Wie im ganzen Land war es in den 1950er und 60er Jahren auch im Pustertal üblich, dass junge Frauen als Dienstmädchen in größeren Städten Italiens tätig waren. Sabine Peer hat dem damaligen Trend nachgespürt und ein Buch mit dem Titel „Dienstmädel in Bella Italia“ entstehen lassen; ein Lesebuch voller authentischer Geschichten, deren Gerüst niemand Geringeres als das Leben selbst geschrieben hat.
Puschtra: Sabine Peer, wie ist es zu dieser originellen Themenauswahl gekommen?
Sabine Peer: Im letzten Frühjahr ist der Athesia Tappeiner Verlag an mich herangetreten, mit der Frage, ob ich denn Lust hätte, die Buchreihe „Südtirolerinnen erzählen“ fortzuführen; falls ja, sollte ich ein paar Themenvorschläge einreichen. Da meine Mutter vor langer Zeit selbst als Dienstmädchen in Italien tätig war, wusste ich, dass es in Südtirol gar einige Frauen gibt, die derselben Beschäftigung nachgegangenen sind. Ich fand das Thema von Beginn an spannend, genauso wie der Verlag, der gleich sein Plazet dazu gab.
Bald danach ist in einjähriger Recherchearbeit ein Lesebuch entstanden, das aus dem wahren Leben erzählt. Können Sie uns dazu etwas verraten?
Jede Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten, die mir durch Erzählungen der Zeitzeuginnen und zum Teil auch ihrer Angehörigen zugänglich gemacht wurden. Oral History also – mündlich weitergegebene Alltagsgeschichte. Die Geschichten meiner Heldinnen habe ich aus der auktorialen Perspektive erzählt. Als sozusagen allwissende Erzählerin standen mir damit alle Möglichkeiten zur Verfügung, um sämtliche Momente der lebensgeschichtlichen Erinnerungen in die Lesestücke einfließen zu lassen – ganz unabhängig davon, wer sie erzählt hat.
Was hat sie als Autorin bei Ihren Recherchearbeiten und den Interviews am stärksten berührt?
Das war tatsächlich die große Not und Armut, die man aus den Lebensgeschichten immer wieder heraushörte. Was ich zwar wusste, mir aber bis zu dem Zeitpunkt nicht so präsent war, war die Tatsache, dass in unserem Land bis hinauf zum Zweiten Autonomiestatut im Jahre 1972 zum Teil bittere Armut herrschte. Um diesen, oft erbärmlichen Zuständen in der Heimat zu entrinnen, verließen viele für ein Arbeitsangebot das Land. Aus diesem Grund ließen sich auch zahlreiche junge Frauen, oft kaum älter als 16, 17 Jahre, dazu bewegen, bei italienischen Dienstherren eine Stelle als Stuben- oder Kindermädchen, als Haushaltshilfe oder Köchin anzutreten.
Wie sind die bisherigen Reaktionen auf Ihr Buch ausgefallen?
Eigentlich extrem gut! Der Titel scheint einzuschlagen wie eine Bombe. Noch vor dem 11. Mai, dem offiziellen Erscheinungstermin, war es schon auf Platz 4 der Athesia-Bestsellerliste. Was mich besonders beeindruckt hat: Sogar Weltbild Deutschland nimmt „Dienstmädel in Bella Italia“ in seinen Katalog auf. Und ich bekomme von Leserinnen und Lesern das zu hören, was man sich als Autorin natürlich nur wünschen kann, nämlich dass sie beim Lesen so gefesselt waren, dass sie gar nicht mehr damit aufhören konnten. Das freut mich schon sehr!
Dürfen wir uns demnächst auf Buchvorstellungen und Lesungen von Ihnen freuen?
Ja, in der Tat. Am 8. Juni wurde das Buch in der Stadtbibliothek Brixen offiziell vorgestellt. Dann folgen weitere Autorenlesungen im ganzen Land. Am 15. Juni bin ich in Bruneck in der Athesia-Buchhandlung, Beginn: 20 Uhr. (SH)
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