„Ich liebe es, meine Grenzen auszuloten und daran zu wachsen. Sei es beim Singen wie beim Klettern.“
Wie ein reiner, klarer Gebirgsbach fließt der Sopran durch Mozarts Laudate Dominum, die Koloraturen sprudeln in fröhlicher Leichtigkeit dahin, als gäbe es keine stimmtechnische, behindernde Steine im Fluss. Die Zartheit und Anmut ihrer musikalischen Interpretation widerspiegelt Stefanie Steger in ihrer Erscheinung. Die gebürtige Ahrntalerin ist eine der talentiertesten Konzertsängerinnen Südtirols.
Wie kamen Sie zum klassischen Gesang?
Bereits in meiner Kindheit fiel ich durch meine starke Gesangsstimme auf und hatte das Glück, durch Lehrer und vor allem durch meine Eltern gefördert zu werden, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Anschließend besuchte ich das sozialwissenschaftliche Gymnasium in Bruneck und im letzten Schuljahr gleichzeitig das Konservatorium in Innsbruck sowie später das Mozarteum in Salzburg mit Ausbildungen in Lied und Oratorium und in Instrumental-Gesangspädagogik.
Singen als Beruf oder Berufung?
Beides. Ich unterrichte am sozialwissenschaftliche Gymnasium in Bruneck Stimmbildung. Es sind wirkliche Talente unter den Schülern, sie spielen teils drei, vier Instrumente und es macht mir sehr viel Spaß, mit ihnen zu arbeiten. Die Kombination von Lehrberuf und Konzertauftritten finde ich ideal für mich, eben mit jungen Leuten zu arbeiten und selbst auftreten zu können.
Singen als Therapie?
Meine bisher jüngste Schülerin war zehn, meine älteste 70 Jahre. Man ist nie zu alt, etwas Neues zu lernen. Singen aktiviert den Muskelapparat und ist deshalb auch im Alter förderlich. Für mich ist Singen ein Hochgefühl, wenn Körper und Seele im harmonischen Einklang sind. Wenn ich imstande bin, meinen Körper richtig zu aktivieren und der Gesang in mir fließt, ist es für mich eine Art innere Befreiung.
Welche Musik ist die Ihre?
Ich liebe alle Arten der Musik. Wenn ich mich jedoch für eine Richtung entscheiden müsste, wäre es wohl die Barockmusik, für die ich in Basel eine Spezialisierung machte. Ich habe einen natürlichen Zugang zu dieser Musik, und die großen Meister dieser Zeit wie Bach, Vivaldi und Scarlatti faszinieren mich. Speziell Koloraturen sind das Meine, darin fühle ich mich zuhause, denn ich tue mich relativ leicht damit, aber es gilt halt auch, sich darin zu üben.
Und die Operette?
Bei den Südtiroler Operettenspielen debütierte ich letztes Jahr in der Rolle der Lisa von Kálmáns Gräfin Mariza. Jetzt gerade bin ich mit den Südtiroler Operettenspielen bei den szenischen Proben zur Fledermaus von Strauß. Die Arbeit macht mit mir total Spaß. Es ist ein tolles Werk und verspricht, eine spannende Produktion zu werden. Meine Rolle als Adele beinhaltet zwei große Arien. Es ist eine Paraderolle für mich, ich kann mich darin gehen lassen, es ist sehr viel Witz und Komödie darin.
Was fühlt eine Sängerin vor dem ersten Ton?
Es kommt auf die Vorbereitung und auf die Tagesverfassung an, das hängt bei mir nicht davon ab, ob es ein großer Auftritt ist oder nur ein kleineres Konzert. Eine gewisse Dosis an Nervosität gehört einfach dazu, das zu spüren ist wichtig. Das so genannte Lampenfieber ist eine natürliche, positive Energie, die man gut nutzen kann, um Höchstleistungen zu erreichen. Natürlich merke ich, ob ich die Zuhörer fesseln kann und wenn es mir mal nicht gelingt, kann ich auch nichts machen. Man kann es nie allen recht machen und außerdem ist man halt selbst auch nicht immer in Höchstform. Das ist einfach nur menschlich.
Sie brauchen den Adrenalin-Kick?
Ja. Das spüre ich auch beim Klettern, ich kam durch meinen Mann dazu. Dabei muss man sich überwinden, und das Gefühl, eine Schwierigkeit geschafft zu haben, ist toll. Als im Sternzeichen des Widders Geborene liebe ich die Abwechslung und mag gern Neues probieren. Mir kommt vor, gerade Frauen stellen sich oft zu sehr in den Hintergrund und haben Angst, etwas falsch zu machen und ich bin da keine Ausnahme. Aber meine Neugier hilft mir, es wenigstens zu probieren und mich dadurch weiter zu entfalten. Und ich mag über das Mittelmaß hinausgehen, um meine Grenzen zu ertasten und daran zu wachsen.
Was bedeutet für Sie unser Land?
In der Zeit meines Studiums dachte ich immer, ich sei ein richtiger Stadtmensch, ich brauchte Trubel. Es tat mir gut, andere Länder kennen zu lernen und über den eigenen Tellerrand zu sehen. Dann stand für mich die Entscheidung an, ob ich eine Karriere als Sängerin einschlagen oder den Lehrberuf als fixes Standbein und das Singen als Nebenberuf machen sollte. Ich habe mich für Letzteres entschieden und bin glücklich und zufrieden. Ich habe hier mit meinem Mann den Lebensmittelpunkt und meinen inneren Ruhepol gefunden. Das Land, die Berge, ich spüre, hier sind meine Wurzeln.
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