Emma Hellenstainer – eine Frau mit Pioniergeist

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Emma Hellenstainer – eine Frau mit Pioniergeist

Niederdorf – Vor rund 150 Jahren setzte Emma Hellenstainer Meilensteine im Tourismus und Alpinismus im Pustertal und weit darüber hinaus.
Heute würde man sie als Powerfrau bezeichnen. Begnadet mit Klugheit, Durchsetzungskraft und Kreativität. Eine die anpackte! Emma Hellenstainer hat Zeichen gesetzt, die das Pustertal touristisch, alpinistisch und wirtschaftlich in eine neue Zeit führten.

Vom „Grauen Bären“ zum „Schwarzadler“
Am 12. April 1817 erblickte Emerentiana in St. Johann in Tirol als Tochter der Eheleute Johann Hausbacher und Maria Panzl das Licht der Welt, gerufen wurde sie Emma. Ihr Vater war Gerber und führte einen Krämerladen. Emmas Tatendrang erbte sie aber wohl von ihrer Mutter, zumal diese 1832 den Gasthof „Zum Grauen Bären“ am Hauptplatz in St. Johann übernahm. Emma war gerade 15 Jahre alt, half aber sogleich als Kellnerin im Wirtshaus mit. Ihre schulische Ausbildung genoss sie dann bei den Ursulinen in Innsbruck, wo sich auch Italienisch lernte. Daraufhin kam sie zum Gasthof „Zu den drei Alliirten“ in Salzburg, um sich in der Kochkunst zu verbessern. Das Bestreben ihrer Mutter war nämlich, dass Emma später einmal die Gastwirtschaft übernehmen sollte. Kurz danach jedoch erbte die Mutter das Bräuhaus an der Rienz bei Toblach und übertrug nun ihrer Tochter Emma die Führung dieses Betriebes. Die rund Zwanzigjährige zog also ins Pustertal – ihr Vater war inzwischen verstorben. Bald schon lernte sie dort Joseph Carl Hellenstainer kennen und lieben; 1842 heirateten sie und führten gemeinsam den Gasthof „Schwarzadler“ in Niederdorf. Zwei Seelen müssen sich gefunden haben, denn auch ihr Mann war ein Mensch der Tat: 1852 initiierte Hellenstainer den Fuhrwerk- und Stellwagenverkehr, der Niederdorf mit Brixen und später mit Lienz verband, wodurch der Fremden- und Warenverkehr im Pustertal aufzublühen begann. Mit Stellwagen wurden Personen befördert, sie sind mit heutigen Linienbussen vergleichbar.

Aufschwung durch den Zugverkehr
Erneute Schubkraft gewinnt das Pustertal 1871 mit dem Bau der „Pusterthalbahn“ durch die Südbahngesellschaft: Auf dem neuen Bahnabschnitt Lienz-Franzensfeste entsteht auf der Südstrecke die Verbindung mit Innsbruck, der Landeshauptstadt des damaligen Gesamttirols. Zu dieser Zeit ist Emma Hellenstainers Name bereits so bedeutend – und offenbar auch ihr Einfluss im Wirtschaftswesen -, dass sie erwirkt, dass die Bahngesellschaft in Niederdorf eigens eine Kurve anlegt, damit der Zug in der Nähe ihres Gasthofes vorbeifahren kann, obwohl die Trassierung ursprünglich anders geplant ist.

Der Gasthof wird ausgebaut
Die Hellenstainers nutzten die günstige Wirtschaftslage, bauten den Gasthof aus und gestalteten die Fremdenzimmer für gehobenen Tourismus. Ideenreich wie die Wirtin war, schaltete sie Werbeanzeigen für ihren Gasthof in internationale Zeitungen – damals im Pustertal ein absolutes Novum. Wie weit ihr Bekanntheitsgrad mittlerweile international reichte, bezeugt ein Brief aus Übersee, der nur mit „An Frau Emma in Europa“ adressiert, nach Niederdorf gelangte und von der Post zugestellt werden konnte. Leider verstarb Emmas Mann allzu früh im Jahr 1858, die 41-Jährige vermochte aber den Gastbetrieb weiterzuführen, ebenso den Stellwagenbetrieb.

Entwicklung des Alpinismus im Pustertal
1862 wurde der Österreichische Alpenverein (OeAV) gegründet und 1869 der Deutsche (DAV), sie schlossen sich 1873 zum DuOeAV zusammen. Entstanden die Alpenvereinssektionen bislang nur in den Städten, so erkannte Emma Hellenstainer im fernen Niederdorf das Potential, das in diesem neuen touristischen Sektor steckte. Auf ihre Initiative hin zeichnete Niederdorf als Sektion Hochpustertal im Dezember 1869 als eine der damals 17 Sektionen im DuÖAV und als zweite Sektion im südlichen Tirol; als erste wurde die Sektion Bozen am 3. November 1869 gegründet, Bruneck folgte im Jahr 1870 und Sand in Taufers 1873. Emma Hellenstainer war auch die erste Frau als Mitglied im gesamten Alpenverein, damals war die Vereinigung nämlich – der Zeit aber auch dem Thema Berg entsprechend- noch eine reine Männergilde.

Würdigung an Frau Emma
Für ihre Meriten im Tourismus erhielt Emma Hellenstainer das Goldene Verdienstkreuz durch Kaiser Franz Josef I. (1830-1916) verliehen. Bei einem Besuch in Welsberg 1899 stand der Kaiser höchstselbst der „weltbekannten Frau Emma“ gegenüber. Emma Hellenstainer starb 86-jährig am 9. März 1904 in Meran, wo sie die letzten Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Ihre Pionierleistungen werden heute mit der Namensgebung der Landesberufsschule für das Gast- und Tourismusgewerbe „Emma Hellenstainer“ in Brixen gewürdigt, weiters im Touriseum in Meran, im (leider geschlossenen) Fremdenverkehrsmuseum in Niederdorf sowie im Museum St. Johann in Tirol. Auf der Passerpromenade in Meran ist seit 2015 eine Bronzeplastik von Emma Hellenstainer zu bewundern. (IB)