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Haus mit Geschichte

Das Land Tirol, die Landesgedächtnisstiftung und die Messerschmitt Stiftung sind dabei dem Anraser Pfleghaus mit einer Generalsanierung und einem stimmigen Kulturkonzept neues Leben einzuhauchen. Das geschichtsträchtige Haus soll nach seiner Fertigstellung 2022 zu einem überregionalen und generationsübergreifenden Kulturzentrum heranwachsen. Wir haben uns über den Baufortschritt im Pfleghaus und über das zukünftige Programm beim Bürgermeister und Obmann des neuen Vereins Anraser Pfleghaus informiert.

Puschtra: Am 21. Mai 2021 wurde der Verein Anraser Pfleghaus gegründet, dessen Obmannschaft Sie übernommen haben. Welchem Ziel hat sich der neue Verein verschrieben?
Bürgermeister Johann Waldauf: Um die Frage mit einem einzigen Satz zu beantworten: Der Verein Anraser Pfleghaus hat sich zum Ziel gesetzt, im Pfleghaus ein überregional ausstrahlendes, das gesamte Pustertal und auch angrenzende Regionen einbindendes, multithematisches, generationenübergreifendes, qualitativ hochwertiges Programm anzubieten. Als Verwaltungs- und Gerichtssitz der Fürstbischöfe von Brixen war das Anraser Pfleghaus jahrhundertelang zwar im heutigen Osttirol verortet, aber in Richtung westliches Pustertal orientiert. Diese alten Verbindungen wollen wir wieder aufleben lassen. Um viele Menschen anzusprechen, wollen wir Veranstaltungen zu ganz unterschiedlichen Themen anbieten. Die Räumlichkeiten – sechs Stuben im 2. Stock und ein großer Glaskubus im Unterdach – sind einzigartig im gesamten Pustertal und bieten eine große Bandbreite von Möglichkeiten. Wichtig ist uns auch, alle Menschen in der Region einzubeziehen: Kinder und Jugendliche genauso wie Senioren; Kunstsinnige und Kreative genauso wie politisch Interessierte und gesellschaftlich Engagierte. Nicht zuletzt wollen wir ein qualitativ hochwertiges Programm anbieten. In Anras wird Kultur traditionell sehr groß geschrieben. Der Ruf des Anraser Kulturfensters und der zahlreichen Musikformationen strahlt weit über die Gemeindegrenzen hinaus. Diesen Idealismus, diese Expertise und diese Leidenschaft wollen wir bündeln für das Zukunftsprojekt Anraser Pfleghaus.

Mit welchem Konzept soll dem Anraser Pfleghaus nun Leben eingehaucht werden?
Das Anraser Pfleghaus soll ein Ort der Begegnung werden: Zeitlich begrenzte museale Ausstellungen in Zusammenarbeit mit den Tiroler Landesmuseen sollen die Menschen am reichen Fundus dieser Museen teilhaben lassen. Lesungen, Konzerte, Theater- und Filmtage sollen unterhalten und zugleich inspirieren. Mit Workshops, Vorträgen und Diskussionsforen soll eine Plattform für den Austausch von Meinungen und Ideen zu gesellschaftlich relevanten und durchaus auch zu gesellschaftlich brisanten Themen geschaffen werden. Mit grenzübergreifenden Initiativen wollen wir auch unsere Südtiroler Nachbarn ins Pfleghaus einladen, und nicht zuletzt sind wir zuversichtlich, dass wir mit unserem Konzept auch Touristen anziehen werden.

Das Anraser Pfleghaus wurde für die Dauer von 50 Jahren der Gemeinde Anras zur Nutzung überlassen. Wie kam es dazu?
Das Pfleghaus wurde Anfang der 1990er-Jahre in einem desolaten Zustand von der Messerschmitt Stiftung erworben, aufwendig saniert und vom Land Tirol für 20 Jahre gemietet. In der Zeit fand ein reger Kulturbetrieb statt. Nachdem 2013 der Mietvertrag nicht mehr verlängert wurde, stand das Haus leer. Vor vier Jahren entwickelte eine Gruppe von engagierten Anrasern ein neues Nutzungskonzept. Im Zentrum stand der schon früher diskutierte Umzug der Gemeindeverwaltung ins Pfleghaus. Offene, sehr konstruktive und von gegenseitigem Wohlwollen geprägte Gespräche mit dem Land Tirol, der Landesgedächtnisstiftung und der Messerschmitt Stiftung führten zu einem zukunftsweisenden Ergebnis: das Gebäude wird in einem gemeinsamen Kraftakt saniert, vom Land für 50 Jahre von der Messerschmitt Stiftung gemietet und der Gemeinde Anras als Amtshaus sowie zur Nutzung für museale und kulturelle Zwecke zur Verfügung gestellt.

Das historische Gebäude wird für seine zukünftige Bestimmung zurzeit umfassend restauriert. Was konnte schon alles umgesetzt werden?
Das Erdgeschoß, in dem die Messerschmitt Stiftung ein Café einrichten will, und der 1. Stock, in den die Gemeinde einziehen wird, sind derzeit eine einzige Baustelle, doch sind deutliche Fortschritte zu verzeichnen: Die Getäfel sind abgelaugt und teilweise schon restauriert. EDV-, Elektro-, Heizungs- und Wasserleitungen sind weitgehend installiert. Die Heizkörper sollen in den nächsten Tagen eintreffen. Die ersten neuen Lärchenböden sind verlegt, der Dielenboden im zukünftigen Büro des Amtsleiters, der aus dem 14. Jahrhundert stammt, wurde ausgebaut, gereinigt und Brett für Brett wieder eingesetzt. In die Innenflügel der Fenster wurde wärmedämmendes, energiesparendes Isolierglas eingesetzt. Jetzt werden Vorbereitungen getroffen, um die ausgebauten Elemente der Getäfel wieder zu montieren und die Wände zu verputzen. Wenn diese „Wunden“ geschlossen sind und wenn der Maler sein Werk vollbracht hat, werden die historischen Räume nicht nur in neuem Glanz erstrahlen, sondern auch alle Anforderungen an moderne Büroräume erfüllen. Die Veranstaltungs- und Ausstellungsräume im 2. Stock wurden bereits vor 30 Jahren nachhaltig saniert. Hier werden neue Heizkörper eingebaut, um eine ganzjährige Nutzung zu ermöglichen. Der Glaskubus im Unterdach, ein reizvoller architektonischer Kontrast zu den übrigen historischen Räumen, bleibt so, wie er Anfang der 1990er-Jahre konzipiert wurde.

Der Restaurator Werner Mühlburger im zukünftigen Büro des Amtsleiters.

Wann werden die historischen Räume für die Öffentlichkeit zugänglich sein?
Die Gemeinde Anras wird voraussichtlich im Spätherbst einzieht. Der Museums- und Kulturbetrieb wird im Frühjahr 2022 starten. Wir freuen uns schon sehr darauf und laden alle Leserinnen und Leser des Puschtra ein, uns dann zu besuchen. Für alle, die ich jetzt neugierig gemacht habe, gibt es viele Informationen auf https://anraserpfleghaus.at .

Die neuen Räume im Pfleghaus
Im Erdgeschoss, das von der Messerschmitt Stiftung ausgebaut und genutzt wird, sind ein Cafè und Ferienwohnungen geplant. Im ersten Stock hingegen werden Büros realisiert werden. Diese Räume werden derzeit generalsaniert. Sie bieten dann Platz für die gesamte Gemeindeverwaltung. Der Bürgermeister wird in Zukunft in einer aufwendig, getäfelte Stube mit Kachelofen sitzen, der Amtsleiter wird ebenso in einer Stube mit einem Bauernofen und mit einem Durchgang ins Türml, das als Besprechungsraum genutzt wird, in Zukunft arbeiten. Dazu kommt ein Büro des Gemeindekassiers und des Waldaufsehers. Eine große, holzgetäfelte Stube wird zum repräsentativen Sitzungszimmer umgebaut. Dazu kommen großzügige Empfangs-, Verkehrs- und Wartebereiche in den beiden Fluren. Die Räume im zweiten Stock und im Unterdach werden in Zukunft für museale und kulturelle Zwecke genutzt. Im zweiten Stock stehen sechs Einzelräume sowie der Gang zur Verfügung. Die Richterstube, die Schöffenstube, die Schreiberstube und die Prälatenstube sind aufwendig vertäfelt und gehen ineinander über. Auf der anderen Seite des Ganges befinden sich das Bischofszimmer als größter Raum, das kleine Botenzimmer und der Aktenraum als Abstellzimmer. Im Unterdach wurde bereits bei der ersten Renovierung mit einem großen Glaskubus, der freie Sicht auf die aufwendige Konstruktion des Dachstuhls gewährt, ein großzügiger Raum geschaffen. Die Räumlichkeiten bieten eine vielfältige Nutzung: Ausstellungen genauso wie Konzerte, Lesungen, Vorträge, Workshops und vieles mehr.

 

Stimmen zum Anraser Pfleghaus

Günther Platter, Tiroler Landeshauptmann
„Das Pfleghaus soll ein Ort der Begegnung im Dorf und darüber hinaus sein. Als Zentrum der Gemeinde, als Treffpunkt für die Vereine, als Anziehungspunkt für interessierte Besucherinnen und Besucher. Deswegen ist es auch gut, wenn der Museumsbetrieb auf professionelle Beine gestellt wird. Hier wird es eine Zusammenarbeit mit den Tiroler Landesmuseen geben. Auch als Kultur- und Veranstaltungszentrum mit Ausstellungen, Konzerten oder auch Workshops soll sich dieses ehrwürdige Haus in der gesamten Region etablieren. Damit macht der Einsatz von öffentlichen Geldern Sinn und das Pfleghaus in Anras wird auch weiterhin diese Geschichte fortschreiben.“

Beate Palfrader, Landesrätin für Bildung und Kultur
„Dieser Ort kann wieder zu einem Zentrum des gesellschaftlichen Lebens werden. Das geplante, qualitativ hochwertige Kulturangebot wird Menschen von nah und fern anlocken, daran hab ich keine Zweifel. Es wird regional verankert sein und gleichzeitig überregional ausstrahlen und ist damit ein doppelter und dreifacher Gewinn für eine Region, die neben ihrer atemberaubenden Natur eben auch einiges an Kunst und Kultur zu bieten hat.“

Gründungsversammlung des Vereins Anraser Plfeghaus: Obmann-Stellvertreter Josef Mascher, Bürgermeister und Obmann Johann Waldauf, Geschäftsführer Gottfried Unterweger und Bürgermeister-Stellvertreter und Kassier Josef Kollreider (v.l.).

Herwig Van Staa, Vorsitzender des Kuratoriums der Landesgedächtnisstiftung
„Ich begrüße die Kulturinitiative des Projektteams Pfleghaus Anras zu dieser großartigen Initiative und das kulturelle Leben auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene im Umfeld von Anras Osttirol zu pflegen…“

Georg Willi, Bürgermeister von Innsbruck
„Das Pfleghaus in Anras hat einmal meinen Großeltern gehört…Als Kind war ich oft dort, ich habe dieses Haus geliebt… Jetzt war eine Phase des Dornröschenschlafes und ich bin sehr froh, dass Mithilfe vieler, die Zusammengewirkt haben, auch das Land Tirol, es möglich ist, dass dieses Pfleghaus wieder zum Zentrum von Anras wird. Dieses wunderbare Ensemble wird neuen Nutzungen zugeführt dafür danke ich und darauf freue ich mich sehr.“

Hans Heinrich von Srbik, Vorsitzender der Messerschmitt Stiftung
„Entscheidend ist, dass die Bevölkerung hinter dem Projekt steht und für die Zukunft ganz wichtig ist, dass wir etwas Überregionales schaffen ein Begehungszentrum im musealen Rahmen.“ (TL)