Eine Sonderausstellung im Museum Ladin in St. Martin in Thurn zeigt Hintergründe über das größte Massenaussterben der Erdgeschichte und
über die heutige Klimakrise.
Die Ausstellung „Countdown to Mass Extinction?“ im Museum Ladin in St. Martin in Thurn zeigt eindrücklich die Parallelen zwischen der Klimakatastrophe, ausgelöst durch massive Vulkanausbrüche in Sibirien vor rund 252 Millionen Jahren, und dem aktuellen Klimawandel, der durch menschliche Aktivitäten verursacht wird. Kurator der Ausstellung ist Herwig Prinoth, der auch die begleitenden Texte und eine Broschüre verfasst hat.
Die natürliche Aussterberate
Schätzungen zufolge sterben etwa 10 % der Arten alle Millionen Jahre, 30 % alle 10 Millionen Jahre und 65 % alle 100 Millionen Jahre aus. Das Aussterben ist also ein natürlicher Teil der Evolution. Bei einem Massenaussterben hingegen verschwinden mindestens 75 % der Arten in weniger als einer Million Jahren, was nach geologischen Standards ein kurzer Zeitraum ist. Mit einer Aussterberate von 96 % bei den Meeresorganismen und etwa 70 % bei den Landwirbeltieren war das Massenaussterben am Ende der Permzeit, ausgelöst durch einen Vulkanausbruch in Sibirien, die größte Katastrophe der Erdgeschichte. Die dadurch verursachte Freisetzung von Kohlendioxid löste einen Supertreibhauseffekt aus, der die globale Temperatur um acht bis zehn Grad erhöhte. Sauerstoffmangel, Ozeanversauerung und die Veränderungen der Meereschemie beeinflussten in der Folge das Leben auf unserem Planeten. Eine Ozeanversauerung entsteht, wenn CO2 aus der Atmosphäre vom Meer aufgenommen wird und sich mit dem Wasser zu Kohlensäure verbindet, wodurch das Wasser saurer wird. Dies schadet Meereslebewesen wie Korallen und Schalentieren, führt zu einem Rückgang der Artenvielfalt und zu Störungen in den marinen Ökosystemen.
Nach dem Massenaussterben
Nach dem damaligen Massenaussterben füllten die wenigen überlebenden Arten die leeren ökologischen Nischen. Erst 15 Millionen Jahre später sind Anzeichen einer fortschreitenden, aber noch unvollständigen Erholung zu sehen. Die Ausstellung veranschaulicht die langsame Erholung des Lebens und wie sich Organismen an die neue Situation angepasst haben.
Klimawandel heute
Beunruhigend ist die Tatsache, dass die Menschheit heute mehr Kohlendioxid ausstößt als die sibirischen Vulkane zur Zeit des bisher größten Massensterbens. Beim heutigen Klimawandel handelt es sich um ein weltweites Phänomen, das im Gegensatz zu früheren Klimaschwankungen nicht auf lokale oder regionale Bereiche beschränkt ist. Während die Kleine Eiszeit (1350-1830 n. Chr.), die mittelalterliche Warmzeit (1050-1150 n. Chr.) sowie die römische Warmzeit (50- 250 n. Chr.) hauptsächlich bestimmte Regionen der Erde betrafen und durch eine Vielzahl natürlicher Faktoren ausgelöst wurden, ist der aktuelle Klimawandel durch menschliche Aktivitäten verursacht und wirkt sich auf das gesamte globale Klimasystem aus. Auswirkungen des Klimawandels auf Wetterextreme wie Dürren, Überflutungen und Stürme treten bereits häufiger und intensiver auf. Im 20. Jahrhundert ist der Meeresspiegel um 15 cm gestiegen und steigt kontinuierlich, was erhebliche Auswirkungen auf Küstenregionen hat und zu Überschwemmungen und Landverlust führen wird.
Auswirkungen in Südtirol
Besonderes Augenmerk wird in der Ausstellung auch auf die Auswirkungen des Klimawandels in Südtirol gelegt: steigende Temperaturen, schmelzende Gletscher und eine Zunahme der Schneefälle. Durch den Temperaturanstieg taut der Permafrost im Hochgebirge und es kommt zu Felsstürzen wie in den letzten Jahren in den Dolomiten geschehen. Weiters wird aufgezeigt, wie unser Verhalten unsere Natur und Umwelt beeinflusst und was jeder von uns tun kann, um Emissionen zu reduzieren und eine nachhaltigere Zukunft zu fördern. Die Ausstellung verbindet Vergangenheit und Gegenwart mit Schwerpunkt Südtirol, ist ein starker Aufruf zum Handeln und unterstreicht die Notwendigkeit globaler Anstrengungen, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern.
Der Countdown läuft …
Aktuelle Forschungen weisen darauf hin, dass die Menschheit jährlich etwa 37 Gigatonnen CO2 freisetzt – ein Wert, der die Emissionen von 9,53 Gigatonnen durch sibirischen Vulkanismus am Ende des Perms weit übersteigt. Ein Bericht der Vereinten Nationen alarmiert, dass etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind, viele bereits in den kommenden Jahrzehnten. Der Vergleich des aktuellen Klimawandels mit dem Massenaussterben am Ende des Perms dient als mahnender Weckruf: Es ist an der Zeit zu handeln. Wir haben die Wahl – doch wie lange noch, wissen wir nicht. Die Zeit tickt schon längst zum Countdown des Massenaussterbens. Und möglicherweise der Menschheit.
IB
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