Will man an die ehemalige Tauferer Bahn und ihre bedeutungsvolle Geschichte erinnern, gilt es vor allem von einem Herzstück zu berichten, dem Maschinengebäude mit der Strom-Transformatorenzentrale in Gais.
Vor 65 Jahren fuhr der letzte Zug von Bruneck nach Sand in Taufers. Die Tauferer Bahn, seit 1908 in Betrieb, war gegenüber den modernen, schnelleren Verkehrsmitteln nicht mehr rentabel. Dabei hat sie zum wirtschaftlichen, touristischen und gesellschaftlichen Fortschritt des Tauferer Ahrntales beigetragen wie keine andere Infrastruktur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Transformatorenzentrale
Die Tauferer Bahn war eine mit 800 Volt Gleichstrom betriebene Normalspurbahn und zählte zu einer der modernsten ihrer Zeit. Der Wechselstrom wurde im Wasserkraftwerk Mühlbach oberhalb Gais erzeugt, das mittels Peltonschaufelrad betrieben wurde und im Jahre 1903 von der Brunecker Elektrowerkgesellschaft erbaut worden war. Ohne dieses Elektrowerk wäre wahrscheinlich das Projekt Tauferer Bahn in dieser, für die damalige Zeit hochmodernen Ausführung, nie zustande gekommen. In der Strom-Transformatorenzentrale in Gais wiederum wurde der Wechselstrom auf 800 Volt Gleichstrom umgewandelt, der die Bahn erst zum Laufen brachte.
Gebäude von 1908
Das Gebäude der Stromumformzentrale in Gais entstand 1908 im Zuge der beispiellosen Bauaktion, wo innerhalb eines Jahres sämtliche
Infrastrukturen der Bahn wie Geleise, Haltestellen, Stationsgebäude, Brücken und elektrische Oberleitung errichtet worden waren. Im Erdgeschoss des Gebäudes befand sich der Maschinenraum mit den Transformatoren, im Obergeschoss die Dienstwohnung für den Maschinenwärter und dessen Familie. Abgesehen von der Überwachung der Transformatoren war es seine Aufgabe, die Stromeinspeisung für die Bahn abzuschalten, wann immer diese nicht in Betrieb war. Interessanterweise erfolgte die Stromabschaltung nicht nur nachts, wenn kein Zugbetrieb vorgesehen war, sondern immer dann, wenn der Zug bei einer der Hauptstationen Sand oder Bruneck geparkt war und auf die nächste Abfahrt wartete, also zum Beispiel auch nur für eine Stunde lang. Früher achtete man offensichtlich peinlichst genau auf Energieverschwendung.
Beim Gebäude der Umformzentrale selbst war keine Haltestelle, allerdings hielt er dort eigens für die Familie des Wärters, der im Bedarfsfall ein rotes Fähnchen schwang und damit den Zug zum Anhalten wies. Der Erker war dazu da, damit der Wärter auf den vorbeifahrenden Zug Ausschau halten konnte.
Niedergang und Zerstörung
Mit der Auflassung der Tauferer Bahn im Jahre 1957 verlor auch die Stromumformzentrale ihre Bedeutung. Das Gebäude wurde aufgelassen, zwischendurch wurden dort die abgebauten Geleise zwischengelagert und es wurde auch als Übungsobjekt für die Freiwillige Feuerwehr genutzt. Das leer stehende Gemäuer wurde zudem Opfer mehrere Vandalenakte und die einstige Schaltstelle der Tauferer Bahn verkam in einen desolaten Zustand.
Neuaufbau als Nachbildung von einst
Die Ruine war nicht mehr zu retten. Das Areal jedoch fand Interesse für die angrenzende Firma für Betonfertigteile und wurde infolgedessen im Jahr 1978 von der Familie Gartner gekauft. Das Gelände sollte eigentlich als Lager dienen, und das Gebäude deshalb dem Erdboden gleich gemacht werden. Sohn Christian Gartner (heute Bürgermeister von Gais) erkannte jedoch die Bedeutung dieses historischen Denkmals aus der Gründerzeit und erwarb es 1993 von seinem Vater. Im Jahr 2000 schließlich ließ er die alten Mauern abreißen und ein neues Gebäude entstehen, das, soweit möglich, dem ursprünglichen Stil und Charakter angepasst wurde. Mit viel Liebe zum Detail entstanden Grundriss und Außenfassade den ursprünglichen entsprechend, die Fenster erhielten dieselbe Form und Farbe genauso wie der Außenanstrich. Allein der schwere Erker aus Granit musste aus bautechnischen Gründen spiegelversetzt angebracht werden. Der Sinn für das Bewahren wertvoller Kulturschätze von Seiten des Besitzers und eine einfühlsame Architektenhand haben das Andenken an die einstige Transformatorenzentrale bewahren lassen.
Einsame Erinnerung an die Tauferer Bahn
Am Radweg von Bruneck nach Sand können Sie der Zeit von einst nachträumen, die Trasse folgt nämlich vorwiegend dem damaligen Schienenverlauf. Nur mehr wenige Objekte allerdings mahnen an die Bahn selbst, wie das Bahnhäusl am Radweg in St. Georgen. Die Strom-Umformzentrale am Radweg in Gais ist uns zwar nicht als Original, aber als beachtliches Erinnerungsbild an die technischen Aufbruchsjahre im Tauferer Tal erhalten geblieben. Das Gebäude der Strom-Transformatorenzentrale steht entlang des Radweges nach Uttenheim am nördlichen Ortsrand von Gais am Ende der Industriezone. (IB)
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