Das Mühlbacher Badl in Mühlbach oberhalb Gais ist auf 1700 Metern das höchstgelegene Heilbad im Pustertal und war bereits im letzten Jahrhundert als Kurort bekannt.
Im Umkreis von zehn Kilometern gab es im 19. Jahrhundert im Tauferer Tal drei Heilbäder: Bad Winkel, Bad Neuhaus und das Mühlbacher Badl. Der Bäderbesuch war allgemein sehr beliebt und diente der Reinigung und Geselligkeit. Er war jedoch nicht nur gut Situierten vorbehalten, sondern zog sich durch alle Stände; so war oft im Dienstvertrag zwischen Bauern und Gesinde der Badebesuch für Knechte und Mägde verbrieft. Unterschiedlich waren jedoch die Infrastrukturen selbst, vom eleganten Kurbad bis zum einfachen Bauernbadl, was aber nicht heißt, dass Letzteres nur Bauern vorbehalten gewesen wäre, ganz im Gegenteil, denn dort verkehrten genauso Dichter, Künstler und Geschäftsleute, weil es meist lockerer und freizügiger zuging als im Schein von Moral und Noblesse.
Das wohlfeilste Badl in Tirol
Über 200 Jahre alt ist das Mühlbacher Badl. Aus der Niederweger Chronik 1834 lesen wir: „In diesen Thale ist eine Wasserquelle befindlich, die zu einem Bade dienet, und von wenigen Leuten im hohen Sommer besuchet wird, ohne jedoch außer einer schlechten Hütte ein Obdach oder Unterkunft zu finden.“ Vier Jahre später schreibt der Tiroler Schriftsteller und Theologe Beda Weber (1798-1858): „Am besten geht oder reitet man von Uttenheim aus über den sogenannten Ainsberg. Die Badwohnung besteht in einer Alpenhütte, die Kost in dem, was jeder Gast sich selbst mitbringt, gewiss das einfachste Bad in Tirol, aber auch bei weitem das wohlfeilste. Das Landvolk besucht es zahlreich und gern, spürt heilsame Wirkungen, wozu die frische Bergluft nicht wenig beiträgt.“ Das als eisenhaltig beschriebene Stahlwasser soll heilende Wirkung bei Rheuma, Haut- und Verdauungsproblemen erzielt haben. Über 300 Einheimische und Feriengäste im Jahr genossen Erfrischung in Holzbottichen und das Almleben der angrenzenden Alpe. Sie schliefen im Heu und es soll nicht nur im Bad mitunter recht ausgelassen und zügellos zugegangen sein.
„Endlich kam das Mühlbacher Badl in Sicht. Eine kleine Zahl von Curgästen, Bauern der Umgebung, trieb sich um das Haus herum oder ruhte auf der das Haus umgebenden Wiese, von den Anstrengungen des curmässigen Nichtstuns“, schreibt im Jahr 1877 der Tauferer Arzt Dr. Josef Daimer (1845-1909). Er gibt allerdings zu Bedenken: „Nicht Jeder verträgt aber den Curgebrauch in Mühlbach, vielen ist das Wasser zu stark, sie müssen fortziehen, ehe sie noch eine Besserung verspüren.“ Und es waren ebenso die raue Urtümlichkeit und die ausgelassenen Sitten, die nicht jedermanns Gefallen fanden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: 1934 wurde das Bad durch einen Brand zerstört, dann wieder aufgebaut, bis es 1967 erneut ein Raub der Flammen wurde.
Wiederaufbau
Karl Wieser, Baggerunternehmer aus Mühlen in Taufers, kaufte das was noch vom ehemaligen Mühlbacher Badl übrig geblieben war in den 1970er-Jahren praktisch als Brandstätte, ebenso die angrenzende, heruntergekommene Kapelle. 1982 erhielt er die erste Baukonzession für die Erneuerung des Gebäudes, musste dann aber 14 weitere Jahre auf die Erteilung der Wasserkonzession warten. Er wollte nämlich zuerst eine funktionierende Stromversorgung gewährleisten und hierzu ein Wasserkraftwerk errichten, um das Gebäude autark führen zu können. Heute erstrahlt das Mühlbacher Badl als schmuckes Ensemble. Es ist zu einem beliebten Ausflugs- und Einkehrziel geworden, das auch über eine Bade- und Wellnessabteilung verfügt. Ab dem großen Parkplatz im Mühlbacher Talile führt der leichte Wanderweg Nr. 2 in 20 Minuten dorthin.
Vorzügliches Quellwasser
Die Quelle des Mühlbacher Badls entspringt dem Urgestein Gneis und Granit der umliegenden Rieserferner Berge. Wie chemische und biophysikalische Untersuchungen ergaben, soll das Wasser reinigend, entgiftend und blutfördernd sowie heilsam für verschiedene Organe wirken. Moderne Analysen bestätigen, dass es sich um eine äußerst hochwertige Wasserqualität handelt, wie sie in Mitteleuropa nur selten in dieser Reinheit auftritt.
Die Bad-Kapelle
In christlicher Zeit wurden über Quellen meistens Kirchen oder Kapellen gebaut, um neben dem körperlichen Wohlbefinden und Gesundwerden auch das Seelenheil zu pflegen. Laut einer Chronik von Josef Innerhofer „herrschte im Badl häufig ein gar lustig-lockeres Gemisch von Bade- und Almerleben“. Die Kirche sah sich daher genötigt, den Besuch der Bad-Kapelle zu verbieten, „wenn diese „lockere Zusammenkünfte“, was immer wir darunter verstehen wollen, nur unter dem „Schein der Andacht“ vorkämen. Das Kirchlein war ein schlichtes Bauwerk, dessen Mauern im Laufe der Jahrhunderte arg in Mitleidenschaft gekommen waren. Im Zuge der Restaurierungen ließ die Familie Wieser also auch die Kapelle erneuern. Der Enneberger Künstler Franz Kehrer fertigte dazu drei wundervolle, in Bronze gegossene Statuen an, den Hl. Christoforus, die Kreuzabnahme Pietà und das Kruzifix. Die Kapelle wurde am 14. August 2004 durch den Kardinal Crescenzio Sepe dem Hl. Karl von Borromäus geweiht, und einige Gebetsligen verehren hier auch den seligen Kaiser Karl 1. von Österreich.
IB
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