Osttirols Wirtschaft ist wieder auf einem guten Weg: Ein Aufholprozess scheint im Gang, trotz der schwierigen Jahre 2020 und 2021. Die besondere Struktur der dortigen Wirtschaft hat dem Bezirk Lienz zu einer gewissen Resilienz verholfen.
Jedes Jahr berichtet der Puschtra an dieser Stelle zu Osttirols Wirtschaft. In den Jahren vor Corona konnte durchwegs positive Bilanz gezogen werden, 2018 und 2019 waren die bisher erfolgreichsten Jahre für die Osttiroler Wirtschaft. Ein steter Aufholprozess machte sich bemerkbar, Beschäftigungszahlen und Bruttoregionalprodukt ließen entspannt durchatmen; dann kam Corona. Doch trotz eklatanter Rückgänge in den verschiedenen Sparten, zeigte sich die Wirtschaft im Bezirk Lienz ziemlich krisenresistent; und trotz Corona-Pandemie sind die Beschäftigungszahlen nur leicht gesunken. An der guten Entwicklung der vergangenen Jahre hat die Pandemie also nicht allzu stark gerüttelt. Die Einbußen im Tourismus konnten durch staatliche Unterstützungen und Förderungen gut abgefedert werden. Am schwierigsten hatte es wohl der Einzelhandel. Insgesamt aber hat sich der gesunde Mix verschiedener Wirtschaftsbranchen als ziemlich krisenfest erwiesen.
Starkes „Dreigestirn“
Das Gleichgewicht der drei größten Sparten – Industrie, Gewerbe und Handel – sorgt für Stabilität und ist die große Stärke der Osttiroler Wirtschaft. Der Grund, warum der Bezirk Lienz relativ gut über die Corona-Jahre gekommen ist, liegt wohl genau hier zu suchen, nämlich in der ausgewogenen Struktur der Wirtschaft. Da im Bezirk sowohl der Dienstleistungsbereich als auch Gewerbe und Handwerk sowie die Industrie ähnlich stark vertreten sind, hat sich gegenüber der vergangenen krisenbehafteten Jahre eine gewisse Resilienz entwickeln können. Sogar der Tourismus, der in den letzten zwei Jahren große Einbußen hinnehmen musste, freute sich wieder über Zuwächse in diesem Sommer. Weitere wichtige Wirtschaftsimpulse im Bezirk kommen neben dem Tourismus aus den Bereichen der Holzindustrie sowie aus dem Metall- und Maschinenbau. Hier gilt es nun, die Zeichen der Zeit zu erkennen und Nachhaltigkeit ernst zu nehmen. Große Kompetenzen sind auch im Bereich der Mechatronik zu finden. So kann die Metall- und Elektrobranche gut und gerne als industrieller Kern des Produktionsstandortes Osttirol bezeichnet werden. Bedeutendste Industrie- und Gewerbestandorte sind dabei Lienz und Sillian, große Produktionsbetriebe sind neben dem Maschinenbau auch im Bereich der Bauwirtschaft zu finden. Die Firmen Liebherr, Hella, Loacker, Ego und Durst zählen zu den großen Arbeitgebern in der Region. Dennoch hat der Bezirk einen großen Anteil an Auspendlern, deren Ziele sind vor allem der Raum Innsbruck, das benachbarte Oberkärnten und das Land Salzburg. Allgemein scheint es wichtig, die Mitarbeiter „zukunftsfit“ zu machen und sich in Sachen Digitalisierung ständig fortzubilden. Diese entwickelt sich nämlich zunehmend zum Geschäftsmodell; Investitionen müssen demnach sowohl in Hard- als auch in Software getätigt werden, damit die Osttiroler Wirtschaft gut aufgestellt bleibt.
Wirtschaftliches Einzugsgebiet
Der Name Lienz bezeichnet sowohl die Stadt nahe der italienisch/österreichischen Staatsgrenze als auch den flächenmäßig größten Bezirk des Landes Tirol. Der Bezirk Lienz umfasst insgesamt 33 Gemeinden, darunter – wie schon erwähnt – die gleichnamige Stadt Lienz sowie die Marktgemeinden Matrei in Osttirol, Nußdorf-Debant und Sillian. Die größte Gemeinde Osttirols, gemessen an deren Einwohnerzahl, ist die Bezirkshauptstadt Lienz mit über 12.000 Einwohnern. Einwohnerzahlmäßiges Gegenstück von Lienz ist hingegen die kleinste Gemeinde des Landes, nämlich Untertilliach mit knapp 250 Einwohnern. Der Bezirk Lienz ist somit nicht nur der flächenmäßig größte Bezirk Tirols, sondern auch der fünftgrößte von ganz Österreich. Zudem grenzt Osttirol an die Bundesländer Salzburg und Kärnten sowie an die italienischen Regionen Trentino-Südtirol und Venetien. Die Haupttäler des Bezirks sind das Pustertal, das Iseltal, das Defereggental, das Virgental, das Kalser Tal und das Tiroler Gailtal; große Flächen davon werden von den majestätischen Bergen der Hohen Tauern und der Karnischen Alpen eingenommen. Zum wirtschaftlichen Einzugsgebiet von Lienz zählen somit auch die grenznahen Südtiroler Gemeinden und die österreichischen Seitentäler wie beispielsweise das Villgratental. Letzteres beginnt an der Einmündung des Villgratenbaches in die Drau bei Heinfels und gilt heute noch als wildromantisch und abgelegen. Mit seinen Gemeinden Außervillgraten und Innervillgraten ist die Talschaft ein nach wie vor bergbäuerlich geprägtes alpines Hochtal. Das Seitental des Osttiroler Pustertals mit seinen vielfach noch von Hand bearbeiteten steilen Hängen und seiner traditionellen Holzhausarchitektur zählt zu den ursprünglichsten Natur- und Kulturlandschaften in den Alpen. Im Gemeindegebiet von Außervillgraten spielt die Landwirtschaft nach wie vor eine zentrale Rolle. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, die sich vorwiegend in der Milchwirtschaft betätigen, prägen das Landschaftsbild. Es werden vorwiegend Rinder und Schafe gehalten. Einige Gewerbe- und Tourismusbetriebe und nur wenige Handelsbetriebe runden das Bild des landwirtschaftlich geprägten Gebietes ab. Es gibt hier weder einen Skilift noch Hotelkomplexe oder Gastronomiehochburgen – doch es gibt Ruhe, Natur, Almdörfer und viel Tradition und Kultur. Ein Schatz, der Touristen und Ausflüglern nicht verborgen bleibt, weshalb das Villgratental eine hohe Zahl an Touristen – davon viele Tagestouristen – aufzuweisen hat. Doch auch im Gemeindegebiet von Innervillgraten ist die Landwirtschaft eine treibende Wirtschaftskraft. Und wo Natur und Landschaft eine tragende Rolle spielen, muss auch die Landschaftspflege großgeschrieben werden. Zudem sind Tourismus und Landwirtschaft Blutsverwandte und auch Querschnittsphänome, was bedeutet, dass alle Wirtschaftszweige mehr oder minder von diesen profitieren. Die Landwirtschaft braucht den Tourismus und der Tourismus die Landwirtschaft. Doch zurück nach Lienz: Hier ist die Wirtschaft durch den Dienstleistungsbereich geprägt, es dominieren vor allem Handel und Tourismus. Dennoch ist der regional wichtige Wirtschaftsfaktor Tourismus in Osttirol deutlich weniger intensiv ausgeprägt als in Nordtirol. Der Wertschöpfungsanteil durch Beherbergung und Gastronomie liegt mit ca. fünf Prozent unter dem Tirol weiten Wert von ca. 13 Prozent. Hinsichtlich Bettenauslastung zeigt sich, dass Betten der 4/5-Sterne-Kategorie besser ausgelastet sind als Betten in niedrigeren Preis-Kategorien, allerdings ist der Anteil der Qualitätsbetten an den Gesamtbetten in Osttirol relativ niedrig. Eine gute Auslastung in der Gastronomie wirkt sich natürlich auch auf den Arbeitsmarkt positiv aus, was in den letzten Jahren in Lienz und Umgebung der Fall war. Doch Zuwachs am Arbeitsmarkt gab es nicht nur im Tourismus, auch im Dienstleistungssektor konnte ein Plus verzeichnet werden. Durch seine Lage, das große und vielfältige Angebot sowie die entsprechenden Infrastrukturen kommt der Bezirkshauptstadt eine ganz besondere Bedeutung zu.
Krisenresistenz bewiesen
Die Osttiroler Wirtschaft hat also einmal mehr eine erstaunliche Krisenresistenz bewiesen, zumal als Maßstab meist die äußerst erfolgreichen „Vor-Corona-Jahre“ 2018 und 2019 herangezogen werden. „Pandemie-Verlierer“ waren schon allein wegen der Lockdowns der stationäre Handel – ausgenommen der Lebensmittelhandel – und auch die persönlichen Dienstleister. Festmachen lässt sich dies an der Tatsache, dass in der Bezirkshauptstadt Lienz im vergangenen Jahr überdurchschnittlich viele Geschäfte zugesperrt haben. Das hat natürlich Auswirkungen auf Ausbildungs- und Arbeitsplätze und nicht zuletzt auch auf die Attraktivität der Stadt. Insgesamt entwickelt sich die Wirtschaft durchaus positiv, wobei hier – wie bereits vorhin genannt – insbesondere die Industrie sowie das Gewerbe und Handwerk die starken Treiber sind. In den letzten zwei Jahrzehnten baute der produzierende Bereich wie auch der Dienstleistungsbereich zahlreiche Arbeitsplätze auf. Damit liegt Osttirol nun bei den Industriearbeitsplätzen an beachtlicher zweiter Stelle unter allen Tiroler Bezirken. Der große Vorteil dabei ist: In der Industrie handelt es sich in der Regel um Ganzjahresjobs. Dass es nicht einen einzigen großen Betrieb als Arbeitgeber, sondern mehrere mittelgroße gibt, senkt das Risiko und kann als ein weiteres Plus verbucht werden. Auch eine ausgeprägte Abhängigkeit von Tourismusarbeitsplätzen, die gewissen Schwankungen unterworfen sind, bleibt dem Bezirk somit erspart. Insgesamt hat sich Osttirol in den letzen „Vor-Corona-Jahren“ sehr gut entwickelt und hat das durchaus das Potenzial, diesen Trend fortzuführen. Doch ist das alles andere als eine Selbstverständlichkeit und bedarf einer ständigen Weiterentwicklung und klaren Zielsetzungen. Darüber hinaus ergibt sich mit der Ukrainekrise und den massiven Energie- und Rohstoffpreissteigerungen eine unvorhersehbare Situation, deren Auswirkungen derzeit noch nicht genau abschätzbar sind.
Beliebtes Ausflugsziel der Südtiroler
1682 wurde dem Markt Sillian – heutiger Hauptort des Osttiroler Hochpustertales – das Gemeindewappen verliehen. Dieses zeigt zwei mit goldenen Ringen verbundene Seile, was auf die ehemals blühende Viehwirtschaft hindeutet. Heute sind die Vieh- und Landwirtschaft in der Marktgemeinde längst nicht mehr die stärksten Wirtschaftszweige, vielmehr sind dies die zahlreichen gewerblichen Klein- und Mittelbetriebe. Ein größeres Gewerbegebiet, das hauptsächlich von Holzverarbeitungsbetrieben genutzt wird, befindet sich an der Grenze zu Südtirol, ein kleineres liegt südlich des Bahnhofs. In der Grenznähe haben sich zudem zahlreiche Handelsbetriebe angesiedelt. Sie alle bieten neben guten Verdienstmöglichkeiten auch Arbeitsplätze, die von den Bürgerinnen und Bürgern Sillians gerne angenommen werden. Aus wirtschaftlicher Sicht kann die Marktgemeinde Sillian in den vergangenen Jahren auf eine positive Entwicklung zurückblicken. Im Gemeindegebiet sind rund 110 Gewerbebetriebe angesiedelt, vom Ein-Mann-Unternehmen bis zum größten Gewerbebetrieb, der Firma Euroclima. Letztere konnte durch Betriebserweiterungen den Standort sichern und Arbeitsplätze schaffen. Doch auch der Tourismus bietet in Sillian Möglichkeiten der Beschäftigung, wenn auch stark saisonabhängig. Sillian kann mit einem umfangreichen Familienangebot werben, es gibt neben sportlichen Freizeitangeboten und herrlichen Wanderrouten auch einen Wichtelpark, der Kinderherzen höher schlagen lässt. Zudem stehen in der gepflegten Marktgemeinde zahlreiche Hotels unterschiedlicher Kategorien und verschiedenste Restaurants für die Gäste bereit. Durch seine zentrale Lage und die entsprechenden Infrastrukturen kommt Sillian eine Zentrumsfunktion zu und es lockt nach wie vor viele Südtiroler zu Shoppingtouren und Tagesausflügen. (SH)
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