stark aufgestellt zu sein. Die Wirtschaft dort ist in erster Linie durch die Industrie, das Gewerbe/Handwerk und den Dienstleistungsbereich geprägt. Wichtige Wirtschaftsimpulse im Bezirk kommen darüber hinaus aus den Bereichen der Holzindustrie sowie aus dem Metall- und Maschinenbau. So kann die Metall- und Elektrobranche gut und gerne als industrieller Kern des Produktionsstandortes Osttirol bezeichnet werden.
Bedeutendste Industrie- und Gewerbestandorte sind dabei Lienz und Sillian, große Produktionsbetriebe sind neben dem Maschinenbau auch im Bereich der Bauwirtschaft zu finden. Die Firmen Liebherr, Hella, Loacker, Ego und Durst zählen zu den großen Arbeitgebern in der Region. In den vergangenen Jahren baute der produzierende Bereich wie auch der Dienstleistungsbereich zahlreiche Arbeitsplätze auf. Zwar besteht ein gewisser Fachkräfte-Mangel in Industrie und Gewerbe, doch das vielversprechende Mechatronik-Studium in Lienz könnte über die Jahre vielleicht eine Lösung dafür bieten. Hier werden junge Menschen auf sehr hohem Niveau ausgebildet, eine Tatsache, die immer mehr Interessierte in Hörsäle lockt. Und schließlich spielt Mechatronik bei den verschiedensten industriellen Produkten, bei den Herstellungsprozessen und Verfahren in der Konsumgüterindustrie auch eine immer größere Rolle und ist somit eine ausgewiesene Stärke Osttirols.
Das Fachgebiet Mechatronik verknüpft die Ingenieursdisziplinen Mechanik (Maschinenbau), Elektrotechnik, Elektronik und Informatik. In Lienz gibt es in diesem Bereich erstklassige Ausbildungsangebote in der Werkmeisterschule, der Fachschule und der HTL für Mechatronik, spannende Forschungsprojekte sowie innovative Unternehmen, der Know-how sogar international gefragt ist. Seit einigen Jahren ist es nun auch möglich, in Lienz Mechatronik zu studieren. Damit wird das bereits vorhandene Ausbildungsangebot bestens ergänzt und ausgebaut. Vor bereits einigen Jahren wurde ein gemeinsames Mechatronik-Studium an der Universität Innsbruck und der Privatuniversität UMIT in Hall eingeführt. Bald darauf folgte dann ein weiterer Studienstandort, nämlich jener in Lienz. Nun erhalten hier Studenten und Studentinnen eine umfangreiche universitäre Ausbildung auf hohem Niveau und Lienz ist sozusagen zur Universitätsstadt geworden.
Man kann gut und gerne von einem bildungspolitischen Quantensprung für die gesamte Region sprechen, der mit großen Investitionen verbunden ist und vom Land Tirol im Rahmen der Technologieoffensive finanziert wird. Besonders in peripheren Regionen, wie es der Bezirk Lienz ist, ist und bleibt es wichtig, das Bildungsangebot auszubauen, denn damit wird nicht nur jungen Menschen ein Lernangebot und damit eine wertvolle Perspektive geschaffen, sondern es entstehen auch hochqualifizierte Arbeitsplätze und der Abwanderung in die Zentralräume kann entgegen gewirkt werden. Mit Sicherheit werden auch die zahlreichen Unternehmen vom breitgefächerten Mechatronik-Studium profitieren, da schon in naher Zukunft hochqualifizierte Arbeitskräfte den Universitätsabschluss absolvieren werden. Den Osttiroler Technologieunternehmen werden schon bald bestens ausgebildete Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, die Innovationen vorantreiben und insgesamt einen wichtigen Standortfaktor bilden, der Betriebsansiedlungen und Betriebsgründungen fördert. Diese Höherqualifizierung ist sozusagen die beste Antwort auf die stetig steigenden Anforderungen und die Komplexität mechatronischer Systeme. (SH)
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