Pädagogik und Schularchitektur: Das „Erasmus+“-Projekt PULS+ befasst sich mit der Frage, wie gute Lernräume in Kindergärten und Schule entstehen.
In den kommenden Jahren werden europaweit voraussichtlich mehr als 100 Milliarden Euro für Schul- und Bildungsbauten ausgegeben. Derzeit rechnet man mit Investitionen von mehr als 67 Milliarden Euro bis 2030 allein in den deutschsprachigen Ländern. Das „Erasmus+“-Forschungsprojekt PULS+, in das Südtirol gemeinsam mit Partnern aus Österreich, Deutschland und der Schweiz eingebunden ist, befasst sich unter anderem mit dem Zusammenspiel zwischen Theorie und Forschung einerseits und der praktischen Erfahrung im Alltag an den Kindergärten und Schulen andererseits. Anlässlich der EU-Zusage zum Projekt fanden heute (24. Oktober) an der Freien Universität Bozen, an der Universität Innsbruck, an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Bonn und an der Kunstuniversität Linz zeitgleich vier Pressekonferenzen zur Vorstellung des Projekts statt.
Als eine starke Botschaft für die länderübergreifende Kooperation bezeichnete Beate Weyland von der Bildungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bozen das Projekt. „Pädagogik kann gemeinsam mit Architektur Schule gestalten“, stellte Weyland fest, „das EU-Projekt ermöglicht es, hierfür ein Unterstützungssystem aufzubauen.“ Dabei sei gerade die enge Zusammenarbeit zwischen Universität und Partnern aus der Praxis wichtig, um gemeinsam zu lernen und die Wünsche und Bedürfnisse aller Beteiligten kennenzulernen.“Wir wollen eine Veränderung der Schule erreichen“, betonte Josef Watschinger, Direktor des Schulsprengels Welsberg, und wies darauf hin, dass in Südtirol die Gesetzgebung den Schulen bereits ermöglicht, ihre Räume bis zu einem gewissen Ausmaß selbst zu gestalten. „Vor Jahren wurde ein Netzwerk auf Landesebene gegründet“, berichtete Watschinger, „dieses wurde dann laufend erweitert. Und schließlich ist ein EU-Projekt entstanden.“ Das PULS-Projekt setze sich aus mehreren Bausteinen zusammen und sei darauf ausgerichtet, länderübergreifend eine Lernlandschaft aufzubauen, sagte der Schuldirektor. „Raum ist zwar eine Rahmenbedingung, aber er kann die Entwicklung beeinflussen. Wir müssen den Menschen die Möglichkeit der Gestaltung ihrer Welt wieder zurückgeben“, forderte Watschinger. Schulamtsleiter Peter Höllrigl stellte das Lernen voneinander und miteinander in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. „Dies ist auf allen Ebenen erforderlich: sowohl bei der pädagogischen Ausbildung als auch bei den Schulbauten“, erklärte Höllrigl und wies auf die Schulbaurichtlinien aus dem Jahr 2009 hin. Dank dieser Richtlinien ist Südtirol in Sachen pädagogische Architektur bereits auf einem guten Weg, denn den pädagogischen Fachkräften wird in Südtirol eine wichtige Aufgabe zugesprochen, wenn die „Bildungsbauten“, in denen sie tätig sind, saniert oder neu errichtet werden. „Wir sind eine kleine Bildungsrealität, daher ist der Austausch besonders wichtig“, gab der Schulamtsleiter zu bedenken.
Katharina Froner vom Bereich Innovation und Beratung des Landes stellte das Unterstützungssystem vor, das den Kindergärten und Schulen eine kompetente Beratung anbietet. „Der Dialog von Anfang an ist die Voraussetzung dafür, dass Schulumbauten oder Schulneubauten gelingen und sowohl die Verantwortlichen als auch die Schüler, Mitarbeiter und Eltern zufrieden sind“, unterstrich Froner.
„Forschung soll für die Praxis einen Vorteil bringen“, hob Michael Gaidoschik von der Bildungswissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Bozen hervor und wies in diesem Zusammenhang auch auf die Fachdidaktik an der Bildungswissenschaftlichen Fakultät hin, bei der auf eine enge Zusammenarbeit mit Menschen aus der Praxis gesetzt wird. Dadurch entsteht laut Gaidoschik ein Mehrwert für alle.
Beate Weyland und Josef Watschinger haben bei der Pressekonferenz auch das gemeinsam herausgegebene Buch „Lernen und Raum entwickeln“ vorgestellt. Anhand konkreter Beispiele und Erfahrungen gehen darin die Mitglieder des PULS-Netzwerkes der Frage nach, wie gute Lernräume über Beteiligungsverfahren entwickelt, gebaut und bespielt werden können.
Ziele und Hintergründe des „Erasmus+“-Projekts PULS+
Für Südtirol sind das deutsche Bildungsressort, die Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen sowie der Schulsprengel Welsberg als strategische Partner in das Projekt eingebunden. Antragsteller war die Universität Innsbruck.
Um das Vorhaben voranzutreiben, den Menschen die Verantwortung für die Gestaltung ihrer Welt zurückzugeben und den Informationsaustausch weiter zu verbessern, hat das Netzwerk PULS das Projekt „PULS+“ ins Leben gerufen. Es handelt sich um ein „Erasmus+“-Projekt, das ein an pädagogischer und architektonischer Praxis orientiertes Aus- und Weiterbildungsprogramm bietet. Das Projekt ist als disziplinenübergreifendes Pilotprojekt im gesamten deutschsprachigen Raum konzipiert. Die Initiative richtet sich vor allem an Architekturbüros, die auf Schulbau spezialisiert sind, sowie an Mitarbeitende von Ministerien, Landesverwaltungen, Stiftungen und Fachinstitute, die in ihrem beruflichen Umfeld in die Entscheidungsabläufe des Schulbaus eingebunden sind. Auch Studierende der Pädagogik und der Architektur können diesen Kurs als Teil ihrer Masterausbildung belegen.
Daten zum Forschungsprojekt
Im Rahmen der strategischen Partnerschaft im Forschungsprojekt setzen sich Universitäten mit den sie umgebenden Bildungsregionen zusammen, um gemeinsam aktuelle Chancen wahrzunehmen und Antworten zu suchen.
Das gesamte Finanzvolumen (inklusive der Schweiz) beläuft sich auf eine halbe Million Euro. Die Laufzeit beträgt 36 Monate. Es sind elf Partner aus den Ländern Österreich, Deutschland und Italien (Südtirol) sowie der Schweiz als assoziiertem Partner eingebunden. Darunter befinden sich vier Universitäten, drei Schulverwaltungen sowie eine Schule (Schulsprengel Welsberg) und ein Weiterbildungsinstitut. Weitere Informationen finden sich auf der Homepage www.pulsnetz.org
(me)
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