Wenn jemand schwer verunglückt, kann sein Leben in Gefahr sein. Dann helfen wir und nennen das „Erste Hilfe“. Es gibt auch massives psychisches Unglück – so intensiv, dass jemand glaubt, er muss den Tod suchen. Wenn wir in solchen Situationen helfen, betreiben wir Psychische Erste Hilfe. Psychiater Roger Pycha lehrt dazu das Einmaleins der Krisenintervention in einem Kurzseminar.
Die Grundregeln dafür kann jeder lernen. Gut diesbezüglich ausgebildet aber müssen Psychologen und Ärzte sein, die mit gefährdeten Menschen häufig zusammenkommen, und günstig intervenieren sollen. In Kürze entsteht ein psychologisches Krisentelefon im Land. Dann müssen Psychologen am Telefon psychische Erste Hilfe leisten können. Und ihre Kollegen untertags in den Psychologischen Diensten auch Dringlichkeiten behandeln. Wie geht das?
Dableiben und zuhören
Überlebenden von Suizidversuchen erzählen ihren Therapeuten Vieles darüber. Sie wollten in aller Regel allein sein beim Durchführen ihrer Tat. Deshalb die erste Grundregel zur Rettung eines anderen Lebens: Bleiben Sie da, legen Sie den Hörer nicht auf, gehen Sie nicht weg. Psychisch gesehen halten zweierlei Maßnahmen praktisch immer am Leben: In Beziehung zu stehen mit wichtigen, lieben Menschen, also sozial vernetzt zu sein. Und Vorhaben, Pläne und Entwürfe zu haben, die man realisieren will, also vernetzt zu sein mit der Zukunft. Beides kann man auch mit Verzweifelten versuchen.
Kontakt suchen
Wie kann ich schwer Erschütterten gegenübertreten? Sie dürsten vielleicht nach Beziehung, und fühlen sich verlassen. Da bedeutet Kontakt: Blick in ihre Augen, Lächeln, vielleicht auch ganz sanfte, neutrale Berührung, an der Hand oder Schulter zum Beispiel. Der Rücken, zwischen den Schulterblättern, wo man selbst mit der Hand nicht hinkommt, ist besonders berührungssensibel. Das ist die Stelle für den Fall, dass er oder sie auf andere Berührungen nicht reagiert. Das ist der Ort, an dem das Gehirn des Betroffenen blitzartig weiß: Es ist jemand anderer, der mich jetzt berührt, und da bin ich verletzlich. Jetzt muss ich etwas tun. Sofort danach sollte der Therapeut oder Helfer zu ihm sprechen. Radikal von dem ausgehen, was er selbst fühlt. „Sie kommen mir extrem bedrückt vor, und ich mache mir Sorgen um Sie. Ist Ihr Leben in Gefahr?“. Lassen Sie als Helfer oder als Therapeut bitte nicht locker. Wenn keine Antwort kommt, schildern Sie wieder Ihre eigene Lage: „Jetzt weiß ich gar nichts, und bin noch alarmierter. Bitte sagen Sie mir genau, was mit Ihnen los ist.“ Eine Antwort ist nicht immer verbal. Auch Zusammenkauern, Zittern, Weinen usw. können stumme Antworten des Körpers sein. Sie sind nicht ganz eindeutig, aber Helfer und Therapeuten können sie interpretieren. Sie fordern die Therapeuten dazu auf, zu vermuten, was geschieht: „Was bedeuten Ihre Tränen? Hat man Sie schwer verletzt?“
Psychischer Erste Hilfe Kurs
Wenn die Antwort bestätigend ausfällt, kann der Helfer Vieles tun, je nachdem, wieviel Zeit und Energie er zur Verfügung hat und ob er bereits einen Psychischen Erste Hilfe Kurs besucht hat. Dort lernt er seine eigene Einstellung zum Suizid kennen, lernt Methoden der Suizidvorbeugung und der Krisenintervention. Das Südtiroler Institut für Systemische Forschung und Therapie bietet am 5. April 2023 zum zweiten Mal ein Kurzseminar in Psychischer Erster Hilfe für Psychologen, Ärzte und Psychotherapeuten an. Anmeldung über www.IARTS.bz. (RP/Red)
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