Mit dem aktuellen Kunstprojekt in der Festung Franzensfeste, bei dem ausschließlich Künstlerinnen mitarbeiten, wollte das Team einen neuen Weg beschreiten. 30 Frauen haben sich in der Festung ein temporäres Atelier eingerichtet und zeigen ihre Arbeiten in einer Ausstellung zum Projekt “FRAUENfeste“.
Puschtra: Frau Erlacher, derzeit ist die Franzensfeste ganz in Frauenhand: Die Festung verwandelt sich in eine FRAUENfeste. Was hat es damit auf sich?
Esther Erlacher: In der Tat, zum ersten Mal luden wir nur Künstlerinnen ein, die Räume der Franzensfeste „einzunehmen“ und die ursprünglich für einen völligen anderen Zweck erbauten Offiziersräume und Kasematten der Festung für das Kunstprojekt FRAUENfeste zu nutzen. Es gab bereits seit 2008 immer wieder zeitgenössische Kunstprojekte, bei denen Künstler und Künstlerinnen gleichermaßen beteiligt waren. Mit diesem Projekt, das ausschließlich Künstlerinnen vorbehalten war, wollten wir bewusst einen neuen Weg beschreiten und ein Experiment wagen: „Was passiert, wenn Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen der bildenden und darstellenden Kunst sich der Herausforderung stellen, in den historisch aufgeladenen und den bis in die frühen 2000er-Jahren ausschließlich männlich besetzten Räumen, zu einem vorgegebenen Thema zu arbeiten? Was geschieht mit den Künstlerinnen selbst? Wie gehen sie mit ihrer weiblichen Kraft um? Überträgt sich ihre Aura auf die Räume und verlieren diese durch die Einnahme der Künstlerinnen ihre eingeschriebene Männlichkeit?“
Wie ist die Idee zum Projekt FRAUENfeste entstanden?
Die Idee zum Projekt entwickelte sich über einen längeren Zeitraum. Wir nahmen bereits 2018 und auch 2021 den Internationalen Tag der Frau am 8. März als Anlass und organisierten kleinere Initiativen. Die Auswirkungen von Corona bekräftigen uns, dass es höchst an der Zeit ist, Künstlerinnen im Rahmen eines exklusiven Projektes eine größere Sichtbarkeit zu geben. Frauen, mitunter eben auch Künstlerinnen, waren von den Auswirkungen der Pandemie viel stärker betroffen und sind es nach wie vor. Daher die Idee, einen Teil der Festung für ein Projekt ausschließlich Künstlerinnen zu überlassen und sie in den Mittelpunkt zu stellen.
Bei einem offenen Wettbewerb wurden 27 Projektideen ausgewählt. Welche Kriterien waren für die Teilnahme ausschlaggebend?
Die Kriterien waren sehr allgemein, wir waren bemüht möglichst offen zu sein und eben nicht zu einschränkend. Die Projektidee zum Thema Mut/Courage musste überzeugend sein. Weiters war es uns wichtig, dass die Künstlerinnen aus dem gesamten Gebiet der Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino stammen, bestenfalls schon Erfahrungen mit Gemeinschaftsateliers oder Artists in Residence Projekten haben, in den unterschiedlichen Bereichen der bildenden und darstellenden Kunst tätig sind und altersmäßig eine große Bandbreite abdecken. Ich denke, der Jury ist es gelungen, eine spannende Mischung aus den über 40 Einsendungen auszuwählen.
Welche künstlerischen Bereiche werden durch die Arbeiten der Frauen abgedeckt?
Es kommen die klassischen Bereiche der Zeichnung, Malerei und der Bildhauerei, der Literatur genauso vor wie die moderneren Medien im Bereich Videokunst, Fotografie, Hörspiel aber auch Installationen und Mischtechniken.
Die Festung ist kein reiner Arbeitsraum für die Künstlerinnen, sondern soll auch als Inspirationsraum gesehen werden. Was ist damit genau gemeint?
Genau, wir luden die Künstlerinnen ein, „im und mit dem Raum zu arbeiten“, sprich sich mit der Festung und nicht nur mit dem jeweiligen Atelierraum als Quelle der Inspiration, als Impulsgeber, als Sprachrohr auseinanderzusetzen, in Dialog zu treten. Ein konkretes Beispiel sind die vielen Wände, auf denen Zeichnungen und Schriften als Spuren und Erinnerungen ehemaliger Soldaten noch heute zeugen oder die zahlreichen Schichten – in einigen Räumen sind es mehr als zehn – von Übermalungen, die im Zuge der Musealisierung und Adaptierung der Festung freigelegt wurden.
Vom 5. März bis zum 18. April soll eine Ausstellung die Werke der Frauen zeigen. Auf was können sich Besucherinnen und Besucher freuen?
Besucherinnen und Besucher können eine spannende und vielfältige Ausstellung erwarten. Der Parcours offenbart ein großes Spektrum an Ausdrucksformen und Ideen.
Sie werden raumgroßen Arbeiten von starker Ästhetik genauso begegnen wie kleineren Arbeiten, es sind aber immer Arbeiten von Künstlerinnen, die das Thema Mut/Courage kritisch hinterfragen und wiederum auf ihre sehr persönliche Weise künstlerisch interpretieren. Ich würde mich freuen, wenn Besucherinnen und natürlich auch Besucher genauso inspiriert die Ausstellung erleben, wie die Künstlerinnen die Zeit, die sie in der Festung verbracht haben.
Es handelt sich hier um die erste Ausgabe des Projekts FRAUENfeste. Was ist in Zukunft noch geplant?
Ja, es ist die erste Ausgabe des Projektes FRAUENfeste und unser Plan wäre, es als Biennale fortzusetzen. Es war ein intensives, sehr spannendes Projekt. Die Begegnungen und die Auseinandersetzung mit den Künstlerinnen waren sehr befruchtend und zum Teil auch sehr herausfordernd. Wir – damit meine ich auch meine Mitarbeiterinnen, die mich in diesem Projekt großartig unterstützt haben – werden die gesammelten Erfahrungen evaluieren und diese in die nächste Ausgabe einfließen lassen. (TL)
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