Ahrntal – In diesem Monat wird der jüngste Naturpark des Landes fünfunddreißig Jahre alt.
Ein idealer Zeitpunkt, um Rückschau zu halten und nachzufragen, was sich in den vergangenen dreieinhalb Jahrzehnten in diesem wundervollen Gebiet alles getan hat.
Kaum zu glauben, doch es sind bereits fünfunddreißig Jahre vergangen, seitdem der jüngste Naturpark Südtirols, der Naturpark Rieserferner-Ahrn, gegründet wurde. Und kaum zu glauben, dass auch heute noch, nach viel Aufklärungsarbeit, Förderungen, überregionaler Wertschätzung und vielen positiven Konsequenzen, die kritischen Stimmen nicht gänzlich verebbt sind. Dennoch: Der Erfolg spricht für sich und wird über die Grenzen hinaus anerkannt. Grund genug, das 35-jährige Bestehen der Unterschutzstellung dieser herrlichen Naturlandschaft anerkennend wahrzunehmen. Und eine gute Gelegenheit, zurückzuschauen, aber auch nach vorne zu blicken, denn trotz Pro und Contra bei den verschiedenen Grundbesitzern kann der Naturpark Rieserferner-Ahrn mit Fug und Recht als Erfolgsmodell anerkannt werden. Wir haben mit Markus Kantioler vom Amt für Natur gesprochen; er blickt auf den bemerkenswerten Werdegang des Schutzgebietes zurück und kann die größten Schritte auch konkret benennen: „Durch Natura 2000 konnten im Laufe der letzten 15 Jahre in Zusammenarbeit mit den Grundeigentümern eine Reihe von Maßnahmen zum Erhalt und zur Aufwertung von Lebensräumen und Arten umgesetzt werden“, berichtet Kantioler. Als sehr positiv in diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass ausgehend von umgesetzten Projekten und Beispielen durch die Landesverwaltung auch private Grundeigentümer und Almbesitzer sowie Institutionen wie beispielsweise lokale Jagdreviere die Thematik der Lebensraumerhaltung aufgegriffen haben. „Der Naturpark Rieserferner-Ahrn und sein Einzugsgebiet sind dabei landesweit federführend in der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen von Seiten der lokalen Bevölkerung“, so Markus Kantioler.
Schwieriges Thema Almerschließungen
Der Naturpark Rieserferner-Ahrn ist ein Paradebeispiel für eine naturnahe Kulturlandschaft. Er ist geprägt durch eine Vielzahl von Almen, welche durch die Bewirtschaftung und Pflege der lokalen Bevölkerung das Gebiet über Jahrhunderte zu jener Landschaft gemacht hat, die wir heute vorfinden. Dementsprechend stark diskutiert und immer präsent ist die Thematik der Almerschließungen, wo oftmals die Bedürfnisse der Grundeigentümer mit den Erfordernissen des Naturschutzes und den Ansprüchen der naturnutzenden Bevölkerung aufeinandertreffen. „Häufig wurden und werden bei Erschließungsfragen zwei gegensätzliche Fronten aufgebaut, welche schlussendlich zum Unwohl auf zumindest einer Seite führten“, sagt Markus Kantioler und betont: „Der Erhalt einer extensiv bewirtschaften naturnahen Kulturlandschaft steht oder fällt nicht nur durch die Realisierung oder Vermeidung einer Zufahrt, es sind hierbei eine Vielzahl an Faktoren zu beachten. Hier gilt es meiner Meinung nach, von allen Seiten offene Sichtweisen zu zeigen und gemeinsame Ziele zu definieren.“ Die Erhaltung unserer Natur- und Kulturlandschaft in einem Schutzgebiet sei ein stetiger Entwicklungsprozess, welcher die fortlaufenden Bedürfnisse der Menschen vorort sowie der Lebensräume und Arten gleichermaßen berücksichtigen müsse. „In diesem Sinne ist auch die stattfindende Rückkehr der großen Beutegreifer, allen voran der Wolf, zu verstehen und als Herausforderung für die Zukunft zu betrachten. Für das Schutzgebiet ist der Erhalt von extensiv bewirtschafteten Lebensräumen gleichermaßen wichtig wie das Vorkommen der Beutegreifer“, sagt der Naturexperte. „Die aktuellen Diskussionen mit extremsten Sichtweisen auf verschiedensten Ebenen helfen weder den Nutztieren und deren Eigentümern noch den Beutegreifern. Der Naturpark kann diesbezüglich aktuell wenig bis nichts dazu beitragen, vermutlich werden sich die daraus resultierenden Entwicklungen aber auch auf das Gebiet auswirken. SH
Thema Naturpark
Herr Markus Kantioler, welches sind die Hauptaufgaben des Naturparks?
Die Aufgabenbereiche des Naturparks sind aufgrund der gesetzlichen Anforderungen sehr vielfältig. Schwerpunkte sind unter der Erhalt des Wanderwegenetzes, um für eine geordnete Besucherlenkung zu sorgen. Diese Arbeiten werden mit der Forstbehörde umgesetzt. Informations- und Umweltbildung ist ein zweites Beispiel, wobei hier das Naturparkhaus in Sand in Taufers und die Infostelle in Kasern eine wichtige Rolle spielen. Die Begutachtung von Projekten und Baumaßnahmen im Gebiet ist ebenso Bestandteil der täglichen Arbeit wie auch die Beratungstätigkeit für den Erhalt und die Umsetzung von Fördermaßnahmen.
Haben sich die Akzeptanz und Stimmung gegenüber dem Naturpark seit seiner Gründung geändert?
Die Akzeptanz gegenüber dem Naturpark hat sich gegenüber früher sicher verbessert. Klar ist, dass genauso wie außerhalb von Schutzgebieten, nicht immer alle Vorhaben umgesetzt werden können, vor allem jene baulicher Natur. Diese Einzelfälle wiegen für die betroffenen Antragsteller verständlicherweise besonders schwer. Insgesamt steht das Schutzgebiet für den Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft und wird in den Grundwerten von der Bevölkerung geschätzt und mitgetragen.
Wohin wird sich der Naturpark Rieserferner-Ahrn in den nächsten Jahrzehnten entwickeln?
Die größte Herausforderung wird sicherlich die Lenkung der Freizeitnutzung, damit der Naturpark sein primäres Ziel zum Erhalt der Landschaft samt dazugehöriger Biodiversität erfüllen kann. Jeder Naturnutzer fordert uneingeschränkte Freiheit, „Naturgenuss“ an 365 Tagen und nicht nur untertags, sondern immer häufiger auch im Dunkeln. Für viele Tierarten wirken sich daraus resultierende Störungen negativ aus und wir alle müssen dafür sorgen, dass der Naturpark nicht zu einer kompletten Spielwiese für unsere Freizeitnutzungen wird.
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