Wie aus dem Steinpenthof der Widum wurde

Hubert Eder aus Luttach
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Wie aus dem Steinpenthof der Widum wurde

St. Johann in Ahrn – Es ist bekannt, dass die erste Ahrner Pfarrkirche in St. Martin stand, und zwar etwa dort, wo heute die Stöcklhäuslkapelle steht. Irgendwann in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde diese Kirche vom Trippach zerstört, worauf dann wohl um 1350 eine neue Pfarrkirche im Weißenbachlfelde etwas weiter taleinwärts erbaut wurde. Auch diese Stelle ist durch eine Kapelle, die Weißenbachlkapelle, gekennzeichnet. Damals wurde die Pfarrkirche verlegt, nicht aber der Pfarrhof, der Widum. Er blieb noch durch fast 400 Jahre in St. Martin und trägt heute noch den Namen Wiedenhof. Erst um 1730 kam die Idee auf, den Wiedenhof zu verkaufen und dafür den zur Kirche näher gelegenen Steinpenthof zu kaufen, der damals feilgeboten wurde.

Beim Steinpenthof handelte es sich ehemals um den heutigen Widum. Das zu Steinpent gehörende Futterhaus stand zwischen dem Friedhof und der heutigen Umfahrungsstraße etwa an der Stelle, wo die zum Widum gehörende Garage steht. Dieses Futterhaus wurde kurz nach dem letzten Weltkrieg abgerissen und an der Stelle neu errichtet, wo es heute noch steht.

Tausch Wiedenhof – Steinpenthof?
Auf einem Merkblatt, das 14 Punkte umfasst und wahrscheinlich vom Ahrner Pfarrer Joseph Ignaz Freiherr von Zinneberg verfasst wurde, sind die Überlegungen aufgelistet, die damals bezüglich eines Tausches Wiedenhof gegen Steinpenthof angestellt wurden, was zunächst geplant war. Zum Tausch kam es dann allerdings nicht, sondern die Pfarre verkaufte den alten Wiedenhof und kaufte dafür den Steinpenthof. Die 14 Punkte auf dem Merkblatt werden hier widergegeben. Sie zeigen, was man damals für wichtig hielt und was nicht.
Der Widum (Wiedenhof in St. Martin) ist etwas baufällig und kaum noch zu sanieren.
Das Widumgut ist teilweise samt der Mühle und dem Baderhäusl in Wassergefahr.
Der Widum ist ein halbe Stunde von der Kirche weg.
Wenn der Trippach überläuft, was leider oft geschieht, kann man auf dem normalen Weg nicht vom Widum zur Kirche kommen und muss den Umweg über die Schattenseite nehmen.
Wenn auch der Rohrbach überläuft, was auch hie und da geschieht, dann kann man auch über die Schattenseite nicht zur Kirche kommen.
Die Steinpent liegt nur eine viertel Stunde von der Kirche (im Weißenbachlfelde), man kann jederzeit dorthin kommen.
Wenn der Widum beim Steinpent wäre, dann wäre das nicht nur für die Geistlichkeit, sondern auch für die „Pfarrmenig“, die Pfarrgemeinde, viel bequemer.
Der Widum wäre dort an einem feineren Ort, außerdem wären dort in der Nähe zwei Unser-Liebe-Frauen-Kapellen, zu welchen das höchste Gut von St. Martin übersetzt werden und zum Wettersegen und zur Erteilung des Sakraments für die Kranken gebraucht werden könnte.
Es ist aber auch zu bedenken, dass sowohl das Feuer- als auch das Futterhaus des Steinpenthofes in einem ziemlich baufälligen Zustand ist, sodass die Sanierung der Gebäude ziemlich viel Geld kosten wird.
Wann man aber diese Unkosten nicht scheut, hat man die Gelegenheit, für die Geistlichen anständige Zimmer zu bekommen.
Die beiden Güter müssen vor dem Tausch genau vermessen und dann mit einander verglichen werden.
Falls die Steinpentgüter die Widumgüter übertreffen und mithin ein Mehreres ausmachen sollten, muss doch bedacht werden, dass der Steinpenthof zuletzt ziemlich vernachlässigt wurde und daher nicht mehr die Erträge liefert wie früher, vor allem weil die Bergwiese verkauft wurde, wodurch die Anzahl des Viehs vermindert werden musste.
Der zu Steinpent gehörende Wald ist ziemlich ausgehackt, aber man kann mit dem Holz, das gehackt werden darf, über viele Jahre sein Auslangen finden.
Auch der Steinpenthof liegt etwas in Wassergefahr.
Zum Schluss ist noch bemerkt, dass die angeführten negativen Punkte, die gegen einen Hoftausch zu sprechen scheinen, doch nicht so schwerwiegend sind, dass sie einen Tausch unmöglich machen würden.

Der Steinpenthof als neuer Widum
In der vom späteren Ahrner Pfarrer Christoph von Elzenbaum verfassten Chronik lesen wir, wie die Sache mit der Verlegung des Widums von St. Martin herauf in die Nähe der Pfarrkirche ausgegangen ist. Obwohl der schon genannte Pfarrer Joseph Ignaz von Zinneberg die Pfarre Ahrn im Jahre 1731 verließ und als Dekan nach Klausen wechselte, wurde der Verkauf des Wiedenhofes und der Kauf des Steinpenthofes nicht von dem neuen Pfarrer Anton Kurz abgewickelt, sondern vom scheidenden Pfarrer, der als Kommissär mit diesen zwei Geschäften beauftragt wurde.
Der Kaufvertrag über den Steinpenthof wurde am 21. April 1731 zwischen den Verkäufern, den Brüdern Josef und Anton Oberfrank, und dem Käufer, der Pfarre Ahrn, abgeschlossen. Der Kaufpreis betrug 3.500 Gulden. Dazu kamen 166 Gulden und 24 Kreuzer für das am Hof verbleibende Inventar. Der Wiedenhof war von der Pfarre schon am 1. Februar 1731 verkauft worden, und zwar an Georg Niederkofler aus St. Jakob für 3.850 Gulden.
Der Steinpenthof wurde gleich anschließend saniert und zum Widum umgebaut. Die Spesen betrugen 1.022 Gulden und 50 Kreuzer. Der neue Pfarrer Anton Kurz bezog den Widum im Frühjahr 1732, verließ die Pfarre dann aber schon kurz danach. Er als einer der ganz wenigen Geistlichen, die mit den Ahrnern nicht zurecht kamen. Sein Nachfolger war Pfarrer Matthäus Egger, der 1747 starb.
Zum Steinpenthof gehörte auch eine Wirtsgerechtigkeit, die nun, da der Pfarrer als Wirt nicht in Frage kam, von der Gerichtsherrschaft in Taufers abgelöst wurde, und zwar um 200 Gulden und für das Recht, einen Umbruch auszustecken. Damit war gemeint, dass von dem Grund, der der Dorfgemeinschaft gehörte, ein Stück für den Steinpenthof eingezäunt und „umgebrochen“, also in Feld verwandelt werden durfte. Aus der Pfarrchronik kann man herauslesen, dass die Pfarre bei dem Handel um die Wirtsgerechtigkeit und die verschiedenen gerichtsherrlichen Abgaben des Steinpenthofes arg benachteiligt wurde oder sich zumindest benachteiligt fühlte.
Zunächst bearbeitete der Pfarrer den Steinpenthof, so wie vorher schon den Wiedenhof, als selbständiger Bauer mit Hilfe von Dienstboten. Erst Pfarrer Johann Baptist Wassermann, in Ahrn Pfarrer von 1760-1774, verpachtete den Hof und ließ für den Pächter, den Baumann, ein neues Haus bauen, das Baumannhaus. Diesen Bau finanzierte Pfarrer Wassermann z. T. mit seinem Privatvermögen, wofür man ihm bei seinem Tode einen ewigen Jahrtag stiftete. Schon im Jahre 1729 war für die Pfarre Ahrn vom damaligen Pfarrer Peter Josef Ramblmayr, der ein Sohn des Berg-
richters in Mühlegg war, die Alm zu Rachhütten im Sundergrund des Zillertales angekauft worden. Finanziert wurde der Almkauf durch den Verkauf eines Zehents, den die Ahrner Pfarrkirche bei drei Bauern auf Pieterstein in Mühlwald inne hatte. Nachdem der Steinpenthof zum Widum geworden und für den Baumann des Pfarrers ein eigenes Haus gebaut worden war, das man Baumannhaus hieß, ging der Hofname Steinpent verloren, weil man für das Steinpenthaus ja die heute noch übliche Bezeichnung Widum verwendete. Der Widum behielt lange die Struktur eines Bauernhauses. Erst durch den Umbau im Jahre 1907, der in der Zeit des Pfarrers Peter Ploner durchgeführt wurde, bekam der Widum seine heutige Gestalt. Der alte Wiedenhof , der am Hang oberhalb des heutigen Wiedenhofhauses lag, brannte im Jahre 1897 ab. Danach wurde das heute noch bestehende rechte Haus des Wiedenhofes erbaut.
Wirklich nahe an die Kirche rückte der neue Widum aber erst, als die alte gotische Pfarrkirche im Weißenbachlfelde Ende des 18. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgerissen und unmittelbar neben dem Widum die neue Pfarrkirche erbaut wurde, die Fürstbischof Joseph von Spaur im Jahre 1788 einweihte. Vor dem Kirchenbau wurden die zwei Kapellen abgerissen, die genau dort standen, wo heute die Kirche steht. (RT)